Der Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine jährt sich zum ersten Mal. Die bedrückenden Bilder aus den Kriegsgebieten stellen immer wieder die Frage in den Raum, wie lange die Angriffe noch andauern werden. Bei "Markus Lanz" blickte die Runde am Donnerstagabend mit großer Sorge auf die weitere Entwicklung.
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Ein Jahr nach Beginn der russischen Invasion der Ukraine werden in Deutschland immer mehr Stimmen laut, die fordern, Waffenlieferungen an das angegriffene Land zu stoppen. Bei "Markus Lanz" äußerte sich am Donnerstagabend unter anderem Norbert Röttgen zum "Manifest für Frieden" von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer. Der CDU-Außenpolitiker übte zudem scharfe Kritk an der deutschen Russlandpolitik vor dem Krieg und verlangte eine Aufarbeitung. Weitere Themen am Donnerstagabend waren die undurchsichtige Rolle Chinas sowie die Brutalität der russischen Söldnertruppe Wagner.
Das sind die Gäste
Norbert Röttgen , CDU-Außenpolitiker, äußerte sich selbstkritisch: "Wir haben das, was schon lange an Putin sichtbar war, zu lange beschönigt."- Margarete Klein, Politologin und Osteuropa-Expertin, analysierte: "In Russland ist die Korruption das System und nicht der Fehler."
- Michael Thumann, Moskaukorrespondent der Wochenzeitung "Die Zeit", sagte: "Dieser Krieg ist ein Großangriff auf die europäische Ordnung."
- Adrian Geiges, Autor und China-Experte, zog den Schluss: "Menschen wie Putin, um die so ein Personenkult getrieben wird, kann man nicht mehr widersprechen."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Osteuropa-Expertin Margarete Klein gab Auskunft: "Diese Gewalt gibt es im Militär schon länger und in der Gesellschaft werden gewisse Gewaltformen toleriert. Gewalt gegen Frauen ist auch keine Straftat mehr." Moskau-Korrespondent Michael Thumann stimmte zu und ergänzte: "Putin ist ja mit einem Krieg an die Macht gekommen. Das ist eine russische und vor allem eine Putin'sche Tradition." Markus Lanz hakte nach: "Rührt diese Gewalt auch von der unglaublich zynischen Sprache von Putin?"
Margarete Klein bestätigte mit ernstem Blick: "Putins Sprache hat wenig Respekt vor dem Menschenleben. Seine letzte Rede war ja teilweise auch völlig absurd." In dieser Rede hatte der Kreml-Machthaber dem Westen neben Satanismus auch die Normalisierung von Pädophilen vorgeworfen. Michael Thumann sagte dazu: "Das ist der große Kulturkampf. Putin sagt: Wir sind der bessere Westen mit den besseren Familienwerten. Putin fühlt sich zutiefst gekränkt und will sich am Westen rächen."
Markus Lanz ging daraufhin auf das "Manifest für Frieden" von
Das ist das Rede-Duell des Abends
Hitziger wurde die Debatte, als es und das deutsche Bild in Russland ging. Lanz fragte in Richtung Norbert Röttgen: "Haben Sie wahrgenommen, wie das kippte?" Der CDU-Außenpolitiker antwortete zunächst nüchtern: "Die Deutschen haben in Russland immer eine besondere Rolle gespielt. Deutschland war der interessanteste Handelspartner und es hat ja auch machtpolitisch für Russland herausragend funktioniert."
Dann überraschte der Politiker mit einer deutlichen Kritik - auch an seine eigene Partei gerichtet: "Wir haben das, was schon lange an Putin sichtbar war, zu lange beschönigt. Das ist die Verantwortung, mit der wir uns beschäftigen müssen. Wir haben Putins Politik und Pläne trotz deutlicher Offensichtlichkeit jahrelang nicht gesehen. Es bedurfte des Krieges, um uns die Augen zu öffnen. Das muss man leider sagen."
Markus Lanz wollte es konkreter wissen: "Wir reden jetzt von Angela Merkel, Sigmar Gabriel, all den großen Namen? Müssen die sich jetzt erklären?" Röttgen verblieb im Allgemeinen: "Wir müssten das aufarbeiten. Wir müssten das als Land, als Gesellschaft, aufarbeiten. Es sind ja auch Strukturen und eine Zusammenwirkung von der Mehrheit der Politik sowie eine journalistische Bequemlichkeit, wegzuschauen. Wir müssen versuchen, zu erkennen, ob da Strukturen sind, die jetzt auch noch weiterwirken. Das würde ich sagen, ist der Fall. Das ist bei China der Fall und in der Begleitung des Krieges der Fall."
Der Politiker legte nach und sagte mit lauter Stimme: "Wir haben eine verdammte Pflicht und Schuldigkeit, daraus zu lernen und das aufzuarbeiten." Auch Michael Thumann stimmte zu und ergänzte: "Wir sollten diese Aufarbeitung institutionalisieren. Die Gesellschaft muss mit sich ins Gespräch kommen. Und die großen Akteure jener Zeit müssen befragt werden."
Auch beim Thema China wurde Norbert Röttgen deutlich. Als Markus Lanz die "chinesische Friedensinitiative" ansprach, stellte der CDU-Politiker klar: "Ich ärgere mich darüber, dass mit dem Begriff ein Erfolg für die Chinesen gelungen ist. Die Initiative hat nichts mit Frieden zu tun! Sie verfolgen damit eigene Interessen, und es ist ein geschickter Schachzug." Norbert Röttgen fügte hinzu: "Die Wirklichkeit ist, dass ein Land das andere überfällt. Diese Prämisse wird nun ganz bewusst getauscht und es heißt plötzlich, dass zwei Parteien einen Krieg führen."
Dennoch geht der Politiker nicht davon aus, dass chinesische Waffen nach Russland geschickt werden, um im Krieg gegen die Ukraine zu helfen, denn: "Es spricht vieles dagegen, dass China Waffen schickt. Sie spielen sich auf als Friedensmacht. Ich halte es für praktisch ausgeschlossen, und es wäre ein Kurswandel der chinesischen Außenpolitik." Moskau-Korrespondent Michael Thumann stimmte dem nur bedingt zu und warnte eindringlich: "Ich halte das für einen ganz gefährlichen Moment, wo wir jetzt stehen."
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Lanz vermochte vor allem, CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen starke Aussagen zu entlocken. In wichtigen Fragen wie der chinesischen Rolle im Krieg sowie dem deutschen Politikversagen in der Beziehung zu Russland ließ der ZDF-Moderator nicht locker und stellte präzise Nachfragen. Lanz hielt sich dennoch für eigene Verhältnisse zurück und überließ seinen Gästen - allen voran Norbert Röttgen und Michael Thumann - die meisten Redeanteile.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Was den weiteren Verlauf des Krieges anbelangt, waren sich die Gäste bei "Markus Lanz" am Donnerstagabend einig: "Wir sehen, dass Russland sich auf einen langen Krieg einstellt. Es ist eine Zukunft, die für uns durchaus düster ist", sagte Margarete Klein. Ein Ende des russischen Angriffskriegs sei laut der Osteuropa-Expertin in diesem Jahr kaum absehbar. Eine bedrückende Prognose, die Markus Lanz am Ende der Sendung sarkastisch zusammenfasste: "So viel Apokalypse für heute." © 1&1 Mail & Media/teleschau
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.