Friedrich Merz musste im ZDF-Sommerinterview vor allem zu einem Thema Stellung beziehen: zur AfD. Gegen ein Verbot der Partei sprach er sich aus, auf Kommunalebene müsse man aber Wege der Zusammenarbeit finden. Außerdem ging es um Schutz der deutschen Staatsgrenzen, Asylrecht und grüne Verbote.

Eine Kritik
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Bissiger Start ins ZDF-Sommerinterview: "Begrüße ich jetzt eigentlich den CDU-Vorsitzenden oder den Chef der Alternativen für Deutschland mit Substanz?", wollte Moderator Theo Koll zum Auftakt des am Sonntag (23.) ausgestrahlten Interviews wissen.

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Merz lächelte die Bemerkung weg, doch Koll blieb beim Thema: Angesichts der Umfragewerte der AfD von 22 Prozent wollte er wissen: "Was bietet die AfD, was die CDU nicht bietet?" Merz entgegnete: "Wir messen uns nicht an der AfD." Man sei größte Oppositionsfraktion im Deutschen Bundestag und sei damit die Alternative gegen diese Bundesregierung. Man müsse Vertrauen zurückgewinnen und Konzepte liefern. Er mache sich keine Illusionen darüber, wie schwierig dieser Weg sei.

Merz bleibt klare Antwort schuldig

Koll kam dann auf das Schwächeln der Ampel-Koalition zu sprechen, aus dem die Union bislang keinen Profit schlagen kann. Er fragte den CDU-Chef: "Warum sind die abwandernden Wähler nicht auf dem Weg zur CDU?" Eine klare Antwort blieb Merz schuldig – wie mehrfach an diesem Abend. Er stellte hingegen fest: "Die Union hat sich nach der verlorenen Bundestagswahl 2021 gut konsolidiert." Man habe die Rolle der Oppositionspartei angenommen.

Das Thema AfD kam die ganze Sendung über nicht vom Tisch. Moderator Koll sprach Merz darauf an, dass er eine "Brandmauer" zur Zusammenarbeit mit der AfD auf Bundes- und Landesebene hochgezogen habe. Merz hatte sogar mit Parteiausschlussverfahren gedroht. "Die Wirklichkeit in den Gemeinden sieht aber anders aus", kommentierte der Moderator.

Merz gegen AfD-Verbot

"Es wird keine Beteiligung der AfD geben, jedenfalls nicht mit uns", bekräftigte der CDU-Chef noch einmal. Koll setzte jedoch nach: "Das heißt, mit Blick auf die Basis, auf der kommunalen Ebene haben Sie also aufgegeben?" Merz widersprach entschieden. Man müsse demokratische Wahlen akzeptieren. "Die Zusammenarbeit bezieht sich auf gesetzgebende Körperschaften."

Sein Parteikollege Marco Wanderwitz (CDU) hatte gefordert, die AfD zu verbieten. "Unterstützen Sie seinen Vorschlag?", bohrte Koll weiter. Merz lehnte ab – es handele sich um eine Einzelmeinung. "Parteiverbote haben noch nie dazu geführt, dass man ein politisches Problem löst", erklärte er.

"Frage stellt sich im Augenblick nicht"

Koll skizzierte dann die Situation, dass eine Regierungsbildung nur noch durch Zusammenarbeit aller Parteien möglich sein könnte – also auch eine Kooperation mit der Linkspartei notwendig sei. In diesem Zusammenhang erinnerte er ihn an den Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linkspartei. "Müssten Sie sich da nicht öffnen?", hakte Koll nach.

Merz umging eine eindeutige Antwort: "Die Frage stellt sich im Augenblick nicht." Koll merkte anscheinend, dass die auch nicht mehr zu bekommen war und wechselte das Thema zur Abschaffung des Individualrechts auf Asyl. Dieses hatte CDU-Mann Thorsten Frei ins Spiel gebracht.

Merz: "Dann wird die AfD auch wieder kleiner"

"Sie unterstützen den Vorschlag 1:1?", wollte der Moderator wissen. Merz sprach von einem "konstruktiven Beitrag". Man müsse das Problem der Migration lösen. "Dann wird die AfD auch wieder kleiner." Er begrüße jeden Vorschlag, der das Problem kleiner werden lasse und bei dem gleichzeitig seinen Menschenrechtsverpflichtungen nachkomme. "Die Hilfe darf auch nicht missbraucht werden, und sie wird 100.000-fach missbraucht", sagte er.

Koll griff weiter in die Kiste der konservativen Vorschläge. Ob Merz auch Push-Backs befürworte, die Experten als "weitgehend illegal" einstuften. "Ob das wirklich weitgehend illegal ist, das sei mal dahingestellt, Herr Koll", kommentierte Merz. Er sprach sich für flächendeckende Kontrollen an deutschen Außengrenzen aus, etwa zu Polen, Tschechien und Schweiz.

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Deutsche Grenzen schützen

"Wir müssen, wenn wir die europäischen Außengrenzen nicht gut schützen können, in der Lage sein, unsere europäischen Binnengrenzen, unsere Staatsgrenzen zu schützen", sagte Merz. Man müsse wissen, wer nach Deutschland kommt.

Dann brachte Koll noch das Thema "Grüne als Hauptgegner" auf den Tisch. Koll erinnerte ihn, dass es mehrere Landesregierungen gebe, in denen CDU und Grüne koalierten. "Wie passt das zusammen?", wollte er wissen. "Ich habe die Bundespolitik gemeint und nicht die Landespolitik", sagte Merz. Man richte sich vor allem gegen die Wirtschafts-, Klima- und Energiepolitik der Grünen auf Bundesebene.

Dann schlug er dringlichere Töne an: "Jetzt müssen wir mal über den Ernst der Lage reden". Deutschland befände sich mitten in einem Prozess der Deindustrialisierung. "Da muss die Regierung jetzt schnell handeln", so Merz.

Kanzler-Kandidatur-Frage bleibt offen

Die Energiebelastungen müssten runter, beispielsweise durch Senken der Stromkosten. Außerdem müssten Überstunden von der Einkommenssteuer freigestellt werden. "Wir müssen raus aus diesen ständigen Verboten", meinte er. Man könne mit den Grünen auf der Länderebene offenbar gut zusammenarbeiten, im Bund würden sie sich aber in "Regulierung und Verboten" verlieren. Dagegen müsse man mit marktwirtschaftlichen Anreizen vorgehen.

Eine Frage, wie schon zuvor einige, blieb ebenfalls offen: die Kanzler-Kandidatur-Frage. Er wolle sowohl Verantwortung übernehmen als auch die Bühne für die kommenden Generationen bereiten. "Ich bin bis Ende 2025 hier in diesem Wahlkreis in den Bundestag gewählt", sagte er. Im Spätsommer 2024 werde man die Personalfrage klären.

Verwendete Quellen:

  • ZDF: Sommerinterview mit Friedrich Merz vom 23.07.2023
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

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