• Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger will 4.000 Schulen in Deutschland mit einem Startchancen-Programm unterstützen.
  • Über die Umsetzung hätten Bund und Länder beim Bildungsgipfel in Berlin sprechen können.
  • Die Einladung haben die zuständigen Landesminister von CDU und CSU aber ausgeschlagen.

Mehr aktuelle News

Über 4.000 deutschen Schulen und ihren Lernenden und Lehrenden könnte demnächst ein Geldregen niedergehen. Geht es nach Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), bekommt jede dieser Schulen zehn Jahre lang bis zu 500.000 Euro jährlich: Das Geld soll in Gebäude und Ausstattung, in pädagogische Angebote und in die Schulsozialarbeit fließen. "Startchancen-Programm" nennt Stark-Watzinger ihr Prestigeprojekt. Doch wann der Geldregen kommt und wie ausgiebig er sein wird, ist unklar.

Mit dem Programm will die Bundesregierung vor allem die Chancen von Schülerinnen und Schüler aus benachteiligten Familien stärken. Bessere Aufstiegschancen durch bessere Bildung: Hinter dieses Ziel können sich alle drei Parteien der Ampelkoalition stellen, die bei anderen Themen so häufig in Streit geraten.

Startchancen-Programm: Saskia Esken pocht auf schnelle Umsetzung

Stark-Watzingers Koalitionspartner machen deshalb Druck: Dem Bundesbildungsministerium zufolge soll das Programm im Schuljahr 2024/25 starten. Das sei "viel zu spät", kritisierte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken am Montag. "Wir brauchen eine zügige Umsetzung schon im kommenden Schuljahr, also schon direkt nach den Schulferien." In Deutschland hängen der Bildungserfolg und damit auch die Zukunftsaussichten von jungen Menschen immer noch stark vom Elternhaus ab, sagte die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang. Dieses Prinzip müsse man hinter sich lassen.

Auch die FDP-Ministerin dürfte ein großes Interesse am Erfolg ihres Projekts haben – nicht nur aus inhaltlichen Gründen. "Die Ministerin macht in ihrem Amt bisher keine glückliche Figur", hieß es vor Kurzem in der "Süddeutschen Zeitung" (SZ).

Stark-Watzinger ist bisher öffentlich kaum aufgefallen. Heftige Kritik handelte sich ihr Ministerium ein, weil Studierende und Fachschüler erst monatelang auf die versprochene 200-Euro-Energiepauschale warten mussten – und sie jetzt über ein kompliziertes Online-Verfahren beantragen müssen.

Geld für jede zehnte Schule?

Das Startchancen-Programm solle daher Stark-Watzingers "Befreiungsschlag" werden, schrieb die SZ. Es wäre durchaus ein Projekt mit Symbolcharakter: In ganz Deutschland gibt es dem Statistischen Bundesamt zufolge rund 40.000 allgemein- und berufsbildende Schulen. Vom Startchancen-Programm würde also etwa jede zehnte Schule profitieren. Bisher war es nicht möglich, dass der Bund direkt Geld an Schulen überweist – er musste die Summen an die Länder geben.

Nach den Vorstellungen des Bildungsministerium fließt aber bald eine Milliarde Euro aus dem Bundeshaushalt direkt an die Startchancen-Schulen. Stark-Watzinger hat vorgeschlagen, dass die Bundesländer zusammen eine weitere Milliarde Euro dazulegen. Das wären dann zwei Milliarden Euro insgesamt und eine halbe Million Euro für jede der 4.000 Schulen.

Bildungsgipfel: Viele Absagen für Stark-Watzinger

Das große Aber: Die Macht der Bildungsministerin in dieser Angelenheit ist sehr begrenzt, denn Schulpolitik ist in Deutschland die Aufgabe der Bundesländer. In deren Kultusministerien ist die Lust, bei Stark-Watzingers Plänen mitzumachen, offenbar begrenzt.

Am Dienstag und Mittwoch veranstaltet die Bundesministerin in Berlin einen großen Bildungsgipfel – eine gute Gelegenheit, um über das Startchancen-Programm zu sprechen. Stark-Watzinger will mit dem Gipfel eine "neue Kultur der Zusammenarbeit" zwischen Bund und Ländern ausrufen. "Wir müssen uns jetzt zusammenraufen, schließlich geht es um unsere Kinder und ihre Chancen", sagte sie in einem Interview mit der Bild-Zeitung. SPD-Chefin Saskia Esken erwartet vom Bildungsgipfel gar einen "Startschuss für einen wahren Bildungsaufbruch".

Die Kultusministerinnen und -minister mit CDU- oder CSU-Parteibuch haben die Einladung nach Berlin allerdings ausgeschlagen. Sie schicken zum Gipfel wenn überhaupt ihre Staatssekretäre. Das Bundesbildungsministerium habe einen solchen Gipfel professionell vorbereiten müssen, sagte Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) zu "Table.Media" (Bezahlinhalt): "Weder der Termin noch Format und Inhalte waren mit uns abgesprochen."

CDU spricht von Show-Veranstaltung

"Außerordentlich problematisch" findet FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai dieses Fernbleiben. In der Bildungspolitik sei es entscheidend, dass die unterschiedlichen Ebenen des Staates zusammenarbeiten. "Wenn jemand sich aus parteipolitischen Gründen da heraushalten will, bedauere ich das sehr", sagte Djir-Sarai am Montag.

CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte am Montag zum Bildungsgipfel: "Da hätte man schon einige Dinge zu besprechen gehabt." Aus Sicht der CDU hätten allerdings gar nicht alle Kultusministerinnen und -minister eine Einladung bekommen. "Wir fürchten, dass es sich nur um eine Show-Veranstaltung der Ministerin handelt, die im Land kaum jemand kennt", sagte Czaja.

Die Zeichen stehen damit eher auf Konfrontation als auf Zusammenarbeit. Dabei wäre Letztere im Sinne der Schülerinnen und Schüler wohl dringend nötig: Die Förderbank KfW schätzt, dass Investitionen von rund 45 Milliarden Euro in den Schulen nötig wären.

Verwendete Quellen:

  • bild.de: Bildungsministerin fordert Prämien: Mehr Geld für Top-Lehrer!
  • kfw.de: KfW Research: Mehr als 45 Mrd. EUR Investitionsrückstand in Schulen
  • sueddeutsche.de: Wie viel ist eine Bildungsmilliarde?
  • Statistisches Bundesamt: Schulen
  • Table.Media: Die SWK als "echtes Innovationszentrum" (Bezahlinhalt)
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.