Eine Pornodarstellerin aus Ansbach und eine genderfluide, pansexuelle Österreicherin gehen bei "Naked Attraction" auf Partnersuche. Völlig nackt natürlich. Was sich spektakulär anhört, wird von Woche zu Woche langweiliger.

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Ja, die Zeiten haben sich wirklich geändert. Im Jahre 1951 sorgte eine fünfsekündige, angedeutete Nacktszene von Hildegard Knef in "Die Sünderin" für einen bundesweiten Skandal, 1976 löste der freizügige Auftritt der damals 15-jährigen Nastassja Kinski im Tatort "Reifezeugnis" heftige Diskussionen aus.

14 Jahre später produzierte die harmlose Erotik-Gameshow "Tutti Frutti" im frisch wiedervereinigten Deutschland monatelang Schlagzeilen und hohe Einschaltquoten.

Und heute? Stellt RTL II Montag für Montag splitternackte Singles in an Schaufenster erinnernde Glaskästen, die Kamera zoomt in Großaufnahmen auf die Körper. Doch das vom jahrelangen Trash-TV abgestumpfte Publikum reagiert nicht empört, sondern zuckt höchstens mal mit den Schultern. Nacktheit im Fernsehen ist in Zeiten von jederzeit verfügbarer Internet-Pornografie schon lange kein Aufreger mehr. Sondern eher belanglos.

Nackt-Dating "Naked Attraction"? Schockt niemanden mehr

Es gibt sogar Kandidaten wie Jeanette aus Ansbach, für die eine Teilnahme an "Naked Attraction" eine seriöse Abwechslung zum viel aufregenderen Alltag zu sein scheint. Vor zwei Jahren schmiss die 29-Jährige nämlich ihren Job als Versicherungskauffrau, um als Pornodarstellerin zu arbeiten.

"Das Spannende an 'Naked Attraction' ist, dass man sich hier kennen lernt, wie Gott einen schuf", erzählt Jeanette. "Aber hier geht es nicht gleich voll zur Sache. Anders als ich es gewohnt bin." Ein banales Nackt-Dating kann diese Frau längst nicht mehr schocken.

Jeanette steht auf breite Schultern, Tattoos und Dreitagebart. Mit diesen Attributen können die drei Männer dienen, die am Ende übrig bleiben. Einer von ihnen erklärt, dass er seinen Bizeps sehr mag, aber seine Oberschenkel nicht so sehr. Weil er den Leg-Day zu oft ausfallen ließ. Das alte Problem also.

"Das Beste an mir ist, dass ich mich nicht großartig rasieren muss", preist der zweite verbliebene Kandidat seine Vorzüge an. Ja, darauf kann er wirklich stolz sein. Der Dritte bezeichnet seinen Hintern als "Kaffeebohne" und scheint das Erotikmodel damit nachhaltig zu beeindrucken.

Am Ende entscheidet Jeanette sich jedenfalls für den Kraftfahrer John, der wie gefühlt 80 Prozent aller Kandidaten aus Berlin kommt. Beim anschließenden Date, das wie immer in Klamotten absolviert wird, verstehen sich die beiden gut.

Als John erklärt, dass er bereits ein Ticket nach Bayern für den nächsten Besuch reserviert hat, wird Jeanette sichtlich nervös, lacht aufgeregt und rutscht verlegen auf dem Sofa hin und her. Dass auch eine Pornodarstellerin in Liebesdingen unsicher werden kann, ist vielleicht die einzige überraschende Erkenntnis des Abends.

Zwei Kandidatinnen mit "Alice im Wunderland"-Tattoo

In der zweiten Runde sucht Alice aus Linz nach der großen Liebe. Die 27-jährige Österreicherin hat knallbunte Haare und Klamotten, jede Menge Tattoos und Piercings und bezeichnet sich selbst als "gender fluid". Mal trägt sie Stöckelschuhe, ein anderes mal einen Bart. Ihre sexuelle Ausrichtung beschreibt sie als pansexuell, also offen für Frauen wie Männer und alles was dazwischen liegt.

Dementsprechend darf Alice dann auch zwischen Frauen und Männern auswählen. Am Ende entscheidet sie sich für Jessica aus - na klar - Berlin. Jessica ist genauso bunt wie Alice, trägt eine ähnliche Brille und hat sogar ein großflächiges "Alice im Wunderland"-Tattoo. Genau wie die Pickerin (so heißen die Teilnehmer bei "Naked Attraction"). Die beiden verstehen sich auch sofort prächtig, da scheinen sich zwei gefunden zu haben.

Was für Alice und Jessica ja auch eine feine Sache ist, den Unterhaltungswert der Sendung aber auch nicht wirklich hebt. Irgendwie drängt sich der Verdacht auf, dass sich die Nacktshow in der dritten Staffel ein wenig abgenutzt hat. Ein Aufreger ist das Format ohnehin nicht mehr. Aber so lange die Quoten stimmen, dürfte das RTL II herzlich egal sein.

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