Mit seinem Vorstoß für eine Kabinettsumbildung hat Markus Söder Freund und Feind überrascht. Von AKK bekommt er vorsichtige Unterstützung. Die CDU-Chefin wirkt allerdings wie eine Getriebene. Und was macht eigentlich Kanzlerin Merkel?

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Die Blicke von CSU-Chef Markus Söder und seinem Generalsekretär Markus Blume sind vielsagend.

Während CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sich bei Fragen zu der von Söder geforderten Kabinettsumbildung windet, können Söder und Blume ein selbstbewusstes Grinsen kaum zurückhalten.

Die CSU-Männer wissen, dass sie die CDU-Chefin bei diesem Thema gerade vor sich her treiben - womöglich so lange, bis diese dem Druck aus Bayern nachgibt.

Schon auf dem Leipziger CDU-Parteitag im vergangenen November stahl Söder als Gastredner Kramp-Karrenbauer ein wenig die Show. So heftig beklatscht wie die Rede des bayerischen Ministerpräsidenten wurde kein anderer Redebeitrag.

AKK: "Zukunftsteam" statt Kabinettsumbildung

Und auch bei ihrem Besuch im Kloster Seeon am Dienstag zeigt sich, dass Kramp-Karrenbauer im Umgang mit dem selbstbewussten CSU-Chef noch nach dem richtigen Rezept sucht. Die CDU-Vorsitzende braucht gleich mehrere Anläufe, bis auch sie auf Nachfragen eine von Söder geforderte Kabinettsumbildung als "eine Möglichkeit" bezeichnet, sich mit Blick auf die Bundestagswahl 2021 als Union neu aufzustellen.

Vollständig nachgeben mag Kramp-Karrenbauer zumindest vorerst aber noch nicht: "Markus Söder hat jetzt von einer Kabinettsumbildung gesprochen, ich spreche von einem Zukunftsteam für die Zukunft, noch offen lassend, wie das aussehen kann."

Das "Zukunftsteam für die Zukunft" will Kramp-Karrenbauer am liebsten zusammen mit ihrem Zukunftsprogramm präsentieren, das allerdings erst bis Ende dieses Jahres erarbeitet werden soll.

Söder dynamisch - AKK zaudernd

Söder dringt da auf mehr Tempo, er will schon in den kommenden Monaten neue Minister installieren und damit der großen Koalition eine "zweite Luft" bescheren.

Hier die zaudernde CDU-Vorsitzende, dort der dynamische CSU-Vorsitzende - das ist der Eindruck, den der Besuch Kramp-Karrenbauers bei den Bundestagsabgeordneten der bayerischen Schwesterpartei vermittelt.

Man könnte meinen, dass Söder der CDU-Vorsitzenden mit seinem Vorstoß die Spur gelegt hat. Klar aber ist: Fahren muss Kramp-Karrenbauer nun selber. Das dürfte sie verstanden haben. Sie muss dabei, bis zur Entscheidung über die Kanzlerkandidatur der Union im Herbst, nur schauen, dass nicht der Eindruck entsteht, sie sei Getriebene und sozusagen Kandidatin von Söders Gnaden.

AKK sieht "gute Zusammenarbeit" trotz fehlender Absprachen

Ein bisschen sieht es wie eine Falle aus, die Kramp-Karrenbauer von der CSU gestellt wurde. Denn Söder hatte seinen Vorstoß nicht mit ihr abgesprochen, trotz aller Schwüre einer harmonischen Zusammenarbeit der beiden seit etwa einem Jahr an der Spitze von CDU und CSU stehenden Politiker.

Auch dieser Umstand der Söder-Offensive lässt die CDU-Vorsitzende schwach aussehen. Sie würden "sehr" miteinander reden, sagt Kramp-Karrenbauer.

Manchmal würden sie das machen, bevor ein Thema in die Öffentlichkeit kommt, manchmal wie in diesem Fall erst danach. "Das tut einer guten Zusammenarbeit keinen Abbruch", glaubt die CDU-Vorsitzende.

Merkel scheint nicht mehr Teil der Überlegungen zu sein

Obwohl die nächste Bundestagswahl regulär erst im Herbst 2021 ansteht und damit an sich noch viel Zeit ist, ist in Berlin und München den Beteiligten klar, dass bald die Weichen für das kommende Jahr gestellt werden müssen.

Der Vorstoß Söders und das - teilweise - Mitziehen von Kramp-Karrenbauer zeigen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei diesen Überlegungen außen vor sein könnte. Denn Merkel hatte sich noch am Montag hinter ihre Minister gestellt.

Um welche Namen es bei dem Wunsch nach Verjüngung des Kabinetts geht, bleibt in Seeon weiter offen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagt dem Bayerischen Rundfunk, "es wäre unfair, wenn man jetzt Namen nennen würde".

Altmaier? Karliczek? Oder doch ein CSU-Minister?

Von den Ministern der CDU werden vor allem Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Bildungsministerin Anja Karliczek von Vertretern ihrer Verantwortungsbereiche kritisiert.

Aber auch an CSU-Ministern gibt es Kritik - allen voran an Verkehrsminister Andreas Scheuer, der sich wegen des Debakels um die Pkw-Maut einem Untersuchungsausschuss stellen muss.

Söders Vorstoß hatte deshalb auch einige Häme über die CSU-Minister ausgelöst, zumal seiner Forderung nach Verjüngung in aller Konsequenz auch der CSU-Bundesinnenminister Horst Seehofer als ältestes Kabinettsmitglied zum Opfer fallen müsste.

Das allerdings könnte ganz im Sinne von Söder sein, die beiden verbindet eine innige Abneigung. In Seeon treten die CSU-Bundesminister kaum in Erscheinung - doch das Thema Kabinettsumbildung dürfte in diesem Jahr nun regelmäßig auf die Tagesordnung kommen. (hub/afp)

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