- Leere Obst- und Gemüseregale in Großbritannien.
- Überschwemmungen und Frost in Nordafrika und Spanien haben die Lebensmittelproduktion einbrechen lassen.
- Dazu kommt: Die heimische britische Produktion wurde wegen hoher Energiekosten heruntergefahren.
- Deutschland könnte dadurch noch höhere Lebensmittelpreise bekommen.
Ob nun Salat, Brokkoli, Tomaten, Paprika oder Gurken: Viele Lebensmittelregale im Vereinigten Königreich sind leer. Kunden müssen auf Obst und Gemüse verzichten, sich mit kleinen Mengen und hohen Preisen zufriedengeben.
Und dies in einer Situation, in der die Preise, ähnlich wie in Deutschland, ohnehin schon stark gestiegen sind. Die Ursachen für diesen Lebensmittelmangel sind vielfältig. Einfach zu beheben dürften sie jedoch nicht sein.
Britischer Erzeugerverband rechnet mit anhaltendem Mangel bis Mai
Die Abhängigkeit Großbritanniens von ausländischen Produzenten ist gerade in den Wintermonaten besonders hoch. So importiert das Land von Dezember bis März etwa 95 Prozent der Tomaten, nur fünf Prozent wurden im eigenen Land angebaut. Dies ergeben Zahlen des britischen Handelsverbands "British Retail Consortium", über die der Spiegel berichtet hat.
Der britische Erzeugerverband für Lebensmittel "Lea Valley Growers Association" sieht die Lage mit Blick auf das fehlende Obst und Gemüse kritisch. Vor Mai könnte sich die Situation nicht entspannen, sagte der Verbandsvertreter Lee Stiles der BBC. Die britische Ernährungsministerin Therese Coffey empfahl ihrer Bevölkerung, sich mehr auf heimische Produkte zu konzentrieren. Ihre Aussage, lieber Rüben statt Tomaten zu essen, hat in der britischen Öffentlichkeit für viel Spott gesorgt.
"Die Knappheit von Frischgemüse ist weit verbreitet, das ist keine Spezialität von Großbritannien," sagt Klaus-Jürgen Gern, Wirtschaftsforscher am Institut für Weltwirtschaft Kiel, im Gespräch mit unserer Redaktion. Denn auch hier in Deutschland gibt es derzeit weit höhere Preise für Obst und Gemüse, als dies noch in den letzten Jahren üblich war. Und doch kommen in Großbritannien noch einige Faktoren hinzu, welche die Lage verschärfen.
Schlechtes Wetter und hohe Energiepreise sind Ursache für den Obstmangel
Für die europaweite Mangellage sei zunächst schlechtes Wetter der Hauptgrund, so Gern. "Wichtige Produzenten haben in den vergangenen Wochen unter ungünstigen Wetterbedingungen gelitten, und dies hat die Produktion reduziert." Durch Überschwemmungen und ungewöhnlich niedrigen Temperaturen in Spanien und Nordafrika sei die Ernte wesentlich geringer ausgefallen als in vergangenen Jahren, erklärt der Experte.
Doch es gibt auch britische, heimische Ursachen. Maßgeblich seien die hohen Energiekosten, so Gern. Denn aus diesem Grund sei die britische Eigenproduktion von Obst und Gemüse heruntergefahren worden. Die Gewächshäuser hätten schlichtweg zu hohe Energiekostenrechnungen verursacht. Erschwerend komme hinzu, dass sich so der ohnehin geringe Anteil an Eigenproduktion dieser Lebensmittel in Großbritannien noch einmal verringert habe.
Eine weitere Ursache für diese Mangellage könnte auch in einem anderen Kaufverhalten der Menschen in Großbritannien liegen, vermutet Gern. "Die britischen Konsumenten reagieren sehr sensibel auf höhere Preise. Dadurch haben die heimischen Produzenten keine Möglichkeit gesehen, diese Kosten über den Markt wieder hereinzubekommen und deswegen auf Produktion verzichtet." Auch die britischen Importeure hätten demnach die Mengen reduziert, anstatt zu sehr hohen Preisen große Mengen einzukaufen.
Insellage verschärft das Problem
Inwieweit der Brexit eine unmittelbare Ursache für den aktuellen Mangel ist, darüber gehen in Großbritannien die Meinungen auseinander. Gern weist darauf hin, dass es für die Briten aber nun schwieriger sein könnte, Ersatzproduzenten zu finden. Wegen des geringen Angebots an Lebensmitteln könnten die Briten nun nicht einfach auf andere Lieferanten ausweichen, weil es nicht leicht sei, mit jenen Akteuren neue Verträge zu schließen. Innerhalb des gemeinsamen europäischen Binnenmarktes wäre dies einfacher gewesen.
Hinzu kommt nach Ansicht des Wirtschaftsforschers noch das Problem der Insellage, das sich derzeit auch auf Irland auswirke. "Das könnte der Grund dafür sein, die Lieferanten auf dem Festland zu halten, weil überall die Nachfrage groß ist," sagt Gern vom Kieler Wirtschaftsforschungsinstitut. Denn wenn auf dem Kontinent die Nachfrage ohnehin groß sei, könnten sich die Lieferanten die teure Überfahrt mit Schiffen auf die Inseln sparen.
Hoher Wettbewerb könnte zu noch mehr Preisdruck in Deutschland führen
Die Situation ist in Deutschland zwar noch nicht vergleichbar mit der in Großbritannien, doch der Preisdruck macht sich auch hier seit einiger Zeit bemerkbar. "Wir zahlen hier teilweise das Dreifache für ein Produkt," erklärt Gern.
Doch sei die Form der Rationierung in Deutschland nur eine andere als in Großbritannien. Sie laufe nicht über die Menge, sondern über den Preis. Die Gesamtinflation in Deutschland liegt derzeit bei 8,7 Prozent. Doch die Teuerungsrate nur für Lebensmittel gerechnet lag laut Statistischem Bundesamt im Februar 2023 im Vergleich zum Vorjahresmonat bei dem wesentlich höheren Wert von 21,8 Prozent.
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Das Krisenmanagement der Briten, um ihren Mangel in den Griff zu bekommen, könnte nun auch Auswirkungen für Deutschland haben. Denn die Briten unternähmen nun große Anstrengungen, die leeren Regale zu füllen, sagt Gern. Dazu würden die britischen Importeure nun versuchen, auf dem Großhandelsmarkt Obst- und Gemüseprodukte zu bekommen.
Die Situation vergleicht Wirtschaftsforscher Gern mit der Suche nach Flüssiggas im letzten Jahr. Auch da stieg der Preis erheblich an. Zum Zug kam derjenige, der am Ende am schnellsten war und am meisten bezahlt hat. Dies könnte nun auch mit Blick auf Obst und Gemüse der Fall werden: "Es hilft der Preissituation in Deutschland nicht, wenn so ein großes Land wie Großbritannien nach Angebot sucht."
Verwendete Quellen:
- spiegel.de: Großbritannien: Auch Aldi und Tesco schränken Verkauf von Obst und Gemüse ein
- BBC: Fruit and vegetable shortage could last until May, say growers
- Statistisches Bundesamt: Inflationsrate im Februar 2023
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