Nach wochenlangem Stillstand läuft das öffentliche Leben in Deutschland ab diesem Montag langsam wieder an: Bestimmte Geschäfte dürfen öffnen. Das Einkaufserlebnis wird dennoch ein anderes sein. Außerdem kehren die ersten Schüler in die Schulen zurück.
Eine neue Hose, ein neues Buch gegen die Langeweile zu Hause oder ein Geschenk für die Eltern, die man nicht besuchen soll - seit Wochen haben Millionen Menschen darauf gewartet, wieder shoppen zu gehen. Von diesem Montag an ist es wieder so weit: Bund und Länder haben beschlossen, dass kleinere Geschäfte nach der coronabedingten Schließung wieder öffnen dürfen. Doch es gibt vieles zu beachten. Auch in den Schulen geht der Betrieb vorsichtig wieder los.
Welche Geschäfte dürfen wieder öffnen?
Nach dem Beschluss von Bund und Ländern dürfen alle Geschäfte mit einer Ladenfläche von bis zu 800 Quadratmetern wieder aufmachen. Ausgenommen von dieser Einschränkung sind Kfz- und Fahrradhändler und Buchhandlungen - sie dürfen unabhängig von ihrer Größe die Türen öffnen. Ausgestalten müssen das die Länder jeweils selbst, deshalb gibt es Ausnahmen. Kritiker sprechen aufgrund der unterschiedlichen Regelungen von einem Flickenteppich, der Handelsverband Deutschland warnt bereits vor Wettbewerbsverzerrungen.
Wie sehen solche Sonderwege aus?
In Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Niedersachsen zum Beispiel dürfen auch größere Läden aufmachen, wenn sie die Verkaufsfläche auf 800 Quadratmeter begrenzen. Ebenso in Hessen - weil sich laut Landesregierung die Mehrzahl der Nachbarländer für diesen Weg entschieden habe. Solche Einzelhändler müssten die Abtrennung aber "unmissverständlich" durchsetzen. In Brandenburg dürfen auch Geschäfte mit bis zu 800 Quadratmetern öffnen, die in Einkaufszentren liegen.
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Gilt denn der Öffnungstermin für ganz Deutschland?
Nein. Denn die Bundesländer können entscheiden, wie sie den gemeinsamen Beschluss mit der Bundesregierung vom Mittwoch umsetzen. In einigen Bundesländern müssen sich die Verbraucher daher noch gedulden. In Berlin und Brandenburg etwa öffnen die Geschäfte erst am Mittwoch wieder, in Thüringen gehen die Gitter am 27. April wieder hoch. Besonderheiten gibt es auch in Bayern: Dort dürfen am Montag Gärtnereien, Bau- und Gartenmärkte wieder öffnen, die kleineren Läden sowie alle Auto-, Fahrrad- und Buchhändler folgen eine Woche später. Andere Länder wie Nordrhein-Westfalen sind deutlich forscher: Die Landesregierung will bereits im ersten Schritt zusätzlich Möbelhäuser und Babyfachmärkte öffnen lassen. Der Möbelriese Ikea lässt die Türen aber zunächst trotzdem zu.
Welche Einschränkungen sind beim Einkaufen zu erwarten?
Shopper werden sich auf einige Änderungen einstellen müssen, die sie aber schon vom Lebensmittelhandel kennen. Dazu zählen etwa Beschränkungen, wie viele Kunden gleichzeitig sich im Laden aufhalten dürfen. An den Eingängen könnten dafür private Sicherheitsdienste kontrollieren. Schließlich gelten die Kontaktbeschränkungen, die etwa einen Abstand von mindestens 1,50 Metern empfehlen, nach dem Beschluss von Bund und Ländern mindestens bis zum 3. Mai weiter. Zu erwarten ist deshalb, dass Läden mit Klebestreifen auf dem Boden Abstandsmarkierungen anbringen. Da Bund und Länder zudem "dringend" empfohlen haben, in Bus und Bahn sowie beim Einkaufen eine Alltagsmaske zu tragen, dürften im Straßenbild und in Geschäften vermehrt Masken auftauchen. Teils wird das sogar zur Pflicht - auch hier gehen Länder und sogar Kommunen unterschiedlich vor.
Wo müssen Masken getragen werden?
