Mit seinem Appell an die Ukraine, die "weiße Flagge" zu hissen, stieß Papst Franziskus auf jede Menge Kritik. Nachdem bereits Bundeskanzler Olaf Scholz sein Unverständnis für die Forderung zum Ausdruck brachte, gab auch CSU-Generalsekretär Martin Huber bei "Markus Lanz" zu, dass der Papst hier eine Grenze überschritten habe.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Papst Franziskus appellierte kürzlich in einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen für Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine. Dabei forderte er unter anderem den ukrainischen Mut, die "weiße Flagge" zu hissen. Die Deutsche Bischofskonferenz bezeichnete die Äußerungen von Papst Franziskus bereits als "unglücklich". Auch Bundeskanzler Scholz widersprach den Papst-Aussagen vehement.

Grund genug für ZDF-Moderator Markus Lanz, die Kritik an dem 87-Jährigen näher zu beleuchten. Gleichzeitig debattierte er über die gewünschten Taurus-Lieferungen an die Ukraine.

Das sind die Gäste

  • Martin Huber, CSU-Generalsekretär: "Ich bin dafür, dass die Ukraine auch mit Taurus unterstützt wird."
  • Anna Lehmann, Journalistin: "Wenn man sagt, Cannabis ist so wahnsinnig gefährlich, dann müssen wir endlich auch mal über Alkohol sprechen."
  • Dr. Vanessa Graßnickel, Ärztin und Leiterin einer Suchtklinik: "Der Alkohol richtet als legale Droge die größten Schäden an."
  • Nathalie Stüben, Autorin: "Alkohol wird in unserer Gesellschaft gnadenlos verherrlicht."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Zunächst wollte Markus Lanz von CSU-Generalsekretär Martin Huber wissen, was er "als gläubiger Katholik" von Papst Franziskus' Aufruf halte, auf ukrainischer Seite die "weiße Flagge" zu hissen. Statt den Papst zu verteidigen, stellte Martin Huber klar: "Ich habe ehrlicherweise kein Verständnis für diese Äußerungen. Zumal ja auch völlig klar ist, dass die Ukraine angegriffen worden ist - dass es wirklich ein brutaler Angriffskrieg ist, der da von Russland gegen die Ukraine geführt wird. Und deswegen ist es ja unsere Aufgabe, die Ukraine zu unterstützen - auch mit Waffenlieferungen. Und insofern kann ich die Ansicht von Papst Franziskus in keinster Weise nachvollziehen."

Lanz nickte zustimmend und wiederholte den Appell des Papstes: "Schämt euch nicht, zu verhandeln." Eine Aussage, die bei Martin Huber für Fassungslosigkeit sorgte. Er machte daher erneut deutlich, dass man auch in einem "Wettlauf der Systeme" stehe: "Der freie Westen wird herausgefordert von autoritären Regimen. Und insofern geht's natürlich schon auch darum, (...) dass in der Ukraine auch insgesamt unsere Demokratie - unsere Freiheit - verteidigt wird."

Markus Lanz, Martin Huber, Anna Lehmann, Vanessa Graßnickel, Natalie Stüben
Markus Lanz (l.) diskutierte am Dienstagabend mit CSU-Generalsekretär Martin Huber (2.v.l.), Journalistin Anna Lehmann (Mi.), Ärztin Vanessa Graßnickel (2.v.r.) und Autorin Natalie Stüben. © ZDF / Cornelia Lehmann

Journalistin Anna Lehmann ergänzte, dass die Aussagen von Papst Franziskus in Russland für Jubelrufe gesorgt haben dürften: "Putin wird sich gefreut haben."

Lehmann kritisierte weiter: "Tatsächlich sollte sich die Kirche ja an die Seite der Schwachen stellen, an die Seite der Unterdrückten, an die Seite der Angegriffenen. (...) Es ist doch klar, wer hier angegriffen wurde." Dass sich der Papst nun "aktiv mit der Forderung 'Unterwirf' dich doch'" an den Schwachen wende, könne sie daher absolut nicht nachvollziehen.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Weniger harmonisch verlief die Debatte, als es um die Taurus-Lieferungen an die Ukraine ging. Zunächst stellte Martin Huber klar, dass die Position der CSU zu dem Thema "eindeutig" sei: "Wir fordern die Bundesregierung auf, Taurus zu liefern!" Markus Lanz zeigte sich davon jedoch wenig beeindruckt und hakte nach: "Waren Sie immer schon für Taurus?" Huber antwortete schwammig: "Wir haben das immer auch unterstützt, dass die Ukraine massiv unterstützt wird."

