Sowohl die Energiewende als auch die Baukrise sind in Deutschland Gegenstand hitziger Debatten. Am Mittwochabend stellte sich SPD-Politikerin Klara Geywitz bei "Markus Lanz" den kritischen Nachfragen des ZDF-Moderators und versuchte, konkrete Lösungsansätze für den Wohnungsmangel zu finden.
Die Diskussionen rund um das geplante Heizungsgesetz reißen nicht ab. Während sich die Ampel-Koalition über Wärmepumpen streitet, geht es auch im Bauwesen hitzig zur Sache.
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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Die Energiewende, die anhaltende Heizungs-Debatte und die Baukrise halten das Land in Atem. Während die Stimmung zwischen der SPD, FDP und den Grünen immer angespannter zu werden scheint, macht sich auch in der Bevölkerung und der Wirtschaft Unsicherheit breit.
Bei "Markus Lanz" stellte sich Klara Geywitz, die Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, deshalb den kritischen Fragen rund um den Wohnungsmangel und die Fehler in der Stadtentwicklung. Dabei geriet die SPD-Politikerin nicht nur mit dem ZDF-Moderator aneinander.
Das sind die Gäste
- Klara Geywitz, SPD-Politikerin und Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: "Wir müssen innovativer werden, damit die Bauwirtschaft produktiver wird."
- Julia Löhr, FAZ-Wirtschaftsredakteurin: "Die Politik hat dafür zu sorgen, dass die Gebäude da entstehen, wo die Menschen leben möchten."
Peter Wohlleben , Förster und Autor: "Die deutsche Waldfläche schrumpft ganz dramatisch."- Tim von Winning, Lokalpolitiker und Ulmer Baubürgermeister: "Langfristig wird sich die Bauwirtschaft einpendeln."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
In einem kürzlichen "Spiegel"-Interview gab SPD-Politikerin Klara Geywitz offen zu: "Ich bin das Gesicht zur Baukrise, und das fühlt sich nicht schön an." Markus Lanz begrüßte die Ministerin zunächst mit den Worten: "Sie hat den härtesten Job, den die Regierung gerade zu vergeben hat." Gleichzeitig wollte er wissen, ob sie sich als Ministerin zu Unrecht kritisiert fühle.
Geywitz antwortete: "Wir haben das Ministerium in einer Hochphase der Baukonjunktur gegründet. Die ist dann mit dem Start des Ukraine-Krieges quasi abrupt beendet gewesen. Natürlich wegen Lieferschwierigkeiten aufgrund der Sanktionen, aber noch viel dramatischer wegen der Zinsen." Die SPD-Politikerin ergänzte: "Jetzt haben wir einen Reformstau und große Kapitalkosten und das ausgerechnet jetzt, wo die Regierung nach langer Zeit wieder ein Bauministerium hat."
Bei "Markus Lanz" versuchte Geywitz dennoch, für die große Baulücke im Land konkrete Lösungsansätze zu bieten. Die SPD-Politikerin sagte: "Es muss durch staatliche Unterstützung Nachfrage generiert werden." Schon jetzt habe es Milliardeninvestitionen in den sozialen Wohnungsbau gegeben, im Sommer folge "ein Programm für junge Familien, die ein Haus bauen wollen".
Markus Lanz sprach indes kritisch das Wahl-Versprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz an, der einst von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr sprach. Wie viele Neubauten im vergangenen Jahr wirklich gebaut wurden, wollte Geywitz trotz mehrmaligen Nachfragen nicht verraten: "Die Statistik kommt immer im Mai. Es gibt ganz viele Spekulationen, aber es kann sein, dass wir das Niveau vom Vorjahr geschafft haben. Das wären knapp 300.000."
Eine ernüchternde Zahl, wenn man von einem Bedarf von über 500.000 Wohnungen pro Jahr ausgeht. "Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist schwierig. Wir müssen die Kapazitäten ausweiten", gab deshalb auch Geywitz zu. Sie überraschte den ZDF-Moderator daraufhin mit dem Vorschlag, bereits bestehende Häuser "höher zu bauen" und um "ein, zwei oder drei Stockwerke" zu erweitern. "Wir müssen das, was schon da ist, attraktiver machen", so die SPD-Politikerin.
Von großflächigen Subventionierungen halte sie derweil nichts, denn "wir können nicht mehr mit einer Gießkanne jedem, der ein Haus baut, Steuergelder geben. Das kann sich eine Volkswirtschaft von unserer Größe nicht dauerhaft leisten." Markus Lanz merkte an: "Wir müssen das Bauen einfacher machen." Auch Lokalpolitiker Tim von Winning warnte: "Ich sehe die große Dramatik, dass wir in eine Situation kommen, in der wir eine soziale Schieflage in den Städten haben."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Daraufhin wurde die Debatte hitziger, als Lanz in Richtung Geywitz stichelte: "Die Lage scheint so verzweifelt zu sein, dass Sie schon sagen, die Menschen sollen aufs Land ziehen." Journalistin Julia Löhr merkte dazu an: "Als Deutschland insgesamt haben wir keinen Wohnraummangel. Der Wohnraum mangelt dort, wo die meisten Menschen sind. Der Druck auf die Städte wird immer größer werden - da, wo die Jobs sind."
