Die deutsche Wirtschaft kommt nicht vom Fleck. Die "Wirtschaftsweisen" rechnen damit, dass das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr nur um 0,2 Prozent wächst. Auch im nächsten Jahr ist kein kräftiger Aufschwung in Sicht.
Zumindest in der Theorie sind sich Wirtschaftsminister
Dass Handlungsbedarf besteht, unterstreicht das Frühjahrsgutachten des Sachverständigenrates Wirtschaft, besser bekannt als die "Wirtschaftsweisen". Am Mittwoch haben die Ökonominnen und Ökonomen, die auch die Bundesregierung in wirtschaftspolitischen Fragen beraten, ihre neue Konjunkturprognose für dieses und nächstes Jahr vorgelegt.
Ihre zentrale Botschaft: Eine kräftige Konjunkturerholung lässt weiter auf sich warten. Im laufenden Jahr rechnen die "Wirtschaftsweisen" mit einem Wachstum von 0,2 Prozent. Damit haben sie ihre Einschätzung aus dem vergangenen Herbst nach unten korrigiert. Seinerzeit hatten die Experten ein Wachstum von 0,7 Prozent prognostiziert.
"Die Zahlen sind schlecht", sagte der "Wirtschaftsweise" Martin Werding am Mittwoch auf dem Podium der Bundespressekonferenz.
Konjunktur: Der private Konsum wird zur Stütze
Ab Mitte des Jahres dürfte sich die Konjunktur immerhin stabilisieren. Der private Konsum wird, auch getragen durch Reallohnsteigerungen, zur Stütze. Und: Der Welthandel und die globale Industrieproduktion ziehen an. Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft sind das gute Nachrichten.
2025 – im Jahr der Bundestagswahl – könnte das Wirtschaftswachstum dann bereits bei 0,9 Prozent liegen. Das ist zwar kein robuster Aufschwung, aber immerhin eine Erholung. Die dürfte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Wahlkampf gelegen kommen.
Allerdings bleiben die strukturellen Risiken. Und darauf verwiesen auch die "Wirtschaftsweisen" am Mittwoch. Beispiel Export: Die Unternehmen sehen sich "mit scharfem Wettbewerb, steigenden Arbeitskosten und erhöhten Energiepreisen konfrontiert", sagt Sachverständigenrat-Mitglied Veronika Grimm.
Hinzu kommt "eine abnehmende Dynamik am Arbeitsmarkt", die die VWL-Professorinnen und -Professoren erkennen. Sie halten nüchtern fest: "Die strukturellen Bedingungen am deutschen Arbeitsmarkt haben sich verschlechtert." Das hat vor allem zwei Gründe: Zum einen schreitet der demografische Wandel fort, heißt: Es fehlt an Arbeitskräften. Zum anderen gehen die durchschnittlichen Arbeitszeiten zurück.
Dass dies nicht zu steigender Arbeitslosigkeit führt, hat vor allem damit zu tun, dass die Unternehmen auch in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld auf Entlassungen verzichten. Die Arbeitskräfte fehlen sonst im Aufschwung. Schon heute sei es schwer, offene Stellen zu besetzen, halten die "Wirtschaftsweisen" fest.
Mittelfristig trübt das tendenziell abnehmende Angebot an Arbeitskräften die Wachstumsaussichten der Volkswirtschaft ein.
Haushaltspolitik durch Unsicherheit gekennzeichnet
Auch die Ampel-Koalition gibt wirtschaftspolitisch keine gute Figur ab. Die "Wirtschaftsweisen" diagnostizieren eine "Unsicherheit durch Haushalts- und Wirtschaftspolitik". Die finanzpolitischen Spielräume seien nun geringer als in den Vorjahren, die Fiskalpolitik "restriktiv" ausgerichtet. Was die Ökonominnen und Ökonomen damit meinen: Die Koalition spart in einem konjunkturell schwierigen Umfeld und setzt damit keinen staatlichen Impuls, um die Konjunktur anzukurbeln.
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Dies geschieht vor allem auf Druck der FDP, die an der Schuldenbremse festhalten will. SPD und Grüne würden gerne stärker investieren, die meisten Ökonominnen und Ökonomen sehen das ähnlich. Auch der Sachverständigenrat hatte in der Vergangenheit eine Reform der Schuldenbremse angemahnt.
Inflation sinkt weiter
Immerhin eine halbwegs gute Botschaft hatten die Professorinnen und Professoren auf dem Podium der Bundespressekonferenz aber im Gepäck. Die Inflation wird weiter sinken. In diesem Jahr könnte der Wert bei 2,4 Prozent liegen, im nächsten Jahr dann bei 2,1 Prozent.
Das entspricht in etwa dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB), die Preisstabilität bei zwei Prozent definiert. Allerdings, darauf machte die "Wirtschaftsweise" Ulrike Malmendier aufmerksam, liege die sogenannte Kerninflation noch immer bei drei Prozent.
Dies ist die Teuerungsrate ohne volatile Ausschläge, etwa bei den Energiepreisen. "Ganz über den Berg sind wir also noch nicht", sagte Malmendier.
An diesem Nachmittag war es trotzdem die beste Botschaft, die die Ökonominnen und Ökonomen verkünden konnten.
Verwendete Quelle
- Vorstellung der Konjunkturprognose in der Bundespressekonferenz
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