Wahlversprechen gebrochen, Probleme mit den CDU-Frauen, schwierige Koalitionsgespräche: CDU-Chef Friedrich Merz steht im Kreuzfeuer, bevor er überhaupt zum Bundeskanzler gewählt wurde. Ein Journalist verspottete ihn bei Maischberger als "lose Kanone aus Brilon".

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Die schwierigen Verhandlungen über eine schwarz-rote Koalition und das milliardenschwere Schuldenpaket beschäftigen das Land und die Talkrunde bei Sandra Maischberger am Dienstagabend. Zweites großes Thema war der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die diplomatischen Lösungen, den Krieg zu beenden.

Die Gäste

Hendrik Wüst: Der NRW-Ministerpräsident (CDU) forderte einen "Politikwechsel in der Migrationspolitik" und äußerte sich optimistisch, dass das trotz Unstimmigkeiten in den Koalitionsgesprächen mit der SPD auch gelingt. Zudem verteidigte Wüst das XXL-Schuldenpaket des wahrscheinlich nächsten Bundeskanzlers Friedrich Merz, für das es gute Begründungen gebe – wie die veränderte geopolitische Lage unter US-Präsident Donald Trump.

Petra Gerster: Die langjährige ZDF-Moderatorin schrieb Union und SPD eine ernste Mahnung ins Stammbuch. "Sie dürfen das nicht vergeigen. Sonst war es das letzte Mal." Friedrich Merz hätte es gut zu Gesicht gestanden, sich für den Wortbruch bei der Schuldenaufnahme zu entschuldigen, so Gerster.

Friedrich Küppersbusch: Der Journalist und Fernsehproduzent sieht eine Ursache für das schwache Wahlergebnis der Union darin, dass Merz im Wahlkampf mit flüchtlingskritischen Themen die AfD kopieren wollte. Die Suche nach Sündenböcken führe zu nichts. Küppersbusch fiel durch seine sarkastischen Bemerkungen auf: Merz, dem es an Regierungserfahrung fehle, nannte er die "lose Kanone aus Brilon".

Angelika Hellemann: Die stellvertretende Politik-Chefin der "Bild"-Zeitung wunderte sich, dass anders als bei der Ampel vor knapp vier Jahren so viel aus den Verhandlungen zwischen Union und SPD durchsickerte: ein Zeichen für wenig Vertrauen. Hellemann kritisierte zudem Merz' Frauenbild. Der CDU-Chef macht schon seit Monaten keinen Hehl daraus, dass er von Parität zwischen Männern und Frauen im Bundeskabinett wenig hält. Dies hatte auch zu Unmut bei den Frauen innerhalb seiner Partei geführt. "Was Friedrich Merz gesagt hat, war Chauvinismus pur", meint Hellemann.

Carsten Maschmeyer: Der Unternehmer und Investor findet es gut, dass in den USA entbürokratisiert wird, aber nicht so, wie Elon Musk es umsetzt. "Ich bin für eine solche Kommission auch in Deutschland, aber es muss moralisch-ethisch sauber laufen" und es dürfe keine Selbstbedienung wie bei Musk geben.

Der Special Guest

Boris Bondarew: Der ehemalige russische UN-Diplomat sieht kein Interesse Russlands an einem Waffenstillstand, "schon gar nicht bedingungslos". Russland wolle seine Kriegsziele erreichen, Putin wolle haben, was er haben will. Die Art, wie das Trump-Team mit Russland verhandelt, macht auf Bondarew keinen guten Eindruck.

"Das sieht sehr unprofessionell aus". Sie würden Zugeständnisse machen, bevor sie mit Putin überhaupt gesprochen haben. Russland lehne sich einfach zurück. Und Europa? Putin wolle eine Änderung der geostrategischen Sphäre, so der Ex-Diplomat. Er wolle vielleicht keinen großen Krieg gegen Europa, aber die NATO spalten und "völlig obsolet machen".

Das Wortgefecht des Abends

Gab es nicht.

Die Offenbarung des Abends

Deutschland ist zu bürokratisch. So weit, so bekannt. Und wohl jede Bundesregierung der vergangenen Jahrzehnte hat sich die Entbürokratisierung auf die Fahnen geschrieben. Passiert ist dann meistens wenig. Nun sprach Hendrik Wüst über die "Initiative für einen handlungsfähigen Staat" von Peer Steinbrück, Andreas Voßkuhle, Julia Jäkel und Thomas de Maizière, die unter Schirmherrschaft des Bundespräsidenten steht. Der NRW-Ministerpräsident stellt sich die Frage: "Ist dieser Staat nicht übermöbliert?" Seine Antwort: ja.

"Ich würde es auch mit dem dort beschriebenen Vorschlag zur Einschränkung von Länderkompetenzen alles mitmachen. Bin nicht sicher, ob es alle Ministerpräsidenten so sehen." Teil der Reformvorschläge sind einheitlichere Standards in Schulen sowie eine grundlegende Neuordnung der Aufgaben zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Der Staat müsse sich hinterfragen, ob er noch den besten Dienst für die Bürger leiste, mahnte Wüst. Eine ehrliche Analyse, die authentisch und glaubwürdig wirkte.

Der Erkenntnisgewinn

Bei Maischbergers Ritt durch die Themen blieb hängen, dass Friedrich Merz' Glaubwürdigkeit gelitten hat, er in Fragen der Gleichberechtigung Luft nach oben hat und die Koalitionsgespräche besser laufen könnten. Was nach der gefühlt dauerstreitenden Ampel-Regierung eine ernüchternde Nachricht ist. Merz scheint beschädigt, bevor er überhaupt zum Kanzler gewählt wurde. Aber die Zeichen stehen gut, dass er zumindest außenpolitisch eine bessere Figur abgeben wird.