Andrea Kiewel blies am Sonntagmittag zum letzten Live-"Fernsehgarten" aus Mainz und für den hatte man sich das Motto Oktoberfest ausgesucht. Genauso sah es dann auch aus mit viel bayerischer Pseudo-Folklore und Remmidemmi. Doch nicht nur Zuschauer und Kiewel hatten ihren Spaß, sondern offenbar auch ein paar Herren mit roten Krawatten.

Christian Vock
Eine Kritik
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Oans, zwoa, g’suffa: Der "ZDF-Fernsehgarten" pflegt seinen Motto-Fetisch auch an diesem Sonntagmittag und hat sich dafür das Oktoberfest ausgesucht. Das klingt ziemlich schlüssig, schließlich findet ja tatsächlich dieser Tage in München das Oktoberfest statt. Nicht so schlüssig ist das Motto aber auf den zweiten Blick, denn das Oktoberfest in Mainz zu feiern, während man das Oktoberfest in München feiern könnte – darauf muss man erstmal kommen.

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Aber, das muss man auch erwähnen, damit ist der "Fernsehgarten" nicht alleine. Überall auf der Welt feiert man Oktoberfest – oder das, was man dafür hält. Außerdem hat Moderatorin Andrea Kiewel natürlich nicht vor, ein wirkliches Oktoberfest zu feiern, sondern nur ausgewählte Teile davon. Das Massenbesäufnis und das viele Erbrochene lässt sie zum Beispiel weg.

Nein, Kiewel und der "Fernsehgarten" leihen sich nur das Ambiente und ergänzen das Ganze mit dem, was man so unter Bayern, Gaudi, Feiern und generell unter Unterhaltung versteht. Es ist also mehr oder weniger ein ganz normaler "Fernsehgarten" mit bayerisch-volkstümlichem Party-Anstrich – und mit ein paar Aussetzern. Aber auch das gehört ja zum "Fernsehgarten".

Der "Fernsehgarten" in Schunkel-Mitfeier-und-Mitsing-Stimmung

"Heute ist der 'Fernsehgarten' weißblau, denn heute ist Wiesn-Garten", kündigt der Off-Sprecher an und schon kommt Andrea Kiewel in Anspielung auf den traditionellen Einmarsch der Festwirte auf einem geschmückten Mini-Traktor eingefahren. Mit ein bisschen Wohlwollen und im Vergleich zum Rest des Programms kann man das als den gelungensten Einfall des "Fernsehgarten"-Teams bezeichnen.

Mit dabei hat Kiewel die beiden ZDF-Moderatorinnen Nadine Krüger und Lena Kesting sowie deren Kollegen Florian Weiss, allesamt – so wie viele Zuschauer auch – mit Dirndl und Lederhosen verkleidet. Dazu passend hat man den Lerchenberg weiß-blau eingedeckt und nach einem "Prosit der Gemütlichkeit" verspricht Kiewel: "Und in genau dieser Schunkel-Mitfeier-und-Mitsing-Stimmung bleiben wir jetzt mit der populärsten Oktoberfest-Band der Welt."

Gemeint ist die Band Münchner Zwietracht, die sich daraufhin durch ihre Version von "Those Where the Days" playbackt. Dort heißt es aber "Bald geht die Sonne auf" und weil irgendwer meint, das Lied sei gut angekommen, drückt dieser Irgendwer für eine paarsekündige Zugabe noch einmal auf den Play-Knopf. Der musikalische Auftakt ist also gemacht, fehlt eigentlich nur der alkoholische.

Andrea Kiewel tritt im "Fernsehgarten“ ordentlich ins Fettnäpfchen

Im "Fernsehgarten" kam es zu einem äußerst peinlichen Moment für Andrea Kiewel. Die Moderatorin hatte demnach einiges verpasst ... © ProSiebenSat.1

Stör-Aktion von "Die Partei"?

Für den wird ein Fass Bier gerichtet und mit der Kiewelschen Ankündigung der "größten Blamage des Universums" muss Florian Weiss ebenjenes Fass anstechen. Das macht er dann auch mit zehn Schlägen und von nun an kann es losgehen mit der von Kiewel angedrohten Gaudi. Zu der gehört nach Meinung des "Fernsehgarten"-Teams eine Menge Mitgröl-Musik, ein paar Spielchen und weitere Programmpunkte, die man irgendwie mit Bayern assoziiert. Für mindestens einen Zuschauer gehört aber noch etwas Anderes zum "Fernsehgarten".

Als Andrea Kiewel bei TV-Koch Armin Roßmeier steht, um sich ein paar "Laugen-Leckereien" zeigen zu lassen, betritt plötzlich ein Mann mit roter Krawatte die Szenerie und wendet sich an Kiewel: "Ich kann Ihnen ein gutes Rezept erklären." Doch Kiewel ist verständlicherweise nicht an einem kulinarischen Wissenszuwachs interessiert, zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt und moderiert den Mann aus dem Bild: "Wollen wir das vielleicht nach der Sendung machen?" Der Mann trollt sich, doch damit sollte die Sache noch nicht vorbei sein.

Denn am Ende der Show hört man plötzlich leichten Lärm aus den Zuschauerrängen, woraufhin Kiewel sich an ihr Publikum wendet: "Heute sind hier Zuschauerinnen und Zuschauer mit roten Krawatten, die gehören zu einer Vereinigung, die heißt 'Die Partei'. Und die sind einfach nur hier, um die ganze Zeit zu stören. Und ich finde das ganz traurig und ganz daneben. Und das passt definitiv nicht ins Fernsehen und es passt auch nicht zum 'ZDF Fernsehgarten'."

Andrea Kiewel und Armin Roßmeier bereiteten im "ZDF-Fernsehgarten" Oktoberfest-Speisen zu, als ein Störenfried sie unterbrach. © IMAGO/BOBO/IMAGO

Fingerhakeln für den Weltfrieden?

Nun, sollte es tatsächlich eine gewollte Stör-Aktion gewesen sein, dann passt diese natürlich nicht zum "Fernsehgarten", sonst wäre es ja keine Stör-Aktion. Und sollte "Die Partei" dahinter stecken, dann war es für den Zuschauer – bis auf die Aktion bei Armin Roßmeier – deutlich weniger störend, als Kiewel behauptet, denn man hat davon am Bildschirm eigentlich nichts mitbekommen. Unter all den merkwürdigen Aktionen dieses "Fernsehgartens" wären die Herren mit den roten Krawatten also gar nicht aufgefallen.

Zum Beispiel, als Kiewel ein sehr seltsames Eisstockschießen auf einem Hartplatz initiiert, als sie "In München steht ein Hofbräuhaus" anstimmen lässt, aber niemand den Text kennt, als sie ihren Kameramann mit den Worten bedrängt: "Na, mein Tom. Alle Weiber gucken dich an, weil du so gut aussiehst" oder als sie fantasiert: "Jetzt stellen Sie sich das bitte mal vor: Alle Streitigkeiten dieser Welt würden durch Fingerhakeln geklärt werden – die Welt wäre ein friedlicher Ort." Ja, es sei denn, die Friedfertigen würden verlieren.

Zugegeben, der "ZDF Fernsehgarten" ist keine Veranstaltung, bei der jedes Wort sitzt und zu Ende gedacht wird, sei’s drum. Und so dürften alle Zuschauer ihre Freude an der jüngsten "Fernsehgarten"-Ausgabe gehabt haben, die auf Bierzeltmusik, bayerische Pseudo-Folklore und sonstiges Remmidemmi stehen, dafür aber nicht zum echten Oktoberfest reisen wollten.

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