Während die Ampel-Koalition weiterhin kriselt, setzt sich der Höhenflug der AfD fort. Bei "Markus Lanz" debattierten CDU-Landrat Werner Henning und SPD-Politiker Michael Roth am Mittwochabend unter anderem über die Ursachen, die hinter dem AfD-Erfolg stecken.

Eine Kritik
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Die Wahl von AfD-Landrat Robert Sesselmann war am Mittwochabend bei "Markus Lanz" das übergeordnete Thema. Der ZDF-Moderator wollte mit Gästen wie CDU-Landrat Werner Henning und SPD-Politiker Michael Roth über die Gründe des Rechtsrucks debattieren. Dabei zeigte sich vor allem Roth äußerst emotional und zog gegen die Wähler der AfD vom Leder.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Nach der Wahl des ersten AfD-Landrats in Deutschland versuchte Markus Lanz am Mittwochabend, näher zu beleuchten, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Während CDU-Landrat Werner Henning fatale Fehler der Bundesregierung ausmachte, warf SPD-Politiker Michael Roth den AfD-Wählern eine Verachtung der Demokratie vor.

Das sind die Gäste

  • Michael Roth, SPD-Politiker: "Die AfD in Thüringen ist nicht irgendeine rechtspopulistische Partei."
  • Werner Henning, CDU-Politiker: "Was in Sonneberg passiert ist, kann andernorts wieder passieren."
  • Anne Hähnig, Journalistin: "Westdeutschland hat sich immer sehr wohl damit gefühlt, die Gründe für den Erfolg der AfD im Osten zu suchen."
  • Sarah Pagung, Russland-Expertin: "Das System Putin ist fragil und hat Risse."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Nach der Wahl des ersten AfD-Landrats in Deutschland versuchte Markus Lanz, den möglichen Ursachen auf den Grund zu gehen. Werner Henning, der CDU-Landrat des thüringischen Landkreises Eichsfeld, stellte zunächst mit Blick auf den frisch gewählten AfD-Landrat Robert Sesselmann klar: "Was in Sonneberg passiert ist, kann andernorts wieder passieren." Auch SPD-Politiker Michael Roth warnte: "Das wird vor Westdeutschland über kurz oder lang keinen Halt machen."

Werner Henning kritisierte daraufhin nicht nur die populistischen Parolen, mit denen Robert Sesselmann gezielt versuche, seine Gemeinde aufzuhetzen, sondern auch das haltlose Versprechen, als Landrat die Bundespolitik mit beeinflussen zu können: "'Mit Herrn Höcke im Gepäck werde ich das alles lösen' - das ist falsch!"

Als eine der Ursachen für den Höhenflug der AfD sah Werner Henning die Tatsache, dass immer mehr "große politische Themen auch auf die kommunale kleine Welt nach unten durchdringen". Dies ginge mit einer größeren gesellschaftlichen Spaltung und hitzigeren politischen Debatten einher. "Die Menschen wollen nicht in diesem Übermaß bedrängt werden von Dingen, die von Außen in ihre Welt hineinkommen."

Der CDU-Landrat ergänzte mit sorgenvollem Blick: "Da ist (...) mit Sicherheit die AfD besonderer Profiteur, indem die AfD hineingeht und sagt: Ich löse das für euch alle." Im Gespräch mit dem ZDF-Moderator machte Henning deshalb deutlich, dass das "gemeindliche Leben" in kleinen Kommunen weiterhin möglich sein müsse. Große politische Themen wie Migration oder Klimawandel würden laut Henning viele Ängste schüren; "die AfD macht sich dieses Lebensgefühl zunutze und hetzt die Leute auf".