An Klara Geywitz wandte sie sich mit strenger Miene: "Sie sind Bauministerin und die Leute erwarten, dass dort gebaut wird, wo die Nachfrage am größten ist. Da staut sich gerade sehr viel Frust im Land auf. Das ist eine gefährliche Entwicklung, auch mit Blick auf den Wahlkampf." Die SPD-Politikerin suchte derweil die Schuld bei der vergangenen Regierung und erklärte: "Wir haben nicht in Vorprodukten und Digitalisierung investiert. Das alles müssen wir jetzt machen, und es ist extrem viel Arbeit."
Markus Lanz kam in der Sendung auch auf den hessischen Heizungsbauer Viessmann zu sprechen, der einen Teil seines Wärmepumpen-Geschäfts für 12 Milliarden Dollar in die USA verkauft hat. Der Moderator wollte von der SPD-Politikerin wissen: "Wie groß ist Ihr Verständnis für Viessmann als Marktführer im Bereich Wärmepumpen?"
Klara Geywitz versuchte zunächst, die deutsche Unternehmerfamilie in Schutz zu nehmen: "Die Entscheidung ist ihnen sicher nicht leicht gefallen. Sie haben den Markt analysiert und haben festgestellt, dass der Markt für Wärmepumpen explodieren wird in den nächsten Jahren." Journalistin Julia Löhr wurde daraufhin konkreter und ergänzte, asiatische Konkurrenten seien bereits jetzt startklar.
Lanz hakte weiter nach: "Warum gibt es kein Interesse, Produktionen in Deutschland zu behalten? Kann es sein, dass wir mal wieder einen Mega-Markt verschlafen haben?" Klara Geywitz reagierte schwammig: "Wir brauchen ganz, ganz viele Wärmepumpen zu akzeptablen Preisen. Unabhängig von der Entscheidung von Viessmann ist es natürlich wichtig, dass wir in Europa Produktionskapazitäten haben für Wärmepumpen." Lanz konterte genervt: "Wir sind mal wieder spät dran."
Daraufhin schaltete sich Julia Löhr ein, die ihrem Ärger Luft machte: "Dieses Zurückgucken ist immer müßig." Markus Lanz wollte dieses Argument jedoch nicht gelten lassen und stellte klar: "Aber eine Analyse finde ich schon ganz angemessen!" Tim von Winning überraschte daraufhin mit einer düsteren Prognose, was das Thema Wärmepumpen angeht: "Wir haben ein extremes Fachkräfte- und ein extremes Ingenieurs-Problem. Ich glaube, dass die Geschwindigkeit zu hoch ist, um das alles umsetzen zu können."
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz schaffte es, in seiner Sendung am Mittwochabend vor allem SPD-Politikerin Klara Geywitz mehrmals ins Straucheln zu bringen. Sei es beim Thema Baukrise oder dem neuen Heizungsgesetz: Die Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen wurde mit spitzen Fragen und Argumenten vom ZDF-Moderator aus der Reserve gelockt.
Während Lanz voller Leidenschaft und Interesse in die Debatte ging, gelang es ihm jedoch nicht ganz, bis zum Schluss einen klaren roten Faden durch die Sendung laufen zu lassen. Zu häufig verloren sich die Gäste in technischen Kleinigkeiten, ohne konkrete Lösungsansätze zu liefern. Der Moderator beendete seine Sendung daher mit den ernüchternden Worten: "So viel Apokalypse für heute."
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Sowohl die Energiekrise als auch die Baukrise verunsichern die deutsche Bevölkerung zunehmend. Während das jüngste Heizungsgesetz nicht nur für jede Menge Spannung innerhalb der Ampel-Koalition sorgt, steht auch die Baubranche spätestens seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges im Februar 2022 vor ungeahnten Herausforderungen.
Bei "Markus Lanz" wurde deshalb SPD-Politikerin Klara Geywitz zur Verantwortung gezogen. Die Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen versuchte am Mittwochabend zwar, Lösungen für die Baukrise zu finden, geriet dabei aber nicht nur mit dem Moderator, sondern auch mit den übrigen Gästen in eine hitzige Debatte.
Korrektur: In einer früheren Version des Artikels hieß es, Viessmann habe für den Verkauf eines Teils seines Wärmepumpen-Geschäfts 12 Millionen Dollar bekommen. Richtig ist 12 Milliarden. Wir haben den Fehler korrigiert. © 1&1 Mail & Media/teleschau
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