Bei "Maischberger" ging es am Dienstagabend (30. April) um Innen- und Außenpolitik gleichermaßen: Die FDP und der Ukraine-Krieg standen im Fokus der Talkrunde. Während FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger deutliche Worte an ihre eigene Partei richtete, warnte eine Militärexpertin vor einem Kipppunkt im Ukraine-Krieg. Gleichzeitig spekulierte eine Journalistin über das "Nein" von Olaf Scholz zu Taurus-Lieferungen und verriet zwei gängige Theorien, was dahinterstecken könnte.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Marie Illner dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Russland vermeldet im Ukraine-Krieg militärische Erfolge, vor allem im Osten rücken die Truppen langsam vor: Zuletzt standen die Metropolen Charkiw und Odessa unter Beschuss. Dabei wurden mehrere Menschen getötet. Angesichts knapper Munition, fehlender Soldaten und Lücken in der Luftverteidigung wird die Lage für die Ukraine immer kritischer. Beobachter warnen bereits vor weiteren Rückschlägen.

Mehr aktuelle News

Das ist das Thema bei "Maischberger"

Bei Sandra Maischberger ging es um zwei große Themen: die FDP-Politik und den Krieg in der Ukraine. In erster Sache ging die Moderatorin der Frage nach, wie die Liberalen es wieder aus dem Umfrage-Tief herausschaffen können und ob ihr neuer Wirtschaftsplan eine Kampfansage an die Ampel-Partei darstellt. "Wollen die Liberalen das Ampel-Aus?", so die Frage. Außerdem ging es um die russischen Militärerfolge und die Frage: "Kommt das Land mit neuen Waffenlieferungen aus der Defensive?"

Das sind die Gäste

  • Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): "Nur wegen eines Zwölf-Punkte-Papiers wird die FDP nicht das Regierungsbündnis verlassen, das gerade jetzt während zweier militärischer Auseinandersetzungen handlungsfähig sein muss", so die ehemalige Bundesjustizministerin. Die FDP stelle die Beschlüsse der Regierung nicht infrage, sie sage jedoch, dass es weitergehen müsse.
  • Claudia Major: Die Forschungsgruppenleiterin der "Stiftung Wissenschaft und Politik" beobachtete mit Blick auf Russlands Kriegsführung: "Es gibt eine Zerstörungswut, nach dem Motto: Was ich nicht erobern kann, das kann ich zerstören." Man wolle die Ukraine in die Aufgabe bomben und zermürben. "Die russischen Streitkräfte haben die Initiative zurück, aber sie haben auch keinen Durchbruch und marschieren durch", ordnete Major ein.
  • Vassili Golod: Der Ukraine-Korrespondent sagte: "Es gibt in der Ukraine einen aktiven Teil: Menschen, die an die Front gehen, Schutzräume bauen. Es gibt aber auch einen Teil der Gesellschaft, der passiv ist. Das reibt die Gesellschaft auf", sagte er. Verletzte Soldaten würden zur Behandlung nach Kiew kommen und dort sehen, dass das Leben relativ normal weiterlaufe. "Sie fragen sich: Warum laufen diese Männer da einfach rum, während ich schon viel zu lange an der Front bin? Das ist eine Frage, die die Gesellschaft, je länger dieser Krieg dauert, immer weiter spalten und belasten wird", war er sich sicher.
  • Constantin Schreiber: Der "Tagesschau"-Sprecher sagte über die Ukraine-Hilfen: "Wir sehen, dass die Unterstützung bröckelt und andere Länder bei weitem nicht so viel tun wie die USA und Deutschland. Es besteht eine reelle Gefahr, dass die Situation zu Ungunsten der Ukraine kippt." Man müsse mehr Schwung und ein Signal der Nachhaltigkeit in die Unterstützung bringen. "Ob der Taurus den Krieg entscheidet, oder die Frage: 'Wie lange halten wir alle durch als Unterstützer?' – da würde ich sagen: Es ist eher Letzteres", so Schreiber.
  • Kristina Dunz: "Ein Großteil der Bevölkerung hat Angst, in diesen Krieg gezogen zu werden", so die stellvertretende Leiterin des Hauptstadtbüros des "Redaktionsnetzwerks Deutschland". Je näher der Wahlkampf zum nächsten Bundestag kommen werde, desto mehr werde nicht nur die Besonnenheit das Thema von Scholz sein, sondern auch das Thema Frieden. "Da wird er auf viel Zustimmung im Land stoßen", prognostizierte sie.
  • Tilo Jung: Der Journalist und Podcaster befand: "Wenn Lindner von der Ellbogen-Gesellschaft spricht, dann ist er die personifizierte Ellbogen-Gesellschaft." Die neoliberale Ideologie habe in Deutschland erst zum jetzigen Zustand geführt. "Die soziale Kälte hat zugenommen, die FDP lebt eigentlich in feuchten Träumen", kritisierte er. Die Partei mache nur Politik für Superreiche und Konzerne.
Maischberger
Vassili Golod (Ukraine-Korrespondent der ARD, l.), Claudia Major (Forschungsgruppenleiterin der Stiftung Wissenschaft und Politik, M.) und Sandra Maischberger sprachen über den Ukraine-Krieg. © WDR/Oliver Ziebe

Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"

Journalistin Dunz stieg in die Taurus-Debatte ein. "Die Schwierigkeit ist, dass diese Bundesregierung nicht offen sagt, was der wirkliche Grund ist, Taurus nicht zu liefern", kritisierte sie. Der Bundeskanzler argumentiere, er wolle eine Eskalation vermeiden und der Verteidigungsminister spreche von sicherheitsrelevanten Gründen, die man nicht nennen dürfe. "Also ist man sofort im Bereich der Spekulation".

Dabei gebe es zwei Theorien: Zum einen gäbe es nur wenige Bediengeräte für Taurus. "Wenn man davon eins abgibt und man wäre einmal selbst bedroht, würde man diesen Schutz verlieren", so Dunz. Zum anderen könnten Russland die Waffen in die Hände fallen, sollte die Ukraine den Krieg verlieren. Der Bundeskanzler wolle dieses Argument aber vermutlich nicht aussprechen, weil es ein pessimistisches Signal sende.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Ein Rede-Duell blieb an diesem Abend aus, deshalb ein weiterer Moment in der Sendung, der hängen blieb. Maischberger zeigte eine FDP-Kampagne mit einem Adler-Küken und der Überschrift "Wachstun". Von Leutheusser-Schnarrenberger wollte sie eine Erklärung dafür – und die führte die Kampagne ihrer eigenen Partei ad absurdum. "Ich habe keine Ahnung. Es lohnt sich nicht, darüber zu reden", kommentierte sie.

Man könne viel um die Wörter "Wachstum", "Wachsen" und "Tun" herumspinnen, aber: "Ich glaube, dass das letzten Endes keine Botschaft vermittelt", urteilte die FDP-Politikerin hart. Die Partei müsse Aussagen senden, an denen man sich reiben könne, zu der Kampagne falle ihr jedoch nichts ein.

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Maischbergers Fragen waren an diesem Abend nicht auf Konfrontation ausgerichtet. Es ging eher darum, Erklärungen für die Zuschauer zu liefern. So fragte sie etwa nach der russischen Kriegsstrategie, der Lage der Ukraine und möglichen Zukunftsszenarien. Was sich Maischberger allerdings hätte sparen können: die über 15 Minuten Sendezeit zur AfD. Schließlich waren der Partei und ihren Spionage-Vorfällen zuletzt mehrere Sendungen gewidmet. Das kostete etwa der Taurus-Debatte wichtigen Raum in der Gesprächsrunde.

Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Vor allem zwei Ergebnisse lohnten sich, festgehalten zu werden. Zum einen: FDP-Politikerin Leutheusser-Schnarrenberger war sich sicher, dass es eine "massive Existenzgefährdung" darstellen würde, sollte die FDP aus dem Bundestag fliegen. Ob sie dann noch einmal zurückkehren werde, sei fraglich. Zum anderen: Major erinnerte an den wichtigen Punkt, dass ein "Einfrieren" des Konflikts in der Ukraine bedeuten würde, dass westliche Staaten diesen Waffenstillstand auch garantieren müssten.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.