"Ein Triumph für das Trash-TV", so oder so ähnlich könnte man die Erfolgsgeschichte von "Köln 50667" in einem Satz zusammenfassen. Im Januar 2013 feierte die tägliche Serie auf RTL2 ihre Premiere. Damals wollte der Sender lediglich an den Erfolg des Schwesterformats "Berlin - Tag und Nacht" anknüpfen. Die Quote der Serie über eine Kölner Clique ist seit dem Start aber auf der Überholspur. Am Mittwochabend wird die 100. Folge ausgestrahlt. Wir haben uns gefragt, was den Reiz der Serie ausmacht?
Sie lieben, sie streiten, sie leiden. Bei "Köln 50667" dreht sich alles nur um eins: das Leben. Laiendarsteller mimen fiktive Charaktere und führen Dialoge nach Drehbuch. Klingt alles recht unspektakulär und wenig innovativ. Doch anders als bei "Gute Zeiten, Schlechte Zeiten" oder "Unter Uns" basteln die Macher von "Köln 50667" eine Wirklichkeit zusammen, die so manche Zuschauer in die Irre führt.
"Köln 50667" erschafft eigene Realität
Es sind Geschichten von befreundeten Jugendlichen, die Zuschauer in der wahren Welt abholen und Erlebnisse, mit denen Fans mitfiebern können. Bei "Köln 50667" und "Berlin - Tag und Nacht" dreht sich alles nur um ein Thema: die inszenierte Realität. Denn bei den beiden Scripted-Doku-Soaps, wie Fernsehmacher das erfolgreiche Genre nennen, werden die Geschichten auch fernab der Ausstrahlungen bei RTL2 munter weitererzählt.
Die Darsteller drehen für die sozialen Netzwerke Videos, bitten die Zuschauer um Rat und lassen ihrem Ärger dort freien Lauf. Über 765.000 Menschen haben die Facebook-Seite von "Köln 50667" bereits mit "Gefällt mir" markiert. Im Durchschnitt "liken" täglich über 7.000 Menschen die Beiträge von Meike, Alex und Diego, einiger der vielen Protagonisten der Sendung.
Und selbst die Zuschauerzahlen können sich sehen lassen. Am vergangenen Montag überholte der Kölner Ableger sensationell das Schwesterformat "Berlin - Tag und Nacht". 13,1 Prozent der werberelevanten Zuschauer schalteten bei den Kölner Freunden und 12,7 Prozent bei den Hauptstädtern ein. Insgesamt handelt es sich um beachtliche Quoten, die RTL2 einfährt.
160.000 Menschen wollen ins Fernsehen
Chancen auf eine Auszeichnung können sich Laiendarstellern von "Köln 50667" und "BTN" allerdings nicht ausrechnen. Vielmehr wirken die gedrehten Szenen wie aus einer Dokumentation, wie direkt aus dem Leben. Wenn der Text mal nicht so sitzt, wie er im Buch steht, wird einfach weitergedreht. Kleine Versprecher gehören einfach dazu. "Köln 50667" ist eher Hobbytheater als Profi-Schauspiel, doch genau das macht den Erfolg aus.
Trotzdem müssen die Mimen für "Köln 50667" ihre reale Identität ablegen. Sie geben Interviews, treten in Nachrichten auf und heißen auch dort Alex, Anna, Chantal und Diego. Sie sind keine Schauspieler, sondern Barbesitzer, Kellner oder Schülerin. Das sie im realen Leben die Namen Ingo, Yvonne, Jessica oder David tragen, findet kaum Erwähnung. Selbst nicht im Abspann oder in den Presseberichten zur Serie.
Wie Felix Wesseler, der Sprecher von Filmpool, auf Anfrage erklärt, caste man täglich bundesweit nach neuen Gesichtern für alle Formate der Kölner Produktionsfirma. Darunter gehören neben "Berlin - Tag und Nacht" und "Köln 50667" auch Sendungen wie "Die Verdachtsfalle", "Familien im Brennpunkt" und "Verklag mich doch!". "Mittlerweile haben wir rund 160.000 Menschen in unserer Kartei. Und natürlich finden wir unter so vielen Menschen immer wieder besonders packende Charaktere", verrät er stolz.
Köln - bunt, frech, anders
Neben der innovativen Art des Erzählens steht auch die Stadt, in der sich die Geschichten abspielen, im Mittelpunkt. Doch warum wurde die Domstadt als Drehlokation gewählt und nicht etwa eine andere Städte wie München oder Frankfurt? Wesseler erklärt auf Anfrage: "Köln ist einfach eine pulsierende, weltoffene, bunte Stadt mit einer sehr lebendigen Gastro-Szene, die wir ja auch in unserem Format erzählen."
Die Produktionsfirma versuche Köln in all seinen Facetten zu zeigen. Mit Erfolg, denn Wesseler weiß: "Wir haben schon von vielen Kölnern gehört, dass sie ihre eigene Stadt selten so schön gesehen haben, wie wir sie in unseren Stimmungsbildern darstellen."
Knapp 120 Arbeitsplätze konnte die Sendung am Standort Köln schaffen. Die Serie sei außerdem eine tolle Werbung für die Domstadt. "Viele Fans reisen schon jetzt nur wegen der Serie hierhin."
Kritik wegen Image-Schadens
Anfang des Jahres erregte "Köln 50667" nach Sendestart noch die Gemüter. Ein Kölner Politiker hielt mit Kritik nicht hinterm Berg. Von Assi-TV und Trash-TV war die Rede. CDU-Fraktionsvorsitzender Winrich Granitzka sagte damals gegenüber "ksta.de", dass das Image Kölns durch die Serie in den "Schmutz gezogen" werde. Die Domstadt habe schon genug Imageprobleme, weil man mit "Bierbikes, Karnevalsexzessen und Junggesellenabschieden in der Altstadt" zu kämpfen habe.
Doch die damalige Kritik - die mittlerweile verflogen scheint - kann Pressesprecher Wesseler abwenden. "Genauso, wie sich einerseits Kölner Politiker über das Format beschwerten, haben sich kurz darauf andere Kölner Politiker, derselben Partei, sehr positiv dazu geäußert." Die Produktionsfirma mache schließlich Unterhaltung und keine Politik.
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