• Seit 2012 begleitet Christine Theiss Menschen in der Sendung "Leben leicht gemacht - The Biggest Loser" auf ihrem Weg zu einem schlankeren und gesünderen Leben.
  • Kurz vor dem Finale am Sonntag erzählt uns die Camp-Chefin und ehemalige Profi-Kickboxerin im Interview, wie sie mit Kritik an dem Format umgeht und warum sie nichts von sogenannten "Cheat Days" oder "Schummel-Tagen" hält.
  • Außerdem erklärt sie, welchen wichtigen Tipp sie ihren Schützlingen mit auf den Weg gibt, damit sie ihr Gewicht halten.
Ein Interview

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Frau Theiss, seit 2012 begleiten Sie Kandidatinnen und Kandidaten auf ihrem Weg zu einem schlankeren und fitteren Körper. Oft nehmen die Kandidatinnen und Kandidaten beeindruckend viel Gewicht in kurzer Zeit ab. Ist das nicht gefährlich beziehungsweise ungesund?

Christine Theiss: Diese Frage kommt öfter. Eine groß angelegte Studie aus Australien, die im "The Lancet" veröffentlicht wurde, hat sich dieses Themas vor einigen Jahren angenommen, mit dem Ergebnis: Es gibt keinen Unterschied zwischen schneller und langfristiger Gewichtsabnahme, entscheidend ist, dass man sein Leben konsequent und nachhaltig ändert. Oft liegt das Problem darin, dass die Motivation sinkt, sobald man sein Gewichtsziel erreicht hat. Man fängt an zu schludern und leider hat der Körper die Angewohnheit, da hinzugehen, wo er maximal war. Diese Gewichtsabnahmen, die wir in der Sendung erzielen, sind zu Hause gar nicht erreichbar. Wer hat schon so viel Zeit, diese Menge an Sport zu treiben? Deshalb sind diese wöchentlichen Zahlen im Alltag nicht realistisch. Doch im Camp machen wir ja – abgesehen von den Drehtagen - nichts anderes. Wir trainieren und achten auf die Ernährung. Natürlich geht es dann viel schneller. Das ist nicht ungesund, sondern das Ergebnis dessen, dass man voll fokussiert an dieser Aufgabe dran ist.

Nicht jeder kann sein Gewicht nach der Show halten. Warum tappen einige wieder in die Jo-Jo-Falle?

Genauso individuell wie die Gründe, warum die Menschen übergewichtig wurden, sind die Ursachen, warum sie rückfällig werden. Gerade bei Menschen, die schon immer übergewichtig waren, ist es für den Körper schwierig, ein Sättigungsgefühl zu entwickeln und die Leute müssen lernen, auf ihren Körper zu hören. Es gibt viele Gründe, warum Menschen übergewichtig wurden: Das können psychische Ursachen sein oder etwas, das in der Vergangenheit liegt. Daran können wir arbeiten, aber wir können es nicht auslöschen. Unseren Kandidatinnen und Kandidaten hat auch die Corona-Situation zu schaffen gemacht. Aufgebaute Strukturen, etwa regelmäßige Besuche im Fitnessstudio, sind wieder weggefallen. Das hat einigen stark zugesetzt. Die Herausforderung ist, Dinge konsequent umzusetzen und Spaß dabei zu haben. Man kann schlank sein und Freude am Leben und am Essen haben. Diejenigen, die das schaffen, halten ihr Gewicht auch. Im Übrigen sind das öfter Frauen als Männer, warum auch immer.

Was ist beim Abnehmen das Schwierigste für die Kandidatinnen und Kandidaten aus Ihrer Sicht?

Zu Beginn müssen wir den Teilnehmerinnen und Teilnehmern alles vorgeben. Es fühlt sich an, wie einen Hund zum Jagen zu tragen. Wir müssen sagen, wann sie Sport machen sollen, wann sie essen sollen, wir müssen sie antreiben. Das ist immer und jedes Jahr so und die Trainer meinen bei jeder neuen Staffel, es wäre dieses Mal besonders schwer. Aber nein, es ist so, bis sich der Schalter von allein umlegt und sie selbstständig werden. An der Selbstständigkeit und Selbstverantwortung hakt es anfangs. Außerdem erleben wir, dass einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer Probleme mit einer geregelten Struktur haben.

