Christian Lindner ein Klimaleugner und Björn Höcke ein Demokrat? Bei Maischberger ging es am Mittwochabend (22.) hoch her. Während Gauland als Wolf im Schafspelz daherkam und die AfD auf dem Boden des Grundgesetzes sah, verteidigte FDP-Politiker Gerhart Baum Rechtsstaat, Grundgesetz und Demokratie flammend. Zur Frage nach einem AfD-Verbot hatte die Runde unterschiedliche Meinungen.

Eine Kritik
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Die AfD in Sachsen-Anhalt ist vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden. In bundesweiten Umfragen allerdings befindet sich die AfD auf einem Höchststand. Rufe werden laut, man müsse die AfD verbieten. Kann das die Lösung sein? Das war eine der Fragen am Mittwochabend.

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Das ist das Thema bei "Maischberger"

Sandra Maischberger blickte am Mittwoch (22.) auf die Themen der Woche, darunter die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt der Ampel, die pro-palästinensischen Äußerungen von Greta Thunberg und die Bekämpfung des Klimawandels. Den größten Raum aber nahm ein potenzielles Verbot der AfD ein und die Frage: "Ist sie eine Gefahr für die Demokratie?"

Das sind die Gäste

  • Gerhart Baum (FDP): "Wir sind einer Welle von Rechtsextremismus ausgesetzt", beobachtete der ehemalige Bundesinnenminister. Die Bindungskraft des Grundgesetzes lasse nach. Es lasse nicht nur durch die Systemverächter nach, sondern auch durch die Gleichgültigen im Lande. "Wenn die Gleichgültigen das Grundgesetz nicht verteidigen, dann wird es ganz schlimm", so Baum.
  • Alexander Gauland (AfD): "Nur in einer parlamentarischen Demokratie können wir arbeiten", beteuerte der Ehrenvorsitzende. Der Verfassungsschutz versuche, die AfD zu delegitimieren. "Es stimmt aber mit der Wirklichkeit nicht überein", so Gauland. Die AfD sei im Gegenteil sogar für eine Demokratie, bei der es mehr Volksabstimmungen gebe.
  • Bettina Böttinger: "Meine Kindheit bestand aus der Sehnsucht nach meiner Mami", sagte die Moderatorin und berichtete, dass ihre Mutter wegen Tuberkulose im Sanatorium gelebt habe. Später erzählte Böttinger, mit 17 habe sie einen Liebesbrief an ein Mädchen geschrieben und dieser sei in der Schule öffentlich geworden. "Ich sollte von der Schule fliegen, habe mich aber gewehrt", erinnerte sie sich. Zur Aussage von Alice Weidel, sie sei nicht queer, sondern lebe mit einer Frau zusammen, die sie seit 20 Jahren kenne, kommentierte Böttinger: "klassischer Fall von Bewusstseinsspaltung"
  • Hannes Jaenicke: Der Schauspieler kommentierte das 60-Milliarden-Loch der Ampel: "Ich wundere mich über die hysterische Diskussion, dass die Klimapolitik quasi kippen muss." Wenn man aufhören würde, klimafeindlich zu subventionieren, habe man das Geld, um das Loch zu stopfen. Ob die Klimaziele erreicht werden würden, hänge davon ab, ob Habeck sich durchsetze oder "Klimaleugner wie Christian Lindner", so Jaenicke.
  • Susanne Gaschke: Die Journalistin von der "NZZ" sagte zu einem AfD-Verbot: "Mir ist die AfD alles andere als sympathisch, aber sie ist ja nur stark aufgrund der Schwäche der anderen Parteien. Insofern würde ich sehr viel lieber sehen, dass die anderen Parteien sich anstrengen, eine klarere und überzeugende Politik zu machen"
  • Markus Feldenkirchen: "Klima ist nicht alles, aber es ist die absolut wichtigste Aufgabe. Wenn wir hier nicht beherzt politisch handeln, dann werden uns viele Probleme, die uns heute wichtig erscheinen, in 40 Jahren völlig irrelevant erscheinen", so der "Spiegel"-Autor. Dennoch müsse die Bekämpfung des Klimawandels sozial und demokratisch gestaltet werden. Die Politik brauche mehr Überzeugungskraft.

Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"

Maischberger spielte ein Zitat des SPD-Politikers Matthias Miersch ein. Der hatte gesagt: "Ein explodierender CO2-Preis ist ein AfD-Konjunkturprogramm". Maischberger wollte Jaenickes Meinung dazu hören. Der stieg ein: "Wollen wir vielleicht erstmal damit anfangen, dass Kerosin bis heute steuerfrei ist?" Es werde an den falschen Stellen subventioniert, die These von Miersch sei falsch. Man müsse den Menschen kommunizieren, warum Klimaschutz wichtig ist.

"Es gibt eine Zahl, die wirklich jeder versteht, selbst wenn er AfD wählt. Die UN hat ausgerechnet, dass 2030 300 Millionen Klimaflüchtlinge unterwegs sind – im Moment sind es 30", sagte Jaenicke. Man könne sich ausrechnen, wo diese 300 Millionen Flüchtlinge ungefähr hinwollen. "Das ist nicht nur – 'wir schützen ein paar Tierchen und den Wald' – da geht es um viel größere Themen", erinnerte er.

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Das ist das Rede-Duell des Abends

Wie ein Wolf im Schafspelz spielte Gauland immer wieder die rechtsradikalen Anteile der AfD herunter. Es gebe für die AfD keine Alternative zum Grundgesetz und zur parlamentarischen Demokratie, beteuerte er. Baum hielt entgegen: "Aber Sie verletzen das Grundgesetz."

"Nein, das machen wir nicht", antworte Gauland. Baum wieder: "Sie haben ein völkisches Denken, das andere Menschen, anderer Herkunft, anderer Religion ausgrenzt." Wer Menschen ausgrenze, verletze die Menschenwürde. "Das ist der Hauptvorwurf, den die Verfassungsrechtler Ihnen machen", sagte der FDP-Politiker, der über die ganze Sendung hinweg die Demokratie, den Rechtsstaat und das Grundgesetz verteidigte.

Man habe das völkische Denken endlich mit dem Grundgesetz überwunden und jetzt sei es wieder da, bedauerte Baum. "Und wir sitzen hier und müssen die Demokratie verteidigen, wohin sind wir gekommen?", fragte er klagend. Gauland gab sich unwissend und entzog sich jeder sachlichen Debatte: "Ich weiß gar nicht, wie Sie auf völkisches Denken kommen."

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Eingangs waren ihre Fragen nicht besonders kreativ. So wollte Maischberger wissen, wie frustrierend das Urteil des Bundesverfassungsgerichts über den Ampel-Haushalt sei und ob die Regierung die Tragweite verstanden habe. Dafür war sie absolut schlagfertig im Gespräch mit Gauland. "Was genau heißt, wir befinden uns im 'Vorbürgerkrieg'?" oder "Bevölkerungsaustausch, was meinen Sie damit?", fragte sie in Bezug auf ein Zitat von Björn Höcke. An den richtigen Stellen hatte sie die richtigen Zitate parat. So etwa eines aus Höckes Buch, das sie Gauland vorhielt: "Wenn einmal die Zeit gekommen ist, dann machen wir Deutschen keine halben Sachen."

Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Eine zu Beginn der Sendung aufgeworfenen Fragen lautete: "Geht von der AfD eine Gefahr für die Demokratie aus?" Die Antwort konnte sich nach dem Auftritt von Gauland jeder selbst geben.

Wie weit es mit Gaulands Realitätsverweigerung gekommen ist, zeigte seine Einschätzung von Björn Höcke: "Er ist ein Demokrat, er ist auch nicht völkisch." An anderer Stelle kommentierte Feldenkirchen jedoch passend: "Es wäre ein Armutszeugnis für alle Parteien, die vor ihr da waren, wenn ihnen nichts anderes einfällt, diese Partei politisch zu bekämpfen, als ein Verbot. Diesen Triumph würde ich der AfD nicht geben wollen."

Verwendete Quellen:

  • ARD: Sendung "Sandra Maischberger" vom 22.11.2023
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Teaserbild: © WDR/Melanie Grande