Sie warten auf den Seepferdchen-Walk mit übergroßen Handtaschen auf den Tragflächen eines Elefanten? Keine Angst, der kommt bestimmt noch. Bis dahin müssen die Kandidaten am Donnerstagabend in der zweiten Folge von "Germany's Next Topmodel" selbst für ein bisschen Unterhaltung sorgen. Und das machen sie auch.
"Wir alle verdienen es, Model zu sein", behauptet der GNTM-Werbepartner noch bevor die Show am Donnerstagabend losgeht und er sollte diese Behauptung nach jeder Werbepause erneuern. Das ist natürlich eine reichlich übergriffige Ansage, schließlich kennt uns der Werbepartner ja überhaupt nicht. Vielleicht waren manche von uns ja ganz artig, hatten nie etwas Böses im Sinn. Haben immer aufgegessen, bei der Steuererklärung nicht gelogen und älteren Menschen im Bus einen Platz angeboten. Und die sollen es nun trotzdem verdienen, Model zu sein? Das ist unfair!
Statt zur Strafe Model sein zu müssen, hätten diese Menschen es doch eher verdient,
Hätten die Braven unter uns nicht eher das verdient? Rumzustehen und "leider nein" zu sagen? Und das Beste: Sich dafür auch noch feiern zu lassen. So wie es Bewerber Maximilian am Donnerstagabend macht. Der ist dort ganz aus dem Häuschen, denn die Klum "nimmt sich Zeit", all die Bewerberinnen und Bewerber anzusehen. Wahnsinn. Und das, obwohl das ihr Job ist! Sollten gerade die Rechtschaffenen nicht die gleiche Ehrerbietung genießen? Daher: Gehen Sie doch einfach mal am Montag ins Büro, in die Werkstatt, in die Schule oder wo auch immer Sie arbeiten oder lernen müssen und lassen sich dort feiern. Einfach, weil Sie sich die Zeit genommen haben, zur Arbeit zu kommen.
"Germany's Next Topmodel" jetzt auch mit Prinz
In den ersten beiden Folgen ist die Klum also mit "Leider nein"-Sagen beschäftigt, hat noch gar nicht die Muße für andere Unterhaltungselemente wie das unnötig komplizierte Shooting oder den Plemplem-Walk. Nein, beim Bewerbungsmarathon-Auftakt legt die Klum die Unterhaltung vertrauensvoll in die Hände der Regie, auf dass diese die Kandidaten herausfiltert und zusammenschneidet, die am meisten Unterhaltungspotenzial haben. Dann gucken wir doch mal, was oder vielmehr, wen uns die Regie da am Donnerstagabend vor die Tür gelegt hat.
Zum Beispiel Armin und Dominik aus dem Allgäu. Da hat die Regie sehr schnell reagiert und gleich zwei Geschichten ins Rollen gebracht. Zum einen natürlich eine Gute-Freunde-Nummer, denn die kann ja bekanntlich niemand trennen und wenn doch, dann kann man mindestens eine Folge lang davon erzählen. Zum anderen wird Armin bereits jetzt durch eine gezielte Fragetechnik zum Frauenschwarm erklärt. Da gibt die Idee, diesmal auch Männer mitzunehmen, natürlich nun Spielraum für die eine oder andere Lovestory unter den Kandidaten.
Der Regie gefällt aber auch noch eine andere Geschichte. Die von Marvin. Der kommt zwar aus Bielefeld, hat aber dafür noch ein Ass im Ärmel: Er ist ein waschechter Prinz. Sein Vater ist nämlich in Ghana König eines 15.000-Seelen-Dorfes, führt die Regierungsgeschäfte aber vom Handy im Homeoffice aus. Eine vernünftige Entscheidung, auch im Sinne der Pendlerpauschale. Es ist allerdings zu befürchten, dass die Story, Prinz zu sein, relativ schnell auserzählt ist, Marvin wird man also wahrscheinlich nicht auf dem GNTM-Thron sitzen sehen.
