Weltweit ist Glyphosat der am meisten eingesetzte Unkrautvernichter. Er gilt als sehr effektiv und deshalb wichtig für die Landwirtschaft. Gleichzeitig steht er im Verdacht, Ursache des Insektensterbens zu sein und Krebs auszulösen. In den USA laufen bereits Klagen gegen den Hersteller Monsanto. Was ist also dran an den Gefahren?

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Das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat wurde 2017 für weitere fünf Jahre in der EU zugelassen. Es wird vor allem auf Nutzflächen gespritzt, zum Beispiel beim Anbau von Getreide, Obst, Gemüse und Wein, und darf im privaten Bereich nur eingeschränkt verwenden werden.

Glyphosat ist ein Totalherbizid. Das bedeutet, es tötet alle Pflanzen, die nicht gentechnisch verändert wurden oder resistent gegen das Mittel sind.

Insektensterben durch Unkrautvernichtung

Für viele konventionelle Bauern gehören Unkrautvernichter zu einer modernen Landwirtschaft, denn sie ermöglichen hohe Erträge und erleichtern die Arbeit. Etwa 40 Prozent der Ackerflächen in Deutschland werden mit Glyphosat behandelt.

Gegner halten das Mittel allerdings für umweltschädlich und machen es für das Bienensterben und den Rückgang von Arten verantwortlich.

"Glyphosat ist systemrelevant für die Art und Weise, wie Landwirtschaft aktuell betrieben wird, und die sorgt dafür, dass die Anzahl und Vielfalt von Insekten und Vögeln zurückgeht," sagt Karl Bär, Referent für Agrarpolitik am Umweltinstitut München im Gespräch mit unserer Redaktion. Denn wo es keine wilde Natur mehr gibt, können auch keine Insekten oder Tiere überleben.

"Mit Glyphosat kann man sehr saubere Felder erzeugen, auf denen außer Getreide nichts mehr wächst. Wenn man aber ein paar Pflanzen oder Blumen dazwischen stehen lassen würde, könnte man Insekten und Vögeln Lebensraum ermöglichen," sagt der Umweltexperte weiter.

Ist Glyphosat verantwortlich für Krebs?

Im Streit um mögliche Gefahren von Glyphosat geht es neben den Umweltaspekten in der öffentlichen Diskussion vor allem um die Frage, ob Glyphosat das Risiko erhöht, an Krebs zu erkranken.

Dieser Punkt ist ausschlaggebend für das Zulassungsverfahren in der EU. "Sobald das Mittel offiziell als krebserregend eingestuft werden würde, müsste es verboten werden, und es gäbe keinen Spielraum mehr für eine politische Entscheidung," erklärt Bär.

Behörden, Institute und Universitäten auf der ganzen Welt prüfen deshalb die gesundheitlichen Risiken von Glyphosat - kommen dabei jedoch zu unterschiedlichen Einschätzungen. Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation WHO etwa stufte Glyphosat im März 2015 als "wahrscheinlich krebserregend für den Menschen" ein.

Andere Einrichtungen wie das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung BfR und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa halten Glyphosat nicht für krebserregend und sehen keinen Grund für ein Zulassungsverbot.

"Aus Sicht des BfR ist Glyphosat bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht krebserregend. Jene Studien, die einen schwachen Zusammenhang nahelegen, sind mit erheblichen Unsicherheiten behaftet und daher von begrenzter Aussagekraft," sagt ein Sprecher des Bundesinstituts für Risikobewertung gegenüber unserer Redaktion.

Klagen gegen US-Hersteller Monsanto

Obwohl die Beweislage nicht eindeutig ist, laufen in den USA etliche Klagen von Landwirten, Gärtnern und Verbrauchern gegen den amerikanischen Unkrautvernichtungsmittel-Hersteller Monsanto und sein glyphosatbasiertes Produkt "Roundup".

Das Unternehmen ist Marktführer und gehört seit letztem Jahr zum Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer. Viele Anwender von "Roundup" entwickelten eine bestimmte Art von Lymphdrüsenkrebs und machen Glyphosat für ihr Leiden verantwortlich.

In ersten Prozessen im vergangenen Sommer wurde Monsanto von US-Gerichten zu Schadenersatzzahlungen verurteilt. Ende März dieses Jahres haben US-Gerichte krebskranken Klägern nun bereits zum zweiten Mal Schadenersatz in Millionenhöhe zugesprochen, tausende weitere Klagen sind noch anhängig.

Geht es auch ohne Glyphosat?

Dass Landwirtschaft auch ohne Glyphosat funktioniert, zeigen ökologische Bauern. Bei der Herstellung von Bio-Lebensmitteln dürfen keine chemisch-synthetischen Pestizide zum Einsatz kommen. Klassisches Pflügen kostet allerdings mehr Geld und Zeit, das schlägt sich wiederum im meist höheren Preis und geringeren Ertrag von Bio-Lebensmitteln nieder.

Auch wer nicht direkt mit Glyphosat in Kontakt kommt, nimmt chemische Stoffe zum Beispiel über konventionelle Lebensmittel oder Kosmetikprodukte auf. Inwieweit dadurch ein gesundheitliches Risiko bestehen könnte, ist wissenschaftlich nicht belegt.

Verwendete Quellen:

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