Christine Theiss: "'Cheat Days' finde ich uferlos und sinnlos"

Nach der Show kommt der Alltag: Wie können es die Kandidaten und Kandidatinnen schaffen, ihr Gewicht dauerhaft zu halten? Mit welchen Tipps entlassen Sie Ihre Schützlinge?

Mein wichtigster Tipp ist: Die Kandidatinnen und Kandidaten sollten sich ein kleines Gewichtsfenster von etwa drei Kilo setzen. Innerhalb dieser Range können sie schwanken. Erreichen sie die Obergrenze, sollten sie gegenregulieren. Wenn jemand beispielsweise sein Wohlfühlgewicht von 85 Kilo hat, sollte die Grenze bei 88 Kilo liegen. Schon ab dann sollten die Leute die Zügel wieder anziehen, nicht erst ab zehn Kilo. Der Körper gewöhnt sich an das neue Gewicht und die Schwankungen. So mache ich es schon, seit ich 2013 mit dem Leistungssport aufgehört habe.

Viele Leute schwören auf sogenannte "Cheat Days", also Tage, an denen kulinarisch alles erlaubt ist. Sie selbst meinten in einem Interview aber, kein Fan davon zu sein. Warum nicht?

Das finde ich so uferlos und sinnlos. An so einem Tag, auf den man sich die ganze Woche freut, isst man nur Bullshit. Man zerstört damit an nur einem Tag, was man sich die ganze restliche Woche über vorgenommen hat. Das hat für mich nichts mit Genießen zu tun. Das ist nur Gier und Frust. Jeder kennt das Phänomen: Wenn die Packung Chips erst einmal auf ist, wird sie gegessen. Man hat dann Hunderte nutzlose Kalorien in sich reingeschaufelt und noch dazu ein schlechtes Gewissen. Deshalb kaufe ich so etwas beispielsweise gar nicht erst, denn ich könnte auch nicht aufhören. Dann lieber bewusst genießen und Akzente setzen mit Genuss. Denn ein "Cheat Day" ist ein sinnloses Reinfressen.

Gibt es einen Ernährungstrend oder eine Diät, die Sie tatsächlich empfehlen können?

Was Sinn machen kann, wenn man es bewusst macht, ist das Intervallfasten. Die Zeit, in der man isst, muss man aber mit gesunder Ernährung füllen und man sollte sich in diesen acht Stunden nicht bis zum Bersten voll futtern. Aber tatsächlich ist es recht simpel: Wenn wir abnehmen wollen, müssen wir mehr Kalorien verbrennen, als wir zu uns nehmen. Wenn wir das Gewicht halten wollen, muss es ein Gleichgewicht sein und wollen wir zunehmen, brauchen wir mehr Kalorien, als wir verbrennen. Theoretisch kann man auch mit Schokolade oder Limonaden abnehmen. Das Problem ist, dass der Körper nach einigen Tagen nicht mehr leistungsfähig sein wird und Mangelerscheinungen auftreten werden. Neben diesem Aspekt ist es noch wichtig, den Unterschied zwischen langkettigen und kurzkettigen Kohlehydraten zu kennen. Es geht dabei darum, den Kalorienspeicher mit sinnvollen Kalorien aufzufüllen, die unserem Körper etwas bringen.

Welche Sportarten sind gerade für stark übergewichtige Menschen geeignet, welche eher nicht?

Alle Sportarten, die aufs Knie gehen, sollten stark Übergewichtige erst später angehen. Das gilt auch für Stepper-Übungen oder Joggen. Schwimmen und Aquagymnastik sind gute Methoden, um gelenkschonend abzunehmen. Weit unterschätzt ist auch das Spazierengehen oder Radfahren. Kombiniert werden sollte das Ganze mit Muskelaufbau. Zum einen, um die Gelenke zu entlasten und zum anderen, weil Muskeln permanent Kalorien verbrennen, während Fett nur rumliegt. Bauen die Leute Muskulatur auf, erhöhen sie ihren Grundumsatz. Dementsprechend können sie mehr essen, ohne zuzunehmen, als wenn sie keine Muskulatur haben. Deswegen können Profisportler auch essen wie ein Scheunendrescher.

Wenn man mehr Sport macht, kann man mehr essen: Geht diese Rechnung auf?

Sie müssten sehr schnell laufen, um die Kalorien von einem Schokoriegel zu verbrennen. Das ist ein grundsätzliches Problem: Menschen unterschätzen, wie viel Kalorien sie aufnehmen, gleichzeitig überschätzen sie, wie viel sie verbrauchen. Gerade, wenn man dafür noch kein Gefühl hat, können Fitness-Tracker hilfreich sein. Wenn ich beispielsweise schnell jogge, komme ich auf 600 Kalorien in der Stunde. Ein Schokoriegel hat vermutlich um die 240 Kalorien.