Der ZDF-Moderator fragte erneut: "Aber waren Sie immer schon für Taurus?" Darauf sagte der CSU-Politiker knapp: "Seitdem die Ukraine angefragt hat, dass sie die Taurus-Systeme bekommt, unterstützen wir das." Die Aussage schien Lanz immer noch nicht zu reichen, denn er stichelte unbeirrt weiter: "Waren Sie immer schon für Taurus?" Huber konterte genervt: "Was meinen Sie mit 'Sie'?" Der ZDF-Moderator schoss zurück: "Sie persönlich! So wie Sie hier sitzen als der CSU-General!"

Huber merkte daraufhin, dass er nicht um eine Antwort herum kam. Er sagte vorsichtig: "Ich bin dafür, dass die Ukraine auch mit Taurus unterstützt wird." Eine Steilvorlage für Lanz, der sichtlich irritiert nachhakte: "Und Sie waren immer schon dafür?" Der CSU-Mann antwortete mit einem nüchternen "Ja" und stellte klar: "Wir sind als CSU gemeinsam mit der CDU (...) einhellig dafür, dass die Ukraine jetzt auch mit den Taurus-Systemen unterstützt wird."

Mit einem Lächeln fragte Markus Lanz daraufhin: "Wie überrascht wären Sie, wenn Sie von mir erfahren würden, dass das Markus Söder mal anders gesehen hat?" Martin Huber blickte nervös in Richtung des ZDF-Moderators: "Ich kann es mir nicht vorstellen, aber ich bin jetzt mal gespannt, was Sie da in petto haben. (...) Sie spielen hier ja schon auch Ihr Spiel, Herr Lanz." Der ZDF-Moderator konterte lachend: "Nein, gar nicht! Sie spielen Ihr Spiel!" Er ergänzte interessiert: "Hätten Sie Verständnis dafür, wenn er mal 'Nein' gesagt hätte und jetzt sehr deutlich 'Ja' sagen würde?" Huber versuchte derweil abzulenken und behauptete, dass das Hauptproblem sei, "dass wir einen Kanzler haben, der Putins Narrativ bedient. Der sich hinstellt und der Ukraine, die wir ja als Partner sehen, öffentlich das Misstrauen ausspricht."

Martin Huber, Anna Lehmann
Bedient Olaf Scholz Putins Narrativ? Journalistin Anna Lehmann widersprach bei "Markus Lanz" der Aussage von CSU-Generalsekretär Martin Huber. © ZDF / Cornelia Lehmann

Dagegen konterte Anna Lehmann: "Ich muss Ihnen da (...) widersprechen, dass Herr Scholz das Putin-Narrativ bedient. Das ist, glaube ich, eine Spur zu dick aufgetragen!" Lanz nickte: "Ja, finde ich auch." Huber blieb jedoch bei seiner Meinung und kritisierte den Kanzler vor allem dafür, dass seine Begründung für die Taurus-Absage nicht stimme. Zudem müsse man auch sehen, dass "diese Kriegsangst, die er ja auch schürt", am Ende dazu führe, "dass die Bereitschaft in der Bevölkerung für die Lieferung von Taurus nicht da ist".

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz schaffte es am Dienstagabend, mehrere Themenkomplexe miteinander zu verbinden und dabei vor allem CSU-Politiker Martin Huber aus der Reserve zu locken - sei es beim Thema Taurus oder bei den Risiken des deutschen Alkoholkonsums.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Während sich die Gäste bei den Aussagen von Papst Franziskus zum Ukraine-Krieg einig zu sein schienen, gab es bei den Taurus-Lieferungen Anlass zu Diskussionen. Lanz fragte daher in die Runde, ob die Entscheidung zu den Marschflugkörper-Lieferungen an die Ukraine noch kippen könnte.

Anna Lehmann schüttelte jedoch mit dem Kopf und sagte: "Wenn das kippt, dann wäre das natürlich ein Desaster." Laut der Journalistin würde dies "Putin auch in die Hände spielen", da er das Land versuche, zu entzweien. Sie ergänzte mahnend: "Wir laufen doch auf eine Debatte zu (...): Finanzieren wir künftig Kitas oder Panzer? Und das ist eine Debatte, da reibt sich Putin die Hände!"

CSU-Generalsekretär Huber blieb dennoch bei seiner Meinung und forderte Taurus-Lieferungen: "Klar ist doch, dass die Ukraine mehr und mehr unter Druck gerät und Fakt ist doch vor allem auch, dass die Bundesregierung immer hinten dran ist, wenn es darum geht, die Ukraine zu unterstützen." Die Lieferung der Taurus-Systeme sei daher "dringend notwendig".  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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