Hat die SPD die Union "zum Frühstück verspeist"? Bei "Markus Lanz" (ZDF) versuchte Philipp Amthor (CDU) dem fatalen Eindruck entgegenzuwirken. Den Moderator schien er nicht überzeugen zu können.
Bislang gibt es keine Einigkeit zwischen SPD und CDU in Bezug auf die Migrationspolitik, Rente oder Steuererhöhungen. Bei "Markus Lanz" versuchte Philipp Amthor dennoch vehement, auf das Verhandlungsgeschick seiner Partei bei den Koalitionsverhandlungen hinzuweisen. Eine Meinung, mit der er nicht nur bei dem ZDF-Moderator, sondern auch bei SPD-Politiker Alexander Schweitzer ordentlich aneckte.
Das Thema der Runde
Die Koalitionsverhandlungen sind in vollem Gange, doch bei Kernthemen wie Migration und Wirtschaft scheinen Union und SPD von einer Einigung noch weit entfernt zu sein. Knackpunkte unter anderem: Grenzkontrollen und die Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Grund genug für
Die Gäste
Alexander Schweitzer (SPD), Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, über die laufenden Koalitionsverhandlungen: "Am Ende ist eine gute Koalition dann gefunden, wenn man gar nicht mehr erkennt, wer sich jetzt mit welcher Position durchgesetzt hat."- CDU-Politiker
Philipp Amthor sieht bei den Koalitionsverhandlungen "sehr viel mehr Handschrift der Union als Handschrift der SPD". - Journalistin Karina Mößbauer sagt über den CDU-Chef: "Die Glaubwürdigkeit von
Friedrich Merz ist innerhalb nur einer Woche zusammengefallen wie ein Soufflee." - Politologin Cathryn Clüver Ashbrook über das politische Handeln der Trump-Administration: "Da wird mittlerweile mit Angst, mit Einschüchterung gearbeitet - und zwar von oberster Stelle."
Das Wortgefecht
Bei "Markus Lanz" geriet CDU-Politiker Philipp Amthor mehrmals mit dem ZDF-Moderator aneinander, als er klarstellte, dass die Union das Cannabis-Gesetz abschaffen wolle. "Dieses Gesetz hat mehr Probleme geschaffen, als es gelöst hat", sagte Amthor streng. Er ergänzte, dass es nun auch "um die Frage der Glaubwürdigkeit" gehe, da die CDU "mit der Frage der Reform der Schuldenbremse" bereits "eine enorme Hypothek auf unsere Glaubwürdigkeit" habe.
Lanz reagierte mit Blick auf die geplante Abschaffung des Cannabis-Gesetzes skeptisch: "Also das wollen Sie durchdrücken hier?" Philipp Amthor versuchte plötzlich abzulenken: "Ich finde, es gibt für mich persönlich (...) wichtigere Themen als das." Davon ließ sich Lanz jedoch nicht beirren: "Herr Amthor, Antwort auf die Frage! Werden Sie das abschaffen - ja oder nein?"
Der CDU-Politiker antwortete schwammig: "Wir wollen es. Ob wir es werden, liegt an der SPD." Der ZDF-Moderator reagierte schockiert: "Stopp! Haben Sie gerade gesagt - Sie wollen das, aber wer es entscheidet, ist Herr Schweitzer? Haben Sie nicht eine Wahl gewonnen?!" Philipp Amthor konterte genervt: "Ja, aber wir haben keine 50 Prozent, um es alleine zu entscheiden." Der Politiker stellte gleichzeitig klar: "Für uns gilt: Das, was wir vor der Wahl versprochen haben, das ist auch unsere Position nach der Wahl. Nur wird man nicht alles davon vertreten können."
Lanz stichelte unbeirrt weiter: "Der fatale Eindruck (...) ist ja entstanden, dass Sie sich an gar keiner Stelle bislang durchgesetzt haben." Ein Vorwurf, den der CDU-Mann von sich wies: "Das kann ich nicht erkennen, wenn ich ehrlich bin." Philipp Amthor wies unter anderem auf die geplante Wirtschafts- und Migrationspolitik hin und sagte: "Von dem, was geeint ist, ist da sehr viel mehr Handschrift der Union als Handschrift der SPD."