Viele Leute haben den Eindruck, sie ernähren sich gesund, bewegen sich und trotzdem tut sich nichts auf der Waage: Woran kann das Ihrer Ansicht nach liegen?

Das liegt zum einen daran, dass man unterschätzt, wie viel Kalorien man verbrennt und zum anderen unterschlägt man gerne, wie viel man tatsächlich isst. Denn oft sind es eben nicht die drei Mahlzeiten am Tag, sondern hier noch eine Banane, da noch ein Schokoriegel und eine Butterbreze auf dem Weg zur Arbeit. Außerdem kann man sehr viele Kalorien einsparen, indem man Wasser trinkt statt Säfte.

Also sind es die Snacks, die uns unsere Kalorienbilanz verhageln?

Diese Snacks summieren sich auf und sind völlig unnötig. Ich halte damit meinen Körper permanent oben im Verdauungsprozess. Deshalb kann ich nur raten, den Süßkram gar nicht erst einzukaufen.

"Meist kommt Kritik von Menschen, die die Sendung gar nicht schauen"

"Body Positivity" ist gerade auf Social Media ein großes Thema. Es geht darum, den eigenen Körper, die eigenen Rundungen zu akzeptieren, auch, wenn man beispielsweise stark übergewichtig ist. Wie sehen Sie das?

Es ist richtig, Leute nicht an den Pranger zu stellen, egal, welche Figur sie haben. Es geht uns nichts an. Die "Body Positivity"-Bewegung ist eine wichtige und richtige Bewegung. Der andere Aspekt ist der gesundheitliche. Es ist völlig egal, ob jemand eine Größe 36 oder 48 trägt. Das ist reine Geschmackssache. Aber alles darüber hinaus wird gesundheitsgefährdend. Vermeidet man Dinge und Situationen, weil man sie körperlich nicht mehr schafft oder grenzt sich sozial aus, weil man sich unwohl fühlt oder hat man sogar schon körperliche Probleme wie Diabetes, hat man ein Problem. Es geht dann nicht mehr darum, ob man sich mit ein paar Kilos mehr auf den Rippen wohlfühlt. Denn dann sind es nicht mehr "nur ein paar Kilos mehr". Es geht um die seelische und körperliche Gesundheit. Das darf man nicht kleinreden. Unsere Gelenke sind nicht für dieses schwere Übergewicht ausgelegt. Unser steinzeitlich geprägter Körper ist dazu gemacht, für Hungerzeiten gut gerüstet zu sein. Mittlerweile leben wir in einer Welt, an der es an jeder Ecke Essen gibt. Wir haben das falsche Körpermodell für unsere moderne Zeit. Aber wir haben nun mal nur diesen einen Körper. Ich verstehe nicht, was manche Leute ihrem Körper zumuten, auch was das Rauchen und Trinken angeht.

Die Sendung "Leben leicht gemacht - The Biggest Loser" steht immer wieder in der Kritik. Kandidaten und Kandidatinnen würden vorgeführt, so schnelle und radikale Gewichtsabnahmen seien ungesund: Wie gehen Sie mit dieser Kritik an dem Format um?

Ich gehe nicht in Kommentarspalten von Berichten, sehe kein Fernsehen. Nur wenige sagen mir die Kritik direkt ins Gesicht. Meist kommt diese von Menschen, die die Sendung gar nicht schauen. Was soll ich damit anfangen? Ich kann das nicht ernst nehmen. Ich weiß, was mein Team und ich leisten. Wir reißen uns jeden Tag den Hintern für unsere Kandidatinnen und Kandidaten und die Sendung auf. Wir sind eine Show, keine Reha-Klinik und für manche Menschen sind wir der ideale Weg, um abzunehmen und für manche nicht. Jedem von uns liegt es fern, Menschen vorzuführen und ich denke, dass die Zuschauer, das auch sehen. Ich weiß, wie respektvoll vor und hinter der Kamera mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern umgegangen wird. Dementsprechend stelle ich mich mit breitem Kreuz hin und sage: Ja, ich stehe hinter diesem Projekt.

"Leben leicht gemacht - The Biggest Loser": Das Finale sehen Sie am 10. April ab 16:30 Uhr bei Sat.1.
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