• Im ARD-Sommerinterview stellt sich der Spitzenkandidat der Linken, Dietmar Bartsch, den Fragen von Matthias Deiß.
  • Neben Antworten auf die Linken-Fragen-Klassiker zu Bundeswehreinsätzen oder einer Vermögenssteuer äußert sich Bartsch auch zur aktuellen Lage.
  • Seine Ansage: Nein zur Impfpflicht und ein Neuansatz bei der Klimakrise.
Christian Vock
Eine Kritik

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Der Einstieg ist naheliegend: Mit einem "Ein Interview aus dem Studio, denn in Berlin regnet es gerade und über dem Regierungsviertel kreist unüberhörbar sehr, sehr laut der Polizeihubschrauber. Es gibt mehrere verbotene Corona-Demonstrationen, einige dürfen stattfinden. Das ist die Situation in Berlin", begrüßt ARD-Journalist Matthias Deiß seinen Gesprächspartner Dietmar Bartsch von der Linken mit der Erklärung, warum das ARD-Sommerinterview diesmal nicht auf irgendeiner Terrasse stattfindet, und kommt dann ohne Umschweife vom Speziellen zum Allgemeinen: der Corona-Situation in Deutschland.

Bartsch befürwortet die Kontrollen an deutschen Grenzen, denn: "Wenn es eine Testpflicht gibt, dann ist es auch wichtig, dass sie eingehalten wird." Fehlende Kontrollen seien in der Vergangenheit bei Corona-Erlassen ein Problem gewesen, "deshalb ja, es muss auch kontrolliert werden", so Bartsch. Zurückhaltender ist Bartsch bei einer Impflicht, differenziert hier aber: "Eine Impfpflicht zum Beispiel für Masern das finde ich sehr sinnvoll, eine Impfpflicht heute, was Corona betrifft, ausdrücklich nicht."

Bei der Frage nach dem Warum muss Deiß noch einmal nachhaken, ehe Bartsch etwas nebulös antwortet: "Keine Impfpflicht, weil in der jetzigen Situation, wo auch bei den Impfstoffen wir noch gar nicht so weit sind, dass abschließend etwas gesagt wird. Außerdem ist das eine Einschränkung, die in diesem Fall noch meines Erachtens grundgesetzlich kaum durchzuhalten ist."

Wie hält es die Linke mit der Hilfe der Bundeswehr in Katastrophenfällen?

Das zweite aktuelle Thema führt Journalist Deiß lediglich ein, die eigentliche Frage kommt von einem Oberstleutnant a. D. der Bundeswehr, denn für das Sommerinterview konnten wieder Menschen aus ganz Deutschland Fragen an die Interviewpartner stellen. Hans-Jürgen Klein wollte wissen, wie Bartsch den Menschen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz angesichts des jüngsten Hochwassers erklären wolle, dass seine Partei den Einsatz der Bundeswehr bei Katastrophenfällen ablehne. "Dass die Bundeswehr dort geholfen hat, das war richtig, das war vernünftig und auch wir haben dort alle Einsatzkräfte inklusive der Bundeswehr gelobt", antwortet Bartsch zunächst.

Gleichzeitig richtet er den Blick auf die Zukunft: "Ich meine, dass wir die Frage des Katastrophenschutzes in Deutschland neu behandeln müssen." So müsse man angesichts der Klimakrise zum Beispiel über eine spezielle Einsatztruppe nachdenken, "denn wir werden mehrere solcher Katastrophen haben können." Auf die Frage, ob die Linke bei Auslandseinsätzen auch so flexibel sei, antwortet Bartsch: "Dass die Bundeswehr nicht im Inneren eingesetzt wird, das hat bei uns Verfassungsrang und das aus guten Gründen – auch aus historischen Gründen. Deshalb gibt es einen Unterschied: Es ist auch jetzt schon möglich in derartigen Katastrophenfällen, die Bundeswehr einzusetzen."

Kampfeinsätze im Ausland lehne die Linke nach wie vor ab und so kommt Bartsch über Deiß’ Frage nach den Wahlaussichten der Linken zu den möglichen Gründen, warum man die Linke wählen sollte: "Wir sind die einzige Partei, die in großer Klarheit sagt: Wir werden nicht mit Armin Laschet und der Union koalieren." Man werde in den Wahlkampf gehen und deutlich machen, "dass es eben nicht darum geht, wer hat welche B-Note, wer hat wo gelacht, wer hat im Lebenslauf eine Unkorrektheit gehabt. Die zentralen Fragen sind: Wer zahlt die Krise? Wer wird da für sozialen Ausgleich sorgen? Und da ist in Deutschland eine so extreme Schieflage, wo jetzt viele versuchen, im Wahlkampf abzulenken."

Dietmar Bartsch: "Wir sind doch nicht behämmert!"

Um diese Schieflage zu beheben, habe die Linke nach Bartschs Meinung die richtige Antwort: "Das linke Konzept ist das Einzige, was für mehr Staatseinnahmen sorgt. Wenn man die FDP nimmt, da gibt es ein Defizit von fast 90 Milliarden. Bei uns wird es ein Plus geben." Dieses Plus solle unter anderem dadurch entstehen, dass man die Gewinner der Krise belasten wolle, zum Beispiel durch eine einmalige Vermögensabgabe, die "nur 0,7 Prozent der Bevölkerung" treffen werde, erklärt Bartsch und wird dann genereller: "Wir brauchen eine große Steuerreform."

In der solle es auch eine Vermögenssteuer geben, um für finanziellen Ausgleich zwischen Arm und Reich zu sorgen. Dabei möchte Bartsch aber mit einem Missverständnis aufräumen: "Es wird immer unterstellt: Die Linke will eine Vermögenssteuer, um vielleicht Unternehmen kaputt zu machen. Ja natürlich nicht! Wir sind doch nicht behämmert!" Unternehmen seien wichtig, aber eine Vermögenssteuer sorge für sozialen Ausgleich.

Finanzieller Ausgleich ist auch ein wichtiger Punkt bei der Klimakrise. Hier müsse es auf der einen Seite eine Perspektive für die Regionen zum Beispiel beim Kohleausstieg geben. Die Perspektiven sollen aber weitsichtiger sein: "Der Klimawandel ist durch niemanden zu leugnen, der ist da. Ich bin dafür, dass wir andere Perspektiven haben, als nur über Preise, höhere Spritpreise und Ähnliches." Bartsch will sich nicht im Kleinen verlieren, sondern der Klimakrise durch "ordnungspolitische Maßnahmen" begegnen: "Wir müssen endlich mal bei der Klimafrage groß denken!"


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