Kurz vor Weihnachten fegt Sturmtief "Zoltan" über Deutschland. Die stärksten Auswirkungen gibt es im Norden. In Köln prüfen Experten derweil einen Tornadoverdacht.
Das Sturmtief "Zoltan" ist weitgehend abgezogen, nachdem es im Norden Deutschlands am Freitagvormittag auf den Straßen und Schienen für viel Unordnung gesorgt hatte. Vor allem Bahnreisende mussten viel Geduld mitbringen, einige Fähren im Norden fuhren nicht, und die U-Bahnen in Hamburg waren langsamer unterwegs.
In Niedersachsen kam es zu Glätteunfällen auf den Straßen, in Köln prüft der Deutsche Wetterdienst (DWD) einen Tornadoverdacht. Todesfälle durch den Sturm gab es in den Niederlanden und Belgien. Die schwere Sturmflut überschritt in Hamburg am späten Vormittag ihren Höchststand.
Wetterdienst prüft Verdacht auf Tornado in Köln
Der DWD prüft, ob es im Kölner Stadtteil Poll einen Tornado gab, wie eine Sprecherin am Freitag mitteilte. Die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen, betonte sie. Es gebe vorerst keine Bestätigung.
In dem Stadtteil war es in der Nacht von Donnerstag auf Freitag zu schweren Unwetterschäden gekommen. Mehrere Medien meldeten, dass Anwohner von einer Windhose berichtet hätten, die durch den Stadtteil gezogen sei. Die Wetterseite "Tornadoliste.de" stufte die Geschehnisse zunächst als "Verdacht" ein.
In Hamburg gab die Polizei schon wenige Stunden nach dem Erreichen des Scheitelpunktes Entwarnung. Die Innenbehörde zeigte sich nach der schweren Sturmflut zufrieden: "Wir waren sehr gut vorbereitet und haben die Lage sehr gut gemeistert", sagte ein Sprecher dazu.
Die Hamburger Feuerwehr sprach am Morgen von 170 sturm- und wasserbedingten Einsätzen ohne Verletzte. Auch in Schleswig-Holstein hatten Polizei und Feuerwehr alle Hände voll zu tun. Sie wurden zu mehr als 670 Einsätzen wegen des Sturmtiefs gerufen.
Geduldsprobe für Bahnreisende - besonders im Fernverkehr
Enorme Auswirkungen des Sturms zeigten sich im Zugverkehr. Viele Reisende kamen nicht vom Fleck, an den Anzeigetafeln in den Bahnhöfen wurden unzählige Zugausfälle aufgelistet. Der Fern- und Nahverkehr war bundesweit beeinträchtigt - der Schwerpunkt lag dabei jedoch im Norden.
Von hier aus fuhren am Vormittag zunächst keine Schnellzüge in Städte wie Hannover, Kassel, Frankfurt, Stuttgart, Basel und München. Am Nachmittag entspannte sich die Lage ein wenig, Sperrungen konnten weitgehend aufgehoben werden. "Mittlerweile verkehren Züge des Fernverkehrs auf der wichtigen Nord-Süd-Strecke zwischen Hannover und Frankfurt und bringen damit eine wichtige Entlastung in die vorweihnachtlichen Verkehre", teilte die Bahn am Nachmittag mit. Auch der Regionalverkehr normalisierte sich demnach.
Für das Wochenende rechnet die Bahn mit einer starken Auslastung der Züge - zu dem ohnehin starken Weihnachtsverkehr kämen nun Reisende hinzu, die ihre Anreise wegen des Sturms in das Wochenende verlegen mussten: "Es wird sicherlich voll", sagte eine Bahn-Sprecherin. Erschwerend kommt hinzu, dass sich laut Bahn weitere Einschränkungen abzeichnen: "Es zeichnet sich ab, dass die Schadensbehebung auf vereinzelten Strecken länger dauert", hieß es in der Mitteilung der Bahn. Auf der Strecke Mannheim-Frankfurt habe es zudem einen schweren Fall von Buntmetalldiebstahl gegeben.
Fischauktionshalle in Hamburg vollständig umspült
Das Wasser der Elbe drückte die schwere Sturmflut an Land und überspülte dabei den Hamburger Fischmarkt und die umliegenden Straßen komplett. Das Wasser stand teils hüfthoch. Da nicht alle Autos rechtzeitig weggefahren wurden, wurden auch sie überspült. In der Nacht waren die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei in der Region unterwegs, um in den noch abgestellten Fahrzeugen im Überschwemmungsgebiet nach Menschen zu suchen.
Aufgrund der Vorhersage für eine schwere Sturmflut hatte die Hamburger Innenbehörde einen zentralen Katastrophenstab eingerichtet. Am Morgen wurde mit Sirenen entlang der Elbe sowie Nachrichten über die Warn-Apps und in den sozialen Medien vor der Sturmflut gewarnt.
Für Schaulustige gab es entlang des Elbufers in Hamburg auf jeden Fall viel zu beobachten - bei durchaus auch sonnigen Momenten. Denn "Zoltan" hatte im Norden eine wilde Wettermischung aus Sturm, blauem Himmel mit Sonnenschein, Graupelschauern und Dauerregen zu bieten.
Hunderte Hamburger und Touristen haben die schwere Sturmflut an der Elbe zu einem vorweihnachtlichen Ausflug an den Fischmarkt genutzt. Entlang der Promenade unterhalb der St.-Pauli-Hafentreppe beobachteten sie, wie noch letzte Autos von den bereits überspülten Parkflächen an der Uferkante gefahren oder geschleppt wurden.
Die Fischauktionshalle war vollständig von den Fluten umspült. In der Großen Elbstraße dahinter, die vor dem großen Fluttor am Fischmarkt liegt, ragten die Bushaltestellenschilder nur noch zur Hälfte aus dem Wasser. Die Elbe reichte bis an die Fassaden der Häuser am Fischmarkt mit ihren zahlreichen Läden und Restaurants.
Innenministerin Faeser wirbt um Respekt für Einsatzkräfte
Bundesinnenministerin
Gerade jetzt wünsche sie sich mehr Respekt und mehr Anerkennung für Polizei- und Rettungskräfte und ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. "Das gilt besonders in diesen Zeiten der oftmals rauen Anfeindungen und Angriffe, die viele von ihnen erleben müssen", teilte die SPD-Politikerin mit.
Belgien: Frau wird auf Weihnachtsmarkt von Tannenbaum erschlagen
Eine schwere Sturmfolge gab es indes in Belgien: Auf einem Weihnachtsmarkt wurde eine Frau von einem etwa 20 Meter hohen Tannenbaum erschlagen. Das Nadelholz habe am Donnerstagabend einer starken Windböe nicht standgehalten, berichtete die Nachrichtenagentur Belga. Der Baum stürzte auf drei Personen, von denen eine wenig später im Krankenhaus an ihren schweren Verletzungen starb. Die Unglücksstelle auf dem Weihnachtsmarkt in der Stadt Oudenaarde wurde nach dem Unfall abgesperrt und untersucht.
In dem heftigen Sturm starb auch eine Frau in den Niederlanden. Die 37-Jährige sei beim Fahrradfahren von einem umfallenden Baum getroffen worden, teilte der Arbeitgeber der Frau, eine Pflegeeinrichtung, am Freitag mit. Der Unfall ereignete sich bereits am Donnerstag in Wilp etwa 100 Kilometer östlich von Amsterdam.
Die Frau arbeitete als Betreuerin in dem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen. Sie war auf einem sogenannten Duo-Fahrrad mit einer Bewohnerin unterwegs, als der Baum umstürzte. Die andere Frau sei bei dem Unfall leicht verletzt worden.
"Zoltan" sorgt weiter für kräftigen Wind
"Zoltan" sorgte am Freitag weiter für kräftigen Wind an der Küste. Am Abend waren laut Deutschem Wetterdienst orkanartige Böen mit mehr als 100 Kilometern pro Stunde möglich. In der zweiten Nachthälfte sollte der Wind etwas abnehmen, am Samstagabend dann wieder kräftiger werden, allerdings nicht mehr so stark wie am Freitag.
Deutsche Bahn rät Reisenden, sich vor Fahrtantritt zu informieren
Für das bevorstehende Weihnachtswochenende empfiehlt die Bahn ihren Fahrgästen, sich vor Antritt ihrer Reise in der Fahrplanauskunft in der App "DB Navigator" oder auf bahn.de zu informieren.
Alle Fahrgäste, die am Freitag oder Samstag ihre geplante Reise wegen des Sturmtiefs verschieben müssen, können ihr Ticket laut Bahn zu einem späteren Zeitpunkt nutzen. Die Zugbindung ist aufgehoben. Das Ticket gelte für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen können kostenlos storniert werden. (Christiane Bosch und Marc Niedzolka, dpa/ank)
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