Am kommenden Dienstag will die britische Premierministerin wieder über das EU-Austrittsabkommen abstimmen lassen. Sie steuert auf eine erneute Niederlage zu, prophezeit einen "Zeitpunkt der Krise" - und sorgt mit einer Aussage für Verwunderung.
Wenige Tage vor der zweiten Abstimmung über das Brexit-Abkommen am 12. März hat die britische Premierministerin
"Die Entscheidungen der EU in den nächsten Tagen werden einen großen Einfluss auf das Ergebnis der Abstimmung haben", sagte May am Freitag bei einer Rede im ostenglischen Grimsby. Es sei nur noch eine letzte Anstrengung nötig, um die Bedenken des Parlaments in London auszuräumen.
Wie May weiter sagte, könnte plötzlich doch auch alles ganz anders kommen. "Der Brexit könnte sich um viele Monate verschieben. Wir könnten ohne den Schutz, den der Deal uns bietet, aus der EU austreten. Wir könnten aber auch gar nicht austreten", wird May vom Focus zitiert.
Brexit-Entscheidung kommende Woche
Bereits am kommenden Dienstag will May im Unterhaus erneut über den mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Vertrag abstimmen lassen. Bei einem ersten Versuch Mitte Januar war sie damit krachend gescheitert.
Im Falle eines erneuten Scheiterns warnte May sowohl vor einem EU-Austritt Großbritanniens ohne Abkommen als auch vor einer Abkehr vom Brexit. "Lassen Sie uns tun, was notwendig ist, damit die Abgeordneten das Abkommen am Dienstag unterstützen. Denn wenn die Abgeordneten den Deal ablehnen, gibt es keine Gewissheiten. Es wäre ein Zeitpunkt der Krise."
Auch in der kommenden Woche werden May schlechte Chancen auf einen Erfolg ausgerechnet. Für diesen Fall will die Regierungschefin am kommenden Mittwoch über einen Austritt ohne Abkommen abstimmen lassen.
Wird auch das abgelehnt, sollen die Abgeordneten am Donnerstag entscheiden, ob London eine Verschiebung des Brexits beantragen soll.
Die Gespräche über die von London geforderten Änderungen an dem Vertragspaket erwiesen sich zuletzt als zäh. Ein Treffen des EU-Chefunterhändlers Michel Barnier am Dienstag mit dem britischen Brexit-Minister Stephen Barclay und dem britischen Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox hatte keinen Durchbruch gebracht.
Streit über offene Grenze
Gestritten wird über die als Backstop bezeichnete Garantie für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland.
Die Regel sieht vor, dass Großbritannien so lange als Ganzes in einer Zollunion mit der EU bleiben soll, bis das Problem anderweitig gelöst ist. Grenzkontrollen wollen alle Seiten verhindern, weil sonst ein Wiederaufflammen des Konflikts in der ehemaligen Bürgerkriegsregion befürchtet wird.
Kritiker in London befürchten, der Backstop könnte Großbritannien dauerhaft in eine enge Anbindung an die EU zwingen. Sie dringen daher auf eine zeitliche Begrenzung oder ein einseitiges Kündigungsrecht. Die EU lehnt das kategorisch ab.
Fraglich ist, ob es May gelingt, Brüssel noch irgendwelche Zugeständnisse in letzter Minute abzuringen. Cox, der inzwischen eine Schlüsselrolle bei den Verhandlungen spielt, hatte am Donnerstag versichert, die Gespräche würden "beinahe mit Sicherheit" auch am Wochenende fortgesetzt. Weder er noch Brexit-Minister Stephen Barclay reisten jedoch am Freitag nach Brüssel. Die Gespräche liefen derzeit auf technischer Ebene, hieß es auf beiden Seiten.
Was macht May?
Spekuliert wurde, ob Premierministerin May selbst am Sonntag oder sogar am Montagfrüh zu einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach Brüssel reisen könnte.
Der britische Außenminister Jeremy Hunt warnte die EU unterdessen vor einem Austritt seines Landes ohne Abkommen.
"Ich glaube ehrlich gesagt, dass künftige Generationen sagen werden, dass die EU in diesem Moment falsch gelegen hat, wenn das in Bitterkeit endet", sagte Hunt am Freitag im BBC-Radio. (msc/dpa)
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