Dass der Erwerb von Cannabis schon bald legal sein soll, kommt längst nicht bei allen gut an. Am Donnerstagabend stellte sich Karl Lauterbach bei "Markus Lanz" den kritischen Fragen des ZDF-Moderators. Star-Gast Herbert Grönemeyer rechnete derweil mit der Corona-Politik ab.
Die Folgen der Pandemie-Politik, landesweite Klima-Proteste und nun auch die geplante Cannabis-Legalisierung sorgen für jede Menge Reibungspotenzial. Bei "
SPD-Gesundheitsminister
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Die Bundesregierung will den Cannabis-Konsum noch in diesem Jahr legal machen - jedoch mit klar gesteckten Grenzen. Demnach soll es keinen freien Verkauf in Cannabis-Läden geben. Vielmehr ist geplant, dass sich Konsumenten ab 18 Jahren sogenannten "Cannabis-Social-Clubs" als Mitglieder anschließen können, um sich dort mit Produkten aus kontrolliertem Anbau zu versorgen.
Wie kontrovers die Pläne aufgenommen werden, wurde auch am Donnerstagabend bei "Markus Lanz" deutlich. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach versuchte zwar, im Gespräch mit dem ZDF-Moderator, seine Beweggründe zur Legalisierung zu erläutern - Verständnis erntete er aber kaum.
Das sind die Gäste
- Karl Lauterbach, SPD-Politiker und Bundesgesundheitsminister, verteidigte seine Cannabis-Pläne: "Die Legalisierung ist der Königsweg, den Schwarzmarkt auszulöschen."
- Yasmine M'Barek, "Zeit Online"-Redakteurin, blieb skeptisch: "Mafiöse Strukturen und Dealer werden mit der Legalisierung nicht einfach aufhören."
- Der Musiker Herbert Grönemeyer blickte auf die Zeit der Pandemie zurück: "Meine Hoffnung ist, dass nach Corona eine neue Form der Anteilnahme füreinander entsteht."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Zu Beginn der Sendung stellte Markus Lanz mit Blick auf seinen Stargast Herbert Grönemeyer fest: "Er saß zuletzt am 21. November 2018 hier. Damals war es noch eine völlig andere Welt."
Drei Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie blickte der deutsche Musiker mit gemischten Gefühlen auf die Vergangenheit und erklärte: "Wir Menschen neigen ja zum Glück dazu, viele Dinge zu verdrängen. 2020 war wirklich ein sehr komplexes Jahr, und die meisten von uns haben in Todesangst gelebt."
Er selbst habe zwei Freunde durch das Virus verloren. "Ich glaube, wir sind alle bis heute komplett überfordert, was das angeht. Wir mussten alle nachjustieren und machen das bis heute."
Besonders die Musikbranche wurde durch die Corona-Maßnahmen der damaligen Bundesregierung schwer getroffen. Herbert Grönemeyer kritisierte die frühere Bundeskanzlerin bei "Markus Lanz" mit den Worten: "Was die Kommunikation angeht, war
Grönemeyer ergänzte mit ernster Miene: "Das Schlimme war, dass die Regierung die Künstler gar nicht gesehen hat, auch wenn wir der sechstgrößte Wirtschaftsbereich sind. An uns wurde gar nicht gedacht. Wir sind ein Land der Ingenieure, aber dass wir auch Menschen haben, die Theater spielen und Musik machen, war nicht so klar. Die Art und Weise, wie die Kunstszene in der Zeit behandelt wurde, das war schon bitter."
Als er über die Zukunft Deutschlands sprach, schlug der Musiker optimistische Töne an: "Meine Hoffnung ist, dass nach Corona eine neue Form der Anteilnahme füreinander entsteht, ein anderes soziales Bewusstsein. Ich glaube, das hat sich mit der neuen Regierung geändert. Die Sprache ist präziser geworden. Es ist ein bisschen mehr Frische eingetreten." Eine Aussage, die nicht nur Markus Lanz stutzig machte. Er fragte prompt die 24-jährige Journalistin Yasmine M'Barek nach ihrer Meinung zur neuen Regierung.
M'Barek stellte klar: "Die eine Hälfte meiner Generation fühlt sich nicht gehört und startet Proteste, die andere beteiligt sich nicht an politisierten Debatten. Die Stimmung ist sehr gespalten."
Dem widersprach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und merkte an: "Dass die junge Generation nicht gehört würde, ist aus meiner Sicht nicht richtig. Wir haben Kinder noch nie so ernst genommen, wie wir es heute tun." M'Barek konterte: "Sie arbeiten gerade die Probleme der letzten 20 Jahre auf. Da bleibt vieles auf der Strecke."
Markus Lanz fragte mit Blick auf Herbert Grönemeyer: "Typen wie wir, haben wir die Suppe eingebrockt?" Der Sänger lachte zustimmend: "Wir repräsentieren den Neo-Kapitalismus. Die junge Generation tut zumindest endlich wieder was. Wir haben davor wie in einer Blase gelebt. Diese Großkotzigkeit, diese Überheblichkeit, das nervt! Wir brauchen diese Jugend, die uns wirklich den Marsch bläst. Ich finde es beeindruckend, dass sie überhaupt angreifen."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Weniger harmonisch ging es in der Sendung zu, als Markus Lanz das neue Gesetz zur Legalisierung von Cannabis ansprach. "50 Gramm im Monat sind erlaubt", referierte der ZDF-Moderator den geplanten Gesetzesrahmen.
