- Als die Flugzeuge am 11. September 2001 in das New Yorker World Trade Center flogen, war RTL der erste deutsche Fernsehsender, der das laufende Programm unterbrach.
- Moderator Peter Kloeppel berichtete über sieben Stunden lang ohne Unterbrechung und ordnete die Geschehnisse für die Deutschen ein.
- Heute blickt er auf die Ereignisse vor 20 Jahren zurück und erzählt, was die aktuellen Bilder aus Afghanistan mit ihm machen.
Herr
Peter Kloeppel: Ich war in der Nachrichtenredaktion in Köln und gerade mit der Vorbereitung der nächsten Sendung befasst. Ich saß am Schreibtisch und schrieb Moderationen oder Teasertexte, als eine Redakteurin rief: "Geht mal schnell auf CNN, was sind denn das für Bilder?" Wir sahen dann alle die Bilder vom nördlichen Turm des World Trade Centers. In ihm klaffte ein riesiges Loch und es quoll Rauch heraus. Der Untertitel bei CNN lautete bereits: "Flugzeug fliegt in World Trade Center". Wir standen ungläubig davor. Es gab viele offene Fragen, aber wir haben schon nach wenigen Minuten entschieden, dass wir das laufende Programm unterbrechen, um unsere Zuschauer über dieses Unglück – wie wir zunächst vermuteten – zu informieren.
Sie haben auf Sendung dann relativ schnell von einem Anschlag gesprochen. Wieso?
Als wir nur das Bild des ersten Flugzeugs gesehen haben, das in das World Trade Center geflogen war, habe ich noch nicht von einem Anschlag gesprochen. Da war ich auch noch gar nicht "on air". Ich bin direkt in die Maske gelaufen und wurde schnell auf die Sendung vorbereitet. Dort sah ich auf einem Monitor, wie ein weiteres Flugzeug in das World Trade Center flog. Ab dem Moment bestand für mich kein Zweifel mehr, dass es sich um einen Anschlag handelte.
RTL hat als erster deutscher Sender das laufende Programm unterbrochen, Sie haben dann über sieben Stunden ohne Unterbrechung die Sondersendung moderiert. Kam etwas Vergleichbares jemals wieder vor?
USA-Wahlsendungen haben schon vergleichbar lang gedauert und auch am Tag nach den Anschlägen, am 12. September, war ich von morgens bis spät abends in der Redaktion und bin danach noch zu stern TV gefahren. Vergleichbare Dimensionen der medialen Berichterstattung gab es aber tatsächlich nie wieder.
Peter Kloeppel über 9/11: "Es war die wichtigste Moderation meines Lebens"
Sie wurden für Ihre Moderation auch mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet, dabei wurde Ihre journalistische Leistung als "unheroisch" und "menschlich" gelobt. War das die wichtigste Moderation Ihres Lebens?
Diese Frage habe ich mir so noch nie gestellt. Ich halte jede Moderation für wichtig, aber wenn ich mir anschaue, wie viele Menschen an diesem Tag zugeschaut haben, wie groß die Betroffenheit war und wie sehr die Menschen nach Erklärung, Verstehen und Einordnung gesucht haben, dann würde ich schon sagen: Es war die wichtigste Moderation meines Lebens. In dem Moment war mir das aber überhaupt nicht bewusst. Es ging mir darum, zu beschreiben, zu erklären und auch selbst zu verstehen, was da in Amerika passiert war.
Hat Sie diese Erfahrung als Journalist verändert?
Ich habe an diesem Tag noch einmal verstanden, warum ich Journalist sein will. Das habe ich auch schon vorher gewusst und in den Jahren zuvor bereits schwierige Moderationen erlebt. Am 11. September 2001 konnte ich aus diesen Erfahrungen schöpfen. Es war gut, dass ich schon so viel Erfahrung hatte – mit der Stadt New York, dem World Trade Center und den damit verbundenen Themen. Das hat mir sehr geholfen. Es ist für mich im Nachhinein ein Tag, der mir bestätigt hat, dass ich an der Stelle, an der ich damals saß, der Richtige war und die richtigen Worte gefunden habe.
Wie werden Sie den 11. September 2021 verbringen, wenn sich die Anschläge zum 20. Mal jähren?
Ich moderiere selbst keine Sondersendung und habe mir für diesen Tag auch nichts vorgenommen. Ein Jahr nach den Anschlägen habe ich vom Ground Zero aus New York berichtet, zehn Jahre danach haben wir eine große Dokumentation gemacht, für die ich auch in Amerika und Afghanistan unterwegs war. Der 11. September ist aber natürlich ein Tag, an dem auch ich zurückblicke.
"Menschen, die den Tag erlebt haben, werden sich daran immer wieder erinnern"
Wie wichtig ist es, die Erinnerung daran wachzuhalten? Es gibt immer mehr junge Menschen, die sich an den 11. September 2001 nicht mehr erinnern können oder ihn gar nicht selbst erlebt haben.
Die Menschen, die den Tag erlebt haben, werden sich daran immer wieder erinnern. Wenn man sie auf der Straße fragt: "Wissen Sie noch, wo sie waren, als Sie von den Anschlägen auf das World Trade Center erfahren haben?", werden wohl alle eine klare Antwort geben können. Die Jahrestage sind gute Anlässe dafür, zu fragen: Was ist damals geschehen? Warum ist es geschehen? Was haben wir gelernt? Und: Haben wir die richtigen Schlüsse gezogen?
Der Anschlag am 11. September hat den Afghanistan-Einsatz maßgeblich ausgelöst. Heute kommen Nachrichten aus dem Land, dass die Taliban dort wieder die Macht übernommen haben, die deutschen und amerikanischen Soldaten sind abgezogen. Tausende Afghanen versuchen zu flüchten. Was macht das mit Ihnen?
Es zeigt mir, dass die Umsetzung der anschließenden militärischen Mission nur in Teilen durchdacht war. Man hat eine Go-In-Strategie gehabt. Das Ziel, Al Kaida unschädlich zu machen und Osama Bin Laden zu finden, war klar. Aber darüber hinaus hat man nicht mehr fokussiert genug über eine Exit-Strategie nachgedacht. Es war nie wirklich klar, wie lange wollen und müssen wir dortbleiben, was sind unsere Ziele? Viele Fragen sind nie richtig beantwortet worden. Es sollte uns eine Lehre sein, bei ähnlichen Konflikten, die vor uns liegen, intensiver zu fragen: Wie beenden wir den Einsatz? Und nicht nur: Wie beginnen wir ihn?
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