An Karfreitag sind in Deutschland öffentliche Veranstaltungen weitgehend verboten. Ist das noch zeitgemäß? Wir haben die religionspolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen nach ihrer Meinung gefragt.

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Für die einen ist es eine notwendige Rücksichtnahme auf religiöse Gefühle, für die anderen eine unzulässige Einschränkung der persönlichen Freiheit: Das Tanzverbot an Karfreitag polarisiert. Zwar ist die genaue Ausgestaltung der Verbote am sogenannten "stillen Freitag" von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Grundsätzlich gilt jedoch: In Deutschland sind an diesem Tag laute Musik, Demonstrationen und Veranstaltungen, die nur der Unterhaltung dienen, weitgehend untersagt.

Ist das angesichts größerer religiöser Vielfalt und zunehmender Kirchenaustritte noch zeitgemäß? Wir haben die religionspolitischen Sprecher aller im Bundestag vertretenen Parteien gefragt.

Während die Vertreter von CDU und SPD an den bestehenden Regeln nichts ändern wollen, plädieren Grüne und FDP für mehr Kompromisse. Die Anfragen an die Linkspartei, die AfD und das "Bündnis Sahra Wagenknecht" blieben unbeantwortet.

SPD und CDU für Beibehaltung des Tanzverbots

"Ich lehne die Forderung nach stärkeren Abschwächungen ab", sagt Lars Castellucci von der SPD. "Wenn wir es irgendwann geschafft haben, dass jeder Tag ist wie der andere, werden die Menschen wieder beginnen nach Rhythmus, Einteilung, Pausen, Unterbrechungen und Struktur zu suchen." Der religionspolitische Sprecher seiner Fraktion plädiert daher eindeutig für die Beibehaltung der bestehenden Regeln.

Genauso sieht es Thomas Rachel von der größten Oppositionspartei im Bundestag. "Karfreitag ist, gerade für Protestanten, der wichtigste Feiertag im christlichen Kirchenjahr", sagt der religionspolitische Sprecher der Fraktion von CDU und CSU. "Als stiller Feiertag erinnert er die Christen an den Tod Jesu." Das sei kein Tag der Freude, sagt Rachel. Sein klares Fazit: "Der Respekt vor diesem christlichen Feiertag sollte gewahrt werden."

In einigen Bundesländern hat allerdings längst eine Abschwächung des Tanzverbots stattgefunden. So hat der Hamburger Senat in diesem Jahr beschlossen, dass die Einschränkungen an Karfreitag erst ab 5 Uhr morgens beginnen und um 24 Uhr enden. Zuvor galt die Einschränkung von 2 Uhr morgens am Freitag bis 2 Uhr morgens an Karsamstag. In anderen Bundesländern, etwa Berlin oder Bremen, wird das Tanzverbot ebenfalls weniger streng gehandhabt.

Grünen-Politikerin: "Was nicht stört, soll erlaubt sein"

Für Lamya Kaddor könnte die Abschwächung durchaus noch weitergehen. "Maßstab für Maßnahmen wie ein 'Tanzverbot' kann nur die Rücksichtnahme auf die konkrete religiöse Praxis anderer sein", sagt die religionspolitische Sprecherin der Grünenfraktion. "Alles, was dies nicht stört, soll erlaubt sein." So sollten etwa Veranstaltungen in geschlossenen Räumen grundsätzlich nicht verboten sein, findet Kaddor.

Die Grünen-Politikerin betont, dass "Respekt und Achtung vor stillen religiösen Feiertagen" wichtig sind. "Dieser kann aber angesichts unserer pluralen Gesellschaft nicht absolut gelten." Sie plädiere daher für "eine differenzierte Betrachtung und Lockerung" der Tanzverbote. "Zusätzlich halte ich es für angebracht, dass die Kommunen größeren Spielraum bei der Ausgestaltung der stillen Tage erhalten, um den unterschiedlichen Bedürfnissen verschiedener Bevölkerungsgruppen in den jeweiligen Regionen entgegenkommen zu können."

Zusätzlich zu den Ostertagen gibt es in Deutschland noch einige weitere sogenannte "stille Tage", darunter auch Allerheiligen oder Heiligabend. Neben Karfreitag gibt es aber nur am Volkstrauertag und am Totensonntag deutschlandweite Tanzverbote.

FDP-Politikerin: "Wir brauchen Kompromisslösungen"

Sandra Bubendorfer-Licht von der FDP würde als überzeugte Katholikin persönlich an Karfreitag keine Tanzveranstaltung besuchen, sagt sie. "Eine solche Rücksichtnahme allerdings pauschal und staatlich zu verordnen, ist der falsche Weg", sagt die religionspolitische Sprecherin ihrer Bundestagsfraktion. "Wir brauchen Kompromisslösungen, die Menschen sowohl die ungestörte stille Einkehr ermöglichen als auch ausgelassenes Feiern."

Die FDP-Politikerin verweist auf Hamburg, wo das Tanzverbot auf eine Kernzeit beschränkt wurde. "Das ist ein richtiger Schritt und zugleich ein tragfähiger Kompromiss für beide Seiten", sagt Bubendorfer-Licht, die aus Mühldorf am Inn kommt.

In der bayerischen Heimat der FDP-Politikerin sind die Einschränkungen an Karfreitag übrigens mit die strengsten in Deutschland. Doch selbst hier kriegt das Tanzverbot erste Risse: 14 Münchener Clubs konnten von den Behörden eine Ausnahmegenehmigung erwirken. Jetzt wollen sie in der Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag "Bayerns größte Party gegen das Tanzverbot" feiern.

Verwendete Quellen

  • Schriftliche Anfragen an die Bundestagsabgeordneten Lars Castellucci (SPD), Thomas Rachel (CDU), Lamya Kaddor (Grüne) und Sandra Bubendorf-Licht (FDP)
  • stern.de: Tanzverbot an Karfreitag: Was in welchem Bundesland (nicht) erlaubt ist
  • t-online.de: Diese 14 Clubs planen an Ostern eine "Revolution"
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