Er stichelte in Richtung Karl Lauterbach: "Wann haben Sie zum letzten Mal an einem Joint gezogen?" Der SPD-Politiker antwortete daraufhin schwammig: "Das ist sehr lange her. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Das ist jetzt verjährt."
Lanz warf ein: "Mit 50 Gramm kann man 150 bis 180 Joints drehen. Das sind fünf am Tag!" Lauterbach zweifelte die Rechnung an: "Die Zahlen sind strittig. Sie haben Ihre Quelle, ich habe eine andere." Man wolle "eine sichere Qualität haben, ohne toxische Beimischung". Lauterbach: "Wenn Cannabis schon so viel genutzt wird, wollen wir eine gute Qualitätskontrolle haben."
Der ZDF-Moderator ließ nicht locker und fragte erneut: "Warum gibt man so viel frei? 50 Gramm ist eine Dealer-Menge!" Lauterbach erklärte weiter: "Bei geringeren Mengen bleiben diejenigen, die besonders abhängig sind, weiter auf dem Schwarzmarkt hängen. Dann würde der Schwarzmarkt bleiben mit allen Problemen. Die Legalisierung ist der Königsweg, den Schwarzmarkt auszulöschen."
Journalistin Yasmine M'Barek schaltete sich daraufhin ein: "Das ist doch ziemlich naiv! Mafiöse Strukturen und Dealer werden nicht einfach aufhören." Sie glaube, dass sich die Bundesregierung in der Situation befinde, dass ein Wahlversprechen eingelöst werden müsse.
"Man möchte hier eine Wahl gewinnen mit dem Statement: 'Wir haben es stückweise legalisiert.'" Der SPD-Mann reagierte erbost: "Mit diesem Gesetz werden wir keine Wahl gewinnen. Das ist auch nicht die Absicht." Als Lanz schließlich auch Herbert Grönemeyer nach seiner Meinung fragte, hielt sich der Musiker bedeckt: "Ich versuche, in Ihrem Gefecht einen klaren Geist zu bewahren. Die Entkriminalisierung ist aber elementar."
Lanz merkte an, dass ein hoher THC-Gehalt massive Schäden bei 18- bis 25-Jährigen auslösen kann. Lauterbach stimmte zwar zu, ergänzte jedoch: "Die Schäden kommen gerade dann, wenn ich die 18- bis 25-Jährigen weiter dem Schwarzmarkt mit toxischen Beimischungen überlasse. Meine Pflicht ist es, die Risiken bei jungen Leuten zu erkennen und zu bekämpfen."
Der ZDF-Moderator wollte dieses Argument nicht akzeptieren und hakte nach: "Fühlen Sie sich wohl dabei, wenn Sie diese Mengen freigeben?" Karl Lauterbach reagierte genervt: "Ich werde damit leben müssen, dass 18- bis 25-Jährige Cannabis konsumieren und sich damit schaden. Ich muss zwischen dem kleineren und größeren Übel entscheiden. Der beste Konsum unter 25 bleibt natürlich immer noch gar kein Konsum. Aber in so einer Welt leben wir nicht."
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz hatte am Donnerstagabend vor allem einen Gast im Blick: Karl Lauterbach. Der Bundesgesundheitsminister wurde nicht nur zur geplanten Cannabis-Legalisierung kritisch vom ZDF-Moderator befragt. Auch zum Thema Corona und der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft musste der SPD-Politiker Stellung beziehen.
Markus Lanz schaffte es innerhalb der Sendung, mit gezielten und teils auch sehr spitzen Nachfragen, Karl Lauterbach nicht nur aus der Reserve zu locken, sondern hin und wieder sogar in Bedrängnis zu bringen. Daneben nahm sich ZDF-Moderator an geeigneten Stellen zurück und ließ die weiteren Gäste, allen voran Herbert Grönemeyer, in die Debatten mit einsteigen.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Die geplante Cannabis-Legalisierung schlägt in Deutschland hohe Wellen. Bislang ist den wenigsten Bürgerinnen und Bürgern klar, wie eine genaue Umsetzung aussehen könnte. Bei "Markus Lanz" versuchte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zwar, Licht ins Dunkle zu bringen - dies gelang ihm aber nicht wirklich.
Im Laufe der Sendung war er vor allem damit beschäftigt, die diversen Kritikpunkte von Markus Lanz zu parieren. Lanz beendete schließlich die Debatte mit den ernüchternden Worten: "Mich überzeugt es nicht. Vor allem nicht mit Blick auf Amerika, wo es jedes Jahr 100.000 Drogen-Tote gibt." Lauterbach versicherte: "Den Horror will ich verhindern." © 1&1 Mail & Media/teleschau
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