Dem konnte Journalistin Karina Mößbauer nicht zustimmen, denn: "Aktuell sieht es danach aus, als hätten die Sozialdemokraten die Union zum Frühstück verspeist und das führt wirklich zu Unruhe, Frustration und Enttäuschung in den eigenen Reihen." Während Amthor deutlich mit der Stirn runzelte, stellte SPD-Politiker Alexander Schweitzer klar: "Diese Rechenschieber-Logik, wer hat sich an wie vielen Punkten durchgesetzt, das kann man machen. Es trägt aber nicht zu einer guten Koalition bei. Am Ende ist eine gute Koalition und ein guter Koalitionsvertrag dann gefunden, wenn man gar nicht mehr erkennt, wer sich jetzt mit welcher Position durchgesetzt hat."
Eine Aussage, auf die Philipp Amthor konterte: "Auf den Vorhalt, die Union hat nichts durchgesetzt, erlaube ich mir dann schon noch, auf die Realität hinzuweisen!" Als Lanz ihn erneut auf die Misere um die Schuldenbremse ansprach, machte Amthor deutlich: "Natürlich ist es ein Kompromiss, den wir nicht toll finden." Lanz reagierte fassungslos: "Herr Amthor, bitte! Sie nennen das einen Kompromiss?!" Als Amthor mit einem klaren "Ja" antwortete, wetterte Lanz: "Eine Billion Euro ist kein Kompromiss, es tut mir leid!"
Die Offenbarung des Abends
In Bezug auf die Koalitionsverhandlungen und die scheinbare Verhandlungsschwäche der Union, stellte Karina Mößbauer klar, dass besonders die Debatte um die Schuldenbremse innerhalb der CDU kritisiert "und auch als kommunikativer Totalschaden gesehen" werde. Friedrich Merz stehe deshalb "in den eigenen Reihen so ein Stück weit unter Wackelpudding-Verdacht". Mößbauer erklärte weiter, dass Merz' eigene Parteikollegen ihm nun "nicht mehr so ganz" trauen, "dass er eben auch bei anderen Themen dann wirklich steht - zum Beispiel beim Thema Steuererhöhungen".
Während Karina Mößbauer das Thema Steuern als "ein großes Streitthema" bezeichnete, stellte Alexander Schweitzer klar, dass der Bundeshaushalt nicht im Geld schwimme und dass man "alles, was man da tut", auch so organisieren müsse, "dass es seriös finanzierbar ist". "Das heißt, Sie wollen eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes?", wollte Lanz wissen. Schweitzer reagierte schwammig: "Ich möchte, dass Entlastungen organisiert werden, aber dass wir auch erklären, wie wir sie finanzieren." Eine "Erhöhung des Spitzensteuersatzes (...) oder auch die Erhöhung der sogenannten Reichensteuer" wollte der SPD-Mann dabei nicht ausschließen. "Auf jeden Fall muss man darüber nachdenken. (...) Wir dürfen daraus kein Tabu machen. Wir können nicht den Bundeshaushalt unterfinanzieren", forderte Schweitzer.
Eine Meinung, die Philipp Amthor nicht teilen wollte, denn: "Wir sind in einer Situation, wo Deutschland schon jetzt Höchststeuerland ist. Wir sind in einer Situation, wo die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands enorm unter Druck ist. Und deswegen (...) kann die Antwort nicht zuallererst sein, dass jetzt die Bürger, die Unternehmen, die Leistungsträger in diesem Land noch mehr Steuern zahlen müssen." Der CDU-Mann stellte deshalb klar: "Keine Steuererhöhung ist unsere Position!"
Der Erkenntnisgewinn
Nach der Wahl hat die Union offenbar bereits einige Bürgerinnen und Bürger enttäuscht. Das legen aktuelle Umfragen nahe. "Sie stehen noch genau einen Punkt vor der AfD. Wie erklären Sie sich das?", hakte Lanz bei Philipp Amthor nach. Der CDU-Politiker antwortete mit ernster Miene: "Das hat schon mit der Performance zu tun, wenn wir die ganze Zeit jetzt nur versuchen, gegenseitig Punkte zu machen. Und vor allem nicht in das kommen, was die Leute eigentlich erwarten - nämlich umsetzen!" Deshalb stellte Amthor klar: "Um Vertrauen zurückzugewinnen von den politischen Rändern, müssen wir dazu kommen, dass wir die Gesetze auch tatsächlich ändern, dass sich in der Politik etwas ändert und dafür müssen wir jetzt eine stabile Regierung bilden." © 1&1 Mail & Media/teleschau