Die Sozialausgaben steigen und steigen. Viele Politiker fordern deshalb, einige Ausgaben zu kürzen oder zu streichen. Jedoch hat sich ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt in den letzten 30 Jahren kaum verändert.
Die Ausgaben für Sozialleistungen in Deutschland haben sich in den vergangenen 30 Jahren auf rund 1.179 Milliarden Euro fast verdreifacht. Ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist wegen des gleichzeitigen Wirtschaftswachstums aber in weit geringem Ausmaß gestiegen – von 26,3 auf 30,5 Prozent. Das geht aus einer der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Regierungsantwort auf Fragen der Linken im Bundestag hervor.
Rente macht einen großen Teil an den Sozialausgaben aus
So lagen im Jahr 1992 die Ausgaben für Sozialleistungen insgesamt noch bei 448,3 Milliarden Euro. In diesem Sozialbudget sind unter anderem Ausgaben für die Renten-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung enthalten, aber auch Grundsicherung, Entgeltfortzahlung durch Arbeitgeber, Pensionen, betriebliche Altersversorgung oder Riester-Renten.
Die Ausgaben für gesetzliche Altersrenten allein stiegen laut der Regierungsantwort von 86 Milliarden Euro 1992 auf 254 Milliarden Euro 2022. Das entspricht einer Steigerung des Anteils am BIP von 5,1 auf 6,6 Prozent. Die Ausgaben für Hinterbliebenenrenten stiegen in der Zeit von knapp 30 auf 47 Milliarden Euro; ihr Anteil am Inlandsprodukt sank von 1,8 auf 1,2 Prozent.
Der Linke-Rentenexperte Matthias W. Birkwald, der die Anfrage gestellt hatte, betonte, dass die Ausgaben für Renten und Soziales gemessen an ihrem prozentualen Anteil am Bruttoinlandsprodukt in den vergangenen 25 Jahren kaum angestiegen seien. Die Zahlen machten deutlich, "dass die Arbeitgeberverbände und die konservativen und marktradikalen Parteien wie Union, FDP und AfD hier zu Unrecht ein Schreckgespenst an die Wand malen".
"In den vergangenen gut 25 Jahren sind die Ausgaben zwar nominal gestiegen, aber in ihrem Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt sind sie nur leicht gestiegen und teilweise sind sie sogar gesunken", sagte Birkwald. "Ich fordere darum alle Sozialstaatspaniker auf, ihren Alarmismus sofort einzustellen." An die Ampel-Koalition richtete Birkwald den Aufruf, sich auf solche Kampagnen nicht einzulassen. "Stattdessen sollten SPD, FDP und die Grünen den Sozialstaat besser vor seinen Gegnerinnen und Gegnern schützen."
Scholz will nicht an Sozialleistungen sparen
Von den konservativen Parteien wurde auch immer wieder gefordert, Sozialausgaben zu reduzieren, um die Wirtschaft anzukurbeln. Dem widersprach Kanzler
Die Ampel-Regierung steht vor schwierigen Haushaltsverhandlungen für 2025. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte kürzlich ein mehrjähriges Moratorium bei Sozialausgaben und Subventionen angeregt, um mehr Geld in Verteidigung investieren zu können. Führende Wirtschaftsforschungsinstitute senkten ihre Wachstumserwartungen für das laufende Jahr deutlich auf nur noch 0,1 Prozent. Im Herbst waren sie von einem Plus des Bruttoinlandsprodukts für 2024 von 1,3 Prozent ausgegangen.
Scholz betonte, seine Regierung habe ein Gesetz auf den Weg gebracht, "in dem wir stabile Renten für die nächsten Jahrzehnte garantieren". Das sei "eine Botschaft, auf die viele gewartet haben". Dies gelte gerade angesichts dessen, dass sich Rentner jeden Tag anhören müssten, "wie die Union zum Beispiel Renten kürzen will, indem sie das verbrämt hinter der Idee, dass man das Renteneintrittsalter verlängern sollte". Auch Christian Lindner schlug dies jüngst vor.
Scholz fügte an: "Es gefällt mir nicht, dass immer so getan wird, als ob die Rente eine Sozialleistung sei. Das ist etwas, wofür Beiträge gezahlt worden sind." Dies sei auch durch das Grundgesetz geschützt, und zwar mit der Eigentumsgarantie. "Und das ist der Regierung, die ich führe, sehr wichtig."
Angesichts der Konjunkturprognose betonte der Kanzler, es gebe "ja doch eine ganze Reihe von ganz guten Daten, die auch berichtet werden". So gebe es einen Rückgang der Inflation, man werde zudem reale Kaufkraftsteigerungen oberhalb der Inflationsrate haben. (dpa/the)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.