Am Donnerstagabend sprachen Politiker in der "Illner"-Runde über die frisch gebildete Regierung. Während CDU-Mann Carsten Linnemann optimistisch nach vorn blickt, äußert Linken-Vertreterin Katja Kipping deutliche Kritik am neuen Koalitionsvertrag.

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Bringt der Koalitionsvertrag den versprochenen Politikwechsel? Das diskutierte die Runde bei "Illner" am Donnerstagabend (10. April).

Während Linnemann eine "Migrationswende, die sich gewaschen hat" versprach, warnte Linkspolitikerin Katja Kipping vor einem entscheidenden Fehler, der Demokratiefeinden den Boden bereite. Bei einem Punkt war sich Journalist Michael Bröker sicher: "Dieses Thema ist nicht geeint."

Das ist das Thema bei "Illner"

Bei "Illner" ging es am Donnerstagabend um die Erwartungen an die künftige Regierung und damit verbunden die Frage: Bekommen wir "Aufbruch" oder "Weiter so"?

Die Runde analysierte, bei welchen Themen noch keine Einigkeit herrscht, welche Punkte unter den Tisch gefallen sind und ob die Maßnahmen ausreichend sind.

Das sind die Gäste

Carsten Linnemann (CDU): Der 47-Jährige ist Generalsekretär der CDU. Er meinte: "Wenn wir jetzt alles reinschreiben und nicht liefern, dann haben wir mit Zitronen gehandelt und das will ich nicht." 2.000 Euro steuerfrei für Rentner in Deutschland würden so schnell wie möglich kommen. Außerdem komme eine "Migrationswende, die sich gewaschen hat".

Manuela Schwesig (SPD): Die Landesvorsitzende ist Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Sie sagte: "Die Modelle der letzten Jahrzehnte funktionieren nicht mehr. Wir bekommen keine günstige Energie mehr aus Russland und wir sollten auch nicht mehr dahin mehr zurück. Und wir bekommen auch keine billige Sicherheit mehr durch die USA."

Stefan Wolf: Der Manager ist Präsident des Gesamtverbands der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie. "Es kam besser, als wir erwartet haben", so der Unternehmer über den Koalitionsvertrag. Es fehle an Steuererleichterungen und Sozialversicherungsbeiträge müssten auf 40 Prozent gedeckelt werden.

Illner
Katja Kipping (M.) steht dem Koalitionsvertrag kritisch gegenüber. © ZDF/Jule Roehr

Katja Kipping: Die ehemalige Bundestagsabgeordnete der Linkspartei ist heute Geschäftsführerin beim "Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband". Sie sagte: "Es gibt drei große Verlierer: Klimaschutz, Schutz vor Armut und der Schutz von geflüchteten Menschen." Das sei eine schwere Hypothek.

Michael Bröker: Der Journalist ist Chefredakteur von "Table Media". Er analysierte: "Ein bisschen Aufbruch steckt da schon drin, gerade bei der Digitalisierung, der Modernisierung des Staates und Energie." Gerade bei den Themen, wo es für die eigene Klientel aber unbequem werde, verlagere man sich in Kommissionen und Arbeitskreise. "Da ist sehr viel ‚später vielleicht‘ anstatt‚ jetzt sofort", so Bröker.

Das ist die Offenbarung des Abends

Illner wollte von Linnemann wissen, ob das Angebot reiche, um Deutschland aus der Rezession heraus zu führen. "Ich bin der festen Überzeugung, dass wir das packen", so der CDU-Politiker.

"Wenn wir den Geist, den wir die letzten Wochen hatten, fortführen und alle, die Verantwortung tragen, sich unterordnen nur für das Ziel Politikwechsel. Ansonsten werden wir in zwei, drei Jahren Populisten sehen, die so stark sind, dass sie vielleicht allein regieren können", warnte er.

Das ist das Wortgefecht des Abends

Unternehmer Wolf sagte: "Die SPD hat eine tolle Erfahrung, wie man ein Land, das wirtschaftlich am Boden ist, aus der Krise holt" und verwies auf die "Agenda 2010" von Gerhard Schröder. "Wenn Sie auf dem Weg gehen, das hat das Land wieder nach vorne gebracht", empfahl er.

Kipping leistete Widerrede: "Sie erzählen die Agenda 2010 hier als Erfolgsgeschichte, sie hatte aber ein enormes Maß an sozialer Verunsicherung zur Folge", sagte sie. Man bereite damit einen Boden für die Feinde der Demokratie. Sie warnte davor, eine zweite "Agenda 2010" aufzulegen. "Es kann auch in einer Gesellschaft einen sozialen Kipppunkt geben", mahnte Kipping.

Die Erkenntnisse bei "Illner"

Die Gäste der Runde betonten es immer wieder: Das, was jetzt angekündigt wurde, muss umgesetzt werden – ohne, dass sich die Koalition in einem "Klein-Klein" verliert oder immer wieder herausstellt, wer welchen Punkt durchgesetzt hat.

Die Runde kritisierte, dass die Themen Rente und Pflege nicht ausreichend angegangen seien und sah Konfliktpotenzial bei dem Plan "unten zu entlasten und oben wieder reinzuholen." Bröker sagte über Steuererleichterungen und Reichensteuer: "Dieses Thema ist nicht geeint."

Teaserbild: © ZDF/Jule Roehr