Journalistin Anne Hähnig sah den Grund für den landesweiten AfD-Erfolg auch in der "Ampelregierung, die sich nicht über Kleinigkeiten zerstritten hat, sondern über die großen Reformprojekte". Dies habe laut Hähnig bei vielen Wählern den Eindruck erweckt, die Ampel sei überfordert und regierungsunfähig. SPD-Politiker Michael Roth sah dies anders und stellte klar, dass er nicht glaube, dass das Ende des Ampel-Streits etwas an dem Höhenflug ändern würde: "Ich befürchte, dass es so einfach nicht sein wird."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Michael Roth wurde dennoch sichtlich emotional, als er die steigenden Zahlen der AfD als ein "gesamtdeutsches Phänomen" bezeichnete. "Ich bin angefasst", gab der SPD-Mann zu und erklärte, dass er politisch mit der Gewissheit großgeworden sei, dass man in Deutschland "sensibel gegenüber Nationalismus, Demokratie-Verachtung, Populismus" sein müsse.

Roth echauffierte sich vor allem über "diesen Automatismus: 'Wir müssen uns jetzt stärker kümmern, wir müssen zuhören, wir müssen uns der Sorgen annehmen', so als seien wir ein Armenhaus mit ganz vielen sozialen Problemen".

Mit Blick auf die AfD-Wählerschaft platzte dem Politiker schließlich der Kragen. Er stellte klar: "Ich finde, dass wir uns dieser bitteren Wahrheit stellen müssen, dass es offensichtlich in ganz Deutschland und in einigen Teilen Deutschlands offenkundig mehr eine verfestigte Verachtung gegen Demokratie gibt, eine Geringschätzung der Freiheit."

Daraufhin wurde der Politiker von Anne Hähnig unterbrochen, die schockiert nachhakte: "Warum ist das eine Geringschätzung der Demokratie, wählen zu gehen und eine Partei zu wählen, die Ihnen nicht passt?" Michael Roth konterte: "Die AfD in Thüringen ist nicht irgendeine rechtspopulistische Partei. Sie wird vom Verfassungsschutz als durchgängig rechtsextrem eingestuft!" Björn Höcke sei "nun nicht irgendein sich bürgerlich tarnender AfD-Politiker".

Roth: "Sobald wir über die AfD reden, kommt Moral ins Spiel"

Gleichzeitig sagte Roth: "Sobald wir über die AfD reden, kommt Moral ins Spiel. Ich habe hier überhaupt nicht den Anspruch, moralisch besser zu sein, weil ich Sozialdemokrat bin. Ich erhebe mich nicht." Hähnig reagierte zunächst verständnisvoll, fügte jedoch hinzu: "Ich finde, Sie stellen es so dar, als würde sich das ganze Land immer nur über AfD-Wähler beugen und fragen: 'Was fehlt euch denn? Warum geht's euch nicht gut?' Ich finde, da blenden Sie was aus."

Die Journalistin erklärte weiter, dass es "schon die Aufgabe der deutschen Volksparteien" sei, sich ernsthaft zu überlegen, wie es gelingen könnte, "die AfD wieder zu schwächen". Mit Blick auf Roth sagte sie: "Das gelingt einem, glaube ich, nicht, indem man nur seine Enttäuschung kundtut und sagt: 'Wie könnt ihr nur?'" Roth wollte diesen Vorwurf nicht unkommentiert lassen und sagte verärgert: "Sie können mir doch jetzt nicht unterstellen, dass ich nur meiner Enttäuschung Ausdruck verliehen habe."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz hielt sich am Mittwochabend eher im Hintergrund und erarbeitete gemeinsam mit seinen Gästen die Ursachen des AfD-Höhenflugs. Vor allem SPD-Politiker Michael Roth ließ dabei seinen Gefühlen freien Lauf und machte deutlich, dass er Schwierigkeiten habe, Verständnis für AfD-Wähler aufzubringen.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Die jüngsten Wahlerfolge der AfD deuten auf einen Trend hin, der vielen Bürgern und Politikern Sorge bereitet. Auch bei "Markus Lanz" diskutierten Gäste wie CDU-Landrat Werner Henning und SPD-Politiker Michael Roth über die Ursachen des landesweiten AfD-Aufschwungs. Während Roth seinen allgemeinen Ärger zum Ausdruck brachte, sah Henning die Fehler vor allem im Handeln der Bundesregierung.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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