In Sachsen gilt ab Montag eine Tragepflicht in Bussen, Bahnen und Geschäften. Mecklenburg-Vorpommern schreibt einen Mund-Nasen-Schutz ab 27. April in öffentlichen Verkehrsmitteln und Taxis vor. Beide Länder weisen darauf hin, dass es nicht um medizinische Masken geht, sondern um einfache Gesichtsbedeckungen. Es reiche auch ein Tuch. Im thüringischen Jena gilt schon seit Anfang April eine Tragepflicht. Die Stadt war damit bundesweit Vorreiter. Sulz am Neckar in Baden-Württemberg hat am Freitag wegen gestiegener Corona-Zahlen eine Pflicht eingeführt. Wolfsburg kündigte am Samstag an, angesichts der vorsichtigen Öffnung von Geschäften ab Montag das Tragen einer Gesichtsbedeckung vorzuschreiben.
Wieso liegt die Grenze für Ladenöffnungen bei 800 Quadratmetern?
Die Zahl ist vor allem ein Kompromiss. So war zunächst auch eine Öffnung von Geschäften bis zu 400 Quadratmetern im Gespräch, diese Fläche hielten aber einige Ministerpräsidenten für zu gering. Letztlich geht es auch um den Weg zum Laden. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) betont dabei die Rolle großer Geschäfte: Sie wirkten oft als Publikumsmagnete. Doch wegen der geltenden Kontaktbeschränkungen dürfe es in den Innenstädten insgesamt nicht zu voll werden. Die 800 Quadratmeter sind letztlich gar nicht so willkürlich gewählt - denn darüber gelten Geschäfte laut Baurecht als Sonderbauten.
Und wieso dürfen Kfz- und Fahrradhändler sowie Buchhandlungen sogar ungeachtet ihrer Größe aufmachen?
Autohäuser sind kaum mit Modeboutiquen zu vergleichen. Die Laufkundschaft ist in der Regel überschaubar, die ausgestellten Fahrzeuge zudem recht groß - so sind die Abstandsregelungen einfacher zu befolgen. Eine Rolle spielt auch die Bedeutung der Automobilindustrie in Deutschland. Die Branche betont, dass der Verkauf ein wichtiger Faktor sei, um die Produktion anzukurbeln: "Es gibt keine Fertigung ohne Vertrieb", sagte Hildegard Müller, Präsidentin des Branchenverbandes VDA.
Was halten die Unternehmen von der schrittweisen Öffnung?
Zahlreiche Einzelhändler und Ketten begrüßen den Schritt und zeigen sich bereit für den Start. Doch es gibt auch Kritik, vor allem an der frei gegebenen Ladengröße. Gerade in großen Geschäften sei es viel einfacher, die Abstandsregelungen umzusetzen, lautet das Argument. Teils wurden Gerichte wegen der Vorgaben eingeschaltet.
Wie geht es weiter?
Spitzenverbände der Wirtschaft fordern einen klaren Fahrplan für weitere Lockerungen. Vor allem für Branchen wie Hotels, Gaststätten und Tourismus fehle eine Perspektive, wie es weitergehen solle. Die Industrie gibt sich zuversichtlich, dass die nötigen Schutzmaßnahmen etwa bei der Arbeitskleidung oder Gesichtsmasken umgesetzt werden können. Vermutlich wird eine Entscheidung aber noch etwas dauern: Ende April wollen Bundesregierung und Ministerpräsidenten sich erneut zusammenschalten und beraten, wie es weitergeht.
Die ersten Schüler kehren in der neuen Woche in die Schulen zurück - wie konkret wird das aussehen?
Bund und Länder hatten sich zwar darauf geeinigt, dass der Schulbetrieb erst ab 4. Mai schrittweise wieder anläuft. Für Abschlussklassen, die vor den Prüfungen stehen, gibt es aber Ausnahmen: Prüfungen und Prüfungsvorbereitungen dürfen auch jetzt schon in den Schulen stattfinden. Sachsen, Berlin und Brandenburg machen den Anfang und beginnen damit bereits an diesem Montag - Sachsen mit Prüfungsvorbereitungen, Berlin und Brandenburg mit Abiturprüfungen. Andere Länder ziehen wenige Tage später nach, weitere warten bis Anfang Mai.
Die Abschlussklassen in Sachsen etwa bekommen für den Schulstart sogenannte Hygiene-Starterpakete mit Desinfektionsmittel und Schutzmasken. Ganz geschlossen waren die Schulen auch in den vergangenen Wochen nicht überall: Hessen und Rheinland-Pfalz hatten im März wie geplant Abiturprüfungen unter strengen Hygienevorgaben stattfinden lassen. (dpa/hub)
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