In England zünden Menschen 5G-Masten an, offenbar weil sie überzeugt sind, dass sie etwas mit der Verbreitung des Coronavirus zu tun haben. Ein falscher Mythos, der jedoch im Netz kräftig befeuert wird. Jetzt soll es angeblich sogar eine Studie dazu geben. CORRECTIV hat recherchiert: Es handelt sich um eine private Publikation, die keine Belege liefert.
Brach das Coronavirus besonders dort schwer aus, wo 5G-Masten vorhanden sind? Seit Wochen wird im Netz behauptet, es gebe einen Zusammenhang zwischen der Pandemie und dem neuen Mobilfunkstandard 5G.
Nun soll es auch eine Studie geben, die das angeblich beweist. In einem Artikel, der hundertfach in Sozialen Netzwerken verbreitet wird, wird sie zitiert. Der Autor sei Biologe und arbeite an der Universität Barcelona, wird dort behauptet.
Die Recherche von CORRECTIV.Faktencheck zeigt jedoch: Weder arbeitet der Mann an dieser Universität, noch sind seine privat publizierten Ausführungen zur Korrelation von 5G und COVID-19 schlüssig.
Der 72-jährige Autor ist Biologe und Maler
Der Name des Autors ist Bartomeu Payeras i Cifre. Er arbeitet nicht an der Universität Barcelona, wie uns eine Pressesprecherin auf Anfrage bestätigte. Es gebe an ihrer Universität auch keine Studie zum Thema 5G und dem Coronavirus.
Tatsächlich ist Payeras wohl Biologe und studierte vor vielen Jahren an der Universität Barcelona. In den 1970ern veröffentlichte er zwei Arbeiten über Bakterien in einem Meerwasser-Hafen von Menorca; weitere wissenschaftliche Arbeiten von ihm konnten wir nicht finden. Auf unsere E-Mail hin antwortete er, er sei 72 Jahre alt. Seine Webseite, auf der er die Publikation zu 5G veröffentlicht hat, beschäftigt sich vor allem mit seiner Arbeit als Maler.
In seinem Text, den er auch auf Englisch veröffentlicht hat, will Payeras eine Korrelation zwischen besonders hohen COVID-19-Fallzahlen und dem Vorkommen von 5G-Netzen belegen. Er vergleicht dafür unter anderem zehn Länder weltweit mit besonders vielen Infektionen und erklärt, alle verfügten über 5G.
Das stimmt jedoch nicht. Die Auflistung von Payeras enthält die USA, Spanien, Italien, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Iran, China, Südkorea und Japan. Nach Angaben zweier verschiedener Online-Karten ("nPerf" und "Speedtest"), die von privaten Unternehmen betrieben werden und die aktuelle weltweite 5G-Abdeckung zeigen, gibt es im Iran bisher kein 5G-Netz. Laut Medienberichten von Februar 2020 werden dort noch die Vorbereitungen dafür getroffen. Und in Japan wurde laut Japan Times erst Ende März 2020 mit der Einrichtung der ersten 5G-Netze begonnen.
Hohe Fallzahlen treten auch in Ländern ohne 5G auf
Payeras argumentiert außerdem, bei direkten Nachbarländern wie Portugal und Spanien oder Italien und Griechenland hätten die Länder mit 5G (hier: Spanien und Italien) angeblich 220 Prozent mehr Corona-Infektionen. Wie er diese Prozentzahl errechnet haben will, bleibt offen. Fest steht aber: Es gibt laut der Karte von "Speedtest" auch 5G in Griechenland und Portugal – zumindest in der Testphase.
CORRECTIV hat bereits in anderen Faktenchecks dargelegt, dass 5G die Todesfälle durch das Coronavirus nicht verursacht. Diese Falschinformation verbreitet sich derzeit weltweit. Die WHO stellte in einem ihrer Myth Buster klar, dass sich Viren weder über Radiowellen, noch über Mobilfunknetze verbreiten. Die Krankheit COVID-19 verbreite sich auch in vielen Ländern, in denen es gar keine 5G-Mobilfunknetze gebe.
Ein Beispiel dafür ist Brasilien: Dort gibt es sehr viele Infektionen, aber nach Angaben der Online-Karten "nPerf" und "Speedtest" sehr wenige 5G-Masten. Die meisten Fälle pro Kopf gibt es in Brasilien laut Daten der New York Times in der Region Amapá im Norden und im Amazonasgebiet im Nordwesten – wo bisher nicht ein 5G-Mast steht.
Auch das Bundesamt für Strahlenschutz weist auf seiner Webseite Berichte über einen Zusammenhang zwischen der Verbreitung des Coronavirus und 5G zurück: "Es gibt keinen wissenschaftlichen Hinweis darauf, dass Mobilfunkstrahlung eine Wirkung auf die Ausbreitung von Viren haben könnte. Dies gilt auch für 5G." Der für den Mobilfunk genutzte Frequenzbereich sei mittlerweile "sehr gut erforscht". Die einzige nachgewiesene Wirkung von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern sei demnach eine Erwärmung des Körpergewebes – und diese sei "gesundheitlich unproblematisch".
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