Jan Böhmermann hat sich und sein "ZDF Magazin Royale" am Freitagabend in die Sommerpause verabschiedet. Ab kommenden Freitag regiert dann König Fußball das Programmgeschehen. Zum Abschied hat sich Böhmermann eine fiktive Dokumentation ausgedacht und wirft einen Blick hinter die Kulissen seiner Satire-Show. Zumindest einen scheinbaren. "Stromberg" lässt grüßen.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Einweg-Vapes, Astrologie, scheinbar harmlose Sportwetten, marode Brücken in Deutschland und immer wieder Nazis – egal, in welcher Form sie daherkommen. Seit 2020 widmet sich Jan Böhmermann in seinem "ZDF Magazin Royale" aktuellen und daueraktuellen Problemen und Skandalen, bereitet sie satirisch auf und bringt damit Leute dort zum Lachen, wo es eigentlich zum Weinen ist.

Manchmal ist Lachen eben die beste Medizin, manchmal und gerade in Satire-Magazinen vermittelt es aber auch nur das Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen, ohne dabei wirklich etwas tun zu müssen. Gesellschaftliche Veränderungen passieren nicht, weil man über das Böse im Fernsehen lacht, sondern weil man mit anpackt und aktiv nach Lösungen sucht. Man muss also schon selbst in die Puschen kommen.

Daher sind Jan Böhmermann und sein "ZDF Magazin Royale" nicht nur satirisches Entertainment zur Gewissensberuhigung, sondern können gleichzeitig auch Aufklärer und im besten Fall noch Impulsgeber für Veränderungen sein. Dass Böhmermann dabei nicht gerade zimperlich ist, gehört zum Geschäft, und zu Böhmermann, dass er in diesem Geschäft keine Angst vor großen Namen hat. Aber wie sieht es eigentlich mit Böhmermann selbst aus? Wie sehr kann Böhmermann über Böhmermann lachen?

"ZDF Magazin Royale": Mockumentary zum Staffel-Ausklang

Am Freitagabend liefert Böhmermann die Antwort auf diese Frage. Zumindest scheint es so. "Zum ersten Mal in der elfjährigen Geschichte der Sendung haben Jan Böhmermann und das Team des 'ZDF Magazin Royale' Journalist:innen einen Blick hinter die Kulissen gewährt", heißt es zu Beginn in einer Einblendung, denn Böhmermann hat sich als Staffel-Ausklang für eine Mockumentary entschieden, für eine fiktive und satirische Dokumentation also.

Ein Kamera-Team begleitet Böhmermann dabei durch seine Woche, zeigt also all das, was passiert, bevor Böhmermann am Freitagabend die Menschen zum Lachen bringt. So sieht man dann Böhmermann, wie er vier Tage vor Showbeginn sein Team begrüßt, eine kleine Ansprache zur Richtung hält und dann zu Mittag isst.

Wie er Tags drauf mit den beiden Journalistinnen spricht, die das ernste Thema der Show recherchieren, wie er mit der Requisite seine Ideen bespricht, wie er der Grafikabteilung "hilft", wie er mit dem verantwortlichen Redakteur des ZDF Rücksprache hält und so weiter, bis er dann am Freitag im Studio Ehrenfeld aufzeichnet. Oder vielmehr: aufzeichnen will.

"Wenn Jan Essen geht, dann kommt er so schnell nicht wieder"

Denn am Ende platzt die Aufzeichnung wegen eines Brandes, den Böhmermann aus Versehen selbst gelegt hat. Eine vergleichsweise mittelmäßige Pointe, aber die Frage war ja nicht, wie lustig die Mockumentary ist, sondern, ob Böhmermann über sich selbst lachen kann. Die Antwort: vielleicht und ja. Vielleicht, denn für einen Beweis, dass Böhmermann über sich selbst lachen kann, müsste der fiktive Böhmermann Ähnlichkeiten mit dem echten Böhmermann haben und da kann der Zuschauer nur spekulieren.

So steht Böhmermann etwa in einer Szene vor der Vitrine seiner Erfolge, zählt die Grimme-Preise auf und behauptet dann: "Aber Preise bedeuten mir im Grunde genommen gar nichts." Von einem Böhmermann mit narzisstischen Zügen ist nichts bekannt, etwas ähnlicher sieht ihm da schon das Bild, das die Executive Producerin des Magazins, Julia Thiel, zeichnet: "Wenn Jan Essen geht, dann kommt er so schnell nicht wieder", sagt Thiel.

Doch während des Essens kommt Böhmermann die Idee, dass er für die Show unbedingt einen riesigen indischen Elefanten braucht. Und so gibt er den Elefanten bei der Requisite in Auftrag, während Thiel gleichzeitig betont: "Ja, so ist es montags. Jan kommt zur Arbeit, dann geht er essen und dann macht er Feierabend." Da kann man sich leicht in dem Eindruck bestätig fühlen, dass der echte Böhmermann irgendwo zwischen Freigeist und Beamtenmentalität zu finden ist. Einer, dem Satire und Mittagessen gleichermaßen wichtig sind.

Jan Böhmermann, der Bernd Stromberg des ZDF

Ob das den wahren Böhmermann trifft, ist Spekulation, aber auch gar nicht so wichtig. Denn nun kommen wir zu der Antwort: Ja, Böhmermann kann sehr wohl über sich selbst lachen. Der Beweis für diese Behauptung ist die Tatsache, dass es diese Mockumentary überhaupt gibt. Das eigentliche Ziel dahinter, so scheint es, ist nämlich nicht, den Zuschauer zum Lachen zu bringen, sondern dem Zuschauer einmal das Team hinter dem "ZDF Magazin Royale" vorzustellen und ihn damit zum Lachen zu bringen.

Das erklärt auch, warum die Ausgabe am Freitagabend ganz im Stil von "Stromberg" gehalten ist, nur dass Bernd Stromberg hier eben Jan Böhmermann heißt. Wenn Tim Wolff, Leitung unseriöse Redaktion (U-Redaktion) beim "ZDF Magazin Royale" am Freitagabend etwa sagt: "Jan denkt, dass Jan ein guter Witze-Erzähler ist. Aber Jan ist … ein Diktator. Es geht immer schlimmer. Putin. Hitler", dann hätten solche Sätze auch bei "Stromberg" fallen können.

Der große Unterschied aber ist: Böhmermann hat kein Ziel, beziehungsweise ein anderes. Während "Stromberg" einer Branche, einer Mentalität, einer Gesellschaft den Spiegel vorhält, sucht man bei Böhmermann vergeblich nach einem Missstand, den er anprangern will. Stattdessen kann man diese Folge als ein einziges Dankeschön an all die Leute verstehen, die hinter dem "ZDF Magazin Royale" stecken. Dass sich Böhmermann für diese Geste zum Bernd Stromberg macht, dem freigeistigen Chaos-Beamten des "ZDF Magazin Royale", lässt dann auch den Schluss zu: Ja, Jan Böhmermann kann über sich selbst lachen. Sehr gut sogar.

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