Deutschland plant, als einziger EU-Staat Familien aus dem Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos aufzunehmen. Trotz Kritik verteidigt Bundesinnenminister Horst Seehofer die Hilfsaktion.
Bundesinnenminister
"Mich hat niemand gedrängt", betonte der CSU-Politiker am Mittwoch vor einer Sitzung des Innenausschusses des Bundestages. "Wenn ich überzeugt bin, dass etwas nicht geht, dann mache ich es auch nicht."
Zu Forderungen der Grünen, der Linkspartei und einiger SPD-Politiker, die Bereitschaft vieler Kommunen zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge zu nutzen, sagte er, wer dies fordere, müsse auch nach Italien, Malta, Spanien und auf den Balkan schauen, wo es viele weitere Asylsuchende gebe - und dann der deutschen Öffentlichkeit erklären, "dass Deutschland ein Aufenthaltsort ist für all diese Flüchtlinge".
Middelberg: Gut sei, dass man denen jetzt helfe, die "besonders bedürftig sind"
Dass Deutschland als einziger EU-Staat jetzt diese Familien aufnehme, sei "ein Punkt, der auch vielen in der Union Bauchschmerzen macht", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU). Gut sei, dass man jetzt denen helfe, "die besonders bedürftig sind".
Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Luise Amtsberg, sagte: "Aufnahme über die Europäische Union ist eine absolute Notwendigkeit, und das gilt für alle 13.000 Menschen, die dort derzeit nicht untergebracht sind". Außerdem müsse man generell zu einer solidarischen Verteilung von Asylsuchenden in Europa kommen.
Deutschland will Migranten aufnehmen
Deutschland hatte am Dienstag angekündigt, nach der Brandkatastrophe im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos 1.553 Flüchtlinge von fünf griechischen Inseln aufnehmen. Es handelt sich dabei um 408 Familien mit Kindern, die in Griechenland bereits als schutzbedürftig anerkannt wurden.
Laut Middelberg lebt etwa die Hälfte von ihnen auf der Insel Lesbos. Bereits am Freitag hatte Seehofer angekündigt, Deutschland werde von insgesamt 400 unbegleiteten Minderjährigen aus Moria bis zu 150 Jugendliche aufnehmen. Die 400 Minderjährigen sollen auf europäische Länder verteilt werden.
Griechenland will die Bewohner des abgebrannten Lagers nicht aufs Festland bringen
Die griechischen Behörden gehen davon aus, dass das seit Jahren überfüllte Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos vergangene Woche von Migranten angezündet worden war.
Zuvor war die Situation in dem von mehr als 12.000 Menschen bewohnten Lager eskaliert, nachdem mehrere Asylbewerber positiv auf das Coronavirus getestet worden waren. Fünf mutmaßliche Brandstifter wurden inzwischen festgenommen.
Griechenland will alle Bewohner des abgebrannten Lagers weiter vor Ort versorgen und nicht auf das Festland bringen - das haben Regierungsvertreter mehrfach betont. Vor Ort entsteht ein großes Zeltlager.
Hintergrund ist unter anderem die Befürchtung, dass sonst auch Migranten in anderen Lagern absichtlich Feuer legen könnten, um ihre Weiterreise nach Europa, insbesondere Deutschland, zu erzwingen. (msc/dpa)
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