Heidi Klum leiht Kandidatin ihre Schuhe
Anders sieht es bei Livingsten aus. Der ist dermaßen exaltiert, dass es geradezu ein Verbrechen von Klum wäre, den jungen Mann nicht noch ein Stückchen mitzunehmen. Findet übrigens auch Livingsten: "Ein mächtiger Name, den du nicht so schnell vergessen wirst", berichtet er Klum über sich selbst. Dass er so exaltiert ist, ist übrigens auch der Grund für Livingstens Umzug vom Saarland nach Berlin. Egal, wo er aufgetaucht sei: "Alle Augen waren auf mich gerichtet, nur weil ich ein bisschen anders war", erzählt er über seine Zeit im Saarland, was insofern interessant ist, da es den anderen Bundesländern genauso geht, wenn das Saarland irgendwo auftaucht. Da gucken auch alle Länder ganz komisch, nur weil das Saarland ein bisschen anders ist.
Elena ist offenbar auch ein mächtiger Name, den die Klum nicht so schnell vergessen wird, denn die beiden teilen sich etwas: Heidi Klums Schuhe. Elena kommt beim Bewerbungswalk nämlich mit ihren eigenen High Heels nicht zurecht, stolpert nur durch die Gegend. Da demonstriert Klum Volksnähe und gibt Elena ihre eigenen Schuhe, etwas, worauf man bei Olaf Scholz bisher vergeblich wartet. Der will seine Mauken einfach nicht rausrücken. Vielleicht sind die Leute deshalb mit seiner Arbeit so unzufrieden. Geholfen hat Elena der Schuh-Verleih aber auch nicht.
Wesentlich hilfreicher ist da die Atemübung von Kandidatin Ciara. Ihre Kolleginnen sollen vor dem Walk ein- und wieder ausatmen, aber unbedingt gleich lang. "Denn sonst wird euch schwindelig." Gut, dass sie diese Warnung hinterher schiebt, aber Schwindel ist nur das geringste Problem. Atmet man zum Beispiel drei Sekunden ein und nur zwei Sekunden aus, fallen einem die Haare aus. Kein Quatsch. Atmet man hingegen zwei Sekunden ein und fünf Sekunden aus, bekommt man bei Mario Kart eine grüne Schildkröte extra und, ganz heißer Tipp: Wenn man vier Sekunden ein- und elf Sekunden ausatmet, darf man plötzlich im ÖPNV während der Fahrt auch mit dem Fahrer sprechen.
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"Ist das jetzt ein Witz?"
In Fahrt ist auch Kandidatin Lydwine: "Heidi, du laberst Scheiße!", hört man die junge Dame da plötzlich zu Heidi Klum sagen. Ui, ui, ui! Da mag sich mancher an den Stinkefinger-Vorfall aus Staffel vier erinnert fühlen. Aber Entwarnung: Es war nur ein Ausdruck des Erstaunens, dass Klum sie eine Runde weiter gelassen hat, und nicht der Anfang einer Vendetta. Das hatten die von ProSieben nur so geschnitten, damit es bis zur Auflösung der Szene spannend ist. Ein bisschen fies - hat aber funktioniert. Deshalb haben wir das mit der Überschrift in dieser Kritik genauso gemacht. Hat auch funktioniert. Sorry.
Bis hierhin also hat sich die Regie die richtigen Kandidaten und Szenen für eine erfrischende Überbrückung des Bewerbungsmarathons ausgesucht. Allerdings ist die Klum dabei aus Versehen ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen, wie sie behauptet. Sie habe nämlich zu viele Kandidaten weitergelassen, sodass die erste Vor-Ort-Fashion-Show in Berlin überbucht sei. Daher müsse sie noch vor der Show einige Kandidaten doch wieder nach Hause schicken. Ein Schachzug, der bei Kandidatin Marcia nur so halb gut ankommt: "Ist das jetzt ein Witz? Meint sie das ernst?" Die Auflösung: ja und ja.
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