Erst 48 Stunden sind vergangen, seit Prüfgruppe 2 mit Lars, Bea und Lydia in die zu einer gemütlichen Dreier-WG umgebauten Telefonzelle auf einem Parkplatz in Köln-Hürth einziehen musste. Und die Nerven liegen blank. Während Lydia sich weitestgehend darauf beschränkt, so wenig wie möglich zu sprechen, liefern sich Lars und Bea einen ganztägigen Schlagabtausch.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht der Autorin dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Obwohl, wenn man im Herbst dem "Sommerhaus der Stars" beiwohnte und Zeuge wurde, als Sätze wie "Ich bin hier nicht die Fotze, du bist die Fotze!" zur Normalität in der deutschen TV-Unterhaltung wurden, erinnert das Beleidigungs-Niveau bei IBES aktuell eher einer Bibelstunde.

Das schwerste Geschütz von "Prince Charming"-Gewinner Lars Tönsfeuerborn ist ein hysterisches "Du gehst mir langsam auf den Sack". Das ist ein bisschen wie ein Bond-Film mit einem schielenden Robbenbaby als Bösewicht. Apropos Sack: Lars betreibt einen Podcast, der "Schwanz & Ehrlich" heißt. In diesem Kleinod der Audio-Unterhaltung ist sein Co-Host überraschenderweise nicht Nico Schwanz, nein, sondern das Thema des Podcasts ist: schwuler Sex. Das gefällt der AfD nicht so, den Zuschauern aber schon, denn seine Vorliebe für schlüpfrige Themen macht Lars im Tiny-House zum Zotenkönig.

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Dschungelshow 2021: Fiedler und Lars geraten aneinander

Als er beispielsweise daran erinnert, Bea Fiedler keine Zigaretten abgeben zu dürfen, da das ein Regelverstoß wäre, keift die: "Du kannst Dir deine Regeln in den Arsch schieben." Da hat sie aber das "Prince Charming"-Level von Lars unterschätzt, der umgehend klarstellt: "Kein Problem, mache ich gerne."

Insgesamt ist die zweite Gruppe, die von RTL auf Dschungeltauglichkeit durchgeprüft wird, deutlich fokussierter auf Äußerlichkeiten. Und das, obwohl vorher Mike Heiter im Haus war. Bea zum Beispiel feiert immer noch den Prüfungs-Erfolg vom Vortag und erneuert ihre Feststellung: "Wir waren fett im Fernsehen." Klar, Bea hat nicht mehr ganz die Figur wie 1977, als sie Playmate des Monats Juni war, aber als fett würde ich sie nicht unbedingt bezeichnen.

Ich bin allerdings auch keine Expertin in Sachen Frauenkörper, da hat Bea sicher die größere Expertise. Immerhin hat sie in ihrer beeindruckenden Karriere in einigen Klassikern der Filmgeschichte gespielt, darunter Kult-Perlen deutscher Lichtspielkunst wie "Hurra, die Schwedinnen sind da" oder "Die nackten Superhexen vom Rio Amore".

Mit dem Konzept Ressourcenplanung dagegen eher weniger. Innerhalb der ersten 20 Minuten nach Ausgabe der täglichen Tabak-Ration sind bereits alle ihr zugeteilten Zigaretten in einer Art Inhalations-Orgie verpufft und Bea jammert den Rest des Tages über Entzugserscheinungen. Das gezielt von RTL lancierte #Weißweingate trägt dabei natürlich auch nicht zur Deeskalation bei. Bea trinkt seit 12 Jahren keinen Alkohol mehr, die Belohnung der Gruppe für ihre formidable Performance beim Sterne-Erobern besteht aber aus einer Flasche Weißwein.

Dschungelcamp 2021: "Ich bin nicht traurig, ich weine"

Während sich Prince Chardonnay und die eine Blonde mit der Dr. Bob-Besessenheit launisch ein Gläschen nach dem anderen gönnen, lamentiert Bea im Hintergrund über eine "scheiß Ungerechtigkeit". Das stößt auf wenig Verständnis bei ihren Mitbewohnern und auf vollkommene Gleichgültigkeit beim Tabak-Zuteilungsbeauftragten von RTL. Der Dramatik der Situation entsprechend verbringt Bea den Rest des Tages bitterlich heulend im Garten, bis sogar das Empathie-Kompetenzteam Lars/Lydia ein Einsehen hat und Bea beruhigen und wieder resozialisieren möchte.

Die stellt allerdings ungerührt klar, die beiden sollten das Ganze mal nicht so an die große Glocke hängen, denn: „Ich bin nicht traurig, ich weine.“ Ein schöner Satz. Schöner wäre eigentlich nur noch: "Ich habe Dich nicht betrogen, ich hatte Sex mit ein paar Anderen."

Nachdem Bea den entscheidenden Unterschied zwischen Trauer und Heulen ausreichend beleuchtet hat, kommt sie ein wenig ins Plaudern. Anekdote reiht sich an Anekdote und schon wenige Momente später kennen Lars Tönsfeuerborn, Lydia Kelovitz - und als Kollateralschaden auch wir alle zu Hause an den Bildschirmen - die dunkelsten Episoden aus Beas Vita.

Der 33-jährige Sohn, der nicht mehr mit ihr spricht, nur weil sie nach seiner Geburt lieber weiter Filmchen drehen und Strandpartys feiern wollte und ihn darum zu ihren Eltern abgeschoben hat. Oder ihren aktuellen Status als Hartz-IV-Empfängerin, nachdem sie ihr mühsam zusammengenackedeites Vermögen in wilden Party-Jahren auf Ibiza durchgebracht hatte.

Ihr Finanzstatus scheint etwas lädiert, aber wenigstens ist sie optisch noch eine Granate. Findet zumindest sie: "Ich bin 63, aber Ich sehe aus wie 48. Maximal." Ach ja? Mal überlegen. 48 sind aktuell zum Beispiel Cameron Diaz oder Gwyneth Paltrow. Bei näherer Betrachtung muss man da natürlich feststellen: Ja. Stimmt. Zwischen Bea und Diaz oder Paltrow ist optisch mit bloßem Auge kein Unterschied festzustellen.

Lars nennt Bea "Schabracken-Tapir"

An dieser Stelle pausiere ich diese Kolumne kurz für eine Werbeunterbrechung: Ich habe als Gratis-Service-Leistung für Sie heute einen gleichsam spektakulären wie garantiert einträglichen Finanztipp: Sollte Bea das Trainingslager-Camp als Siegerin verlassen und neben dem Goldenen Ticket vor allem auch die 50.000 Euro abgreifen, legen Sie bitte umgehend ihr gesamtes Vermögen in Aktien von Menthol-Zigaretten-Herstellern an.

Trotz des emotionalen Seelenstriptease von Bea kann Lars ihr ihre trotzige "Alles ist scheiße, aber ihr besonders"-Attitüde nicht verzeihen und nennt sie fortan nur noