Russland wirft der Ukraine Drohnenangriffe auf Pipeline-Infrastruktur vor. Zu nordkoreanischen Kriegsgefangenen äußert sich Moskau nicht.
Russland hat der Ukraine einen Drohnenangriff auf eine Gaskompressorstation für die Schwarzmeerpipeline "TurkStream" im südrussischen Gebiet Krasnodar vorgeworfen. Über die Pipeline gelangt russisches Erdgas über die Türkei nach Europa. Alle Kampfdrohnen seien abgeschossen worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Es habe keine Opfer unter den Mitarbeitern gegeben und Schäden durch herabstürzende Trümmer seien sofort behoben worden. Die gut 320 Kilometer von der russisch-ukrainischen Frontlinie entfernte Kompressorstation "Russkaja" arbeite im Normalbetrieb, hieß es. Ziel sei es dem russischen Verteidigungsministerium zufolge gewesen, "die Gaslieferungen an europäische Länder zu unterbrechen". Kiew kommentierte den Vorwurf bisher nicht.
Die 2020 in Betrieb genommene Pipeline transportiert auf einer Länge von gut 1.100 Kilometern Erdgas durch das Schwarze Meer in den europäischen Teil der Türkei. Der Brennstoff wird dann über Anschlusspipelines weiter nach vor allem Bulgarien, Serbien und Ungarn transportiert. Aufgrund eines ausgelaufenen Transitvertrages fließt seit Jahresbeginn kein russisches Erdgas mehr über die Ukraine in die Staaten der Europäischen Union. "TurkStream" ist momentan eine Alternativroute für russisches Pipelinegas in EU-Staaten. Die Station befindet sich in dem Dorf Gai-Kodsor nahe der russischen Schwarzmeerküste, gegenüber der von Russland annektierten Halbinsel Krim.
Transitvertrag für russisches Erdgas durch die Ukraine ausgelaufen
Zum Jahreswechsel war der Transitvertrag für russisches Erdgas durch die Ukraine ausgelaufen, weil die Ukraine ihn nicht mehr verlängert hatte. Seit dem Ende der Sowjetunion im Jahr 1991 war russisches Gas über Pipelines in der Ukraine nach Europa geliefert worden, wobei Moskau mit dem Gas und Kiew mit den Transitgebühren Einnahmen erzielten.
Die EU hat ihre Abhängigkeit von russischem Gas seit dem Beginn der Militäroffensive gegen die Ukraine im Februar 2022 reduziert. Während die Importe durch Pipelines zurückgegangen sind, haben mehrere europäische Länder die Einfuhr von russischem Flüssiggas auf dem Seeweg erhöht.
Kreml kritisiert neue Sanktionen als marktdestabilisierend
Der Kreml hat neue US-Sanktionen als Versuch kritisiert, mit wettbewerbsverzerrenden Regelungen die Positionen russischer Konzerne zu untergraben. "Gleichzeitig müssen solche Entscheidungen natürlich auch zu einer bestimmten Destabilisierung der internationalen Energie- und Ölmärkte führen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Moskau werde alles dafür tun, die Schäden für die eigene Wirtschaft zu minimieren.
Peskow zeigte sich überzeugt, dass Moskau auch der neuesten Sanktionsrunde widerstehen kann. Es sei unmöglich, mit Sanktionen Energierouten zu stoppen, die sich auf natürlich Weise gebildet hätten. Werde an einer Stelle ein Hindernis aufgebaut, tauchten an anderer Stelle Alternativen auf, sagte er.
Die USA haben wegen Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine in der vergangenen Woche weitere Sanktionen gegen den russischen Energiesektor verhängt. So werden die Ölkonzerne Gazprom Neft und Surgutneftegas, aber auch 183 Tanker, die mutmaßlich zur Schattenflotte Russlands gehören, mit Restriktionen belegt. Das sind Tanker und Frachter, die Russland nutzt, um bestehende Sanktionen beim Öltransport zu umgehen. Betroffen ist zudem der russische Atomkonzern Rosatom.
Pistorius übergibt der Ukraine erste neue Radhaubitze
Zur Verstärkung der Artillerie hat Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius der Ukraine die erste neue Radhaubitze vom Typ RCH 155 übergeben. "Die Ukraine, und das ist das Signal, kann auf uns zählen. Und Deutschland steht bereit, Verantwortung in Europa zu übernehmen", sagte der SPD-Politiker in Kassel, wo der Panzerbauer KNDS das Waffensystem produziert. Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev nahm die erste von insgesamt 54 geplanten Radhaubitzen für sein Land symbolisch entgegen.
Die ersten sechs dieser Systeme sollen zunächst in Deutschland bleiben und zur Ausbildung ukrainischer Soldaten genutzt werden. "Wir brauchen keine Vermittler, wir brauchen Verbündete", sagte der Botschafter mit Blick auf mögliche Verhandlungen über ein Ende des Krieges. Der Frieden müsse erkämpft werden. Es sei gut, Deutschland an der Seite der Ukraine zu wissen.
Kreml lehnt Kommentar zu nordkoreanischen Kriegsgefangenen in der Ukraine ab
Russland hat jeglichen Kommentar zu Berichten über an der Seite Russlands kämpfende nordkoreanische Soldaten abgelehnt, die von der ukrainischen Armee gefangen genommen worden sein sollen. "Das können wir nicht kommentieren, wir wissen nicht, was daran wahr ist", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag. Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einen Gefangenenaustausch der Nordkoreaner gegen in Russland festgehaltene ukrainische Kriegsgefangene vorgeschlagen.
"Wir diskutieren die Möglichkeit von Austauschen weiter, das ist keine einfache Aufgabe", sagte der Kreml-Sprecher dazu. Für die Regierung in Moskau sei jedoch "das Leben jedes russischen Soldaten wichtig". Selenskyj hatte am Vortag ein Video veröffentlicht, das nach ukrainischen Angaben zwei gefangene nordkoreanische Soldaten zeigt. Die Ukraine sei bereit, dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un "seine Soldaten zu übergeben", wenn Kim einen Austausch gegen ukrainische Kriegsgefangene in Russland "organisieren" könne, erklärte der ukrainische Präsident. (dpa/afp/bearbeitet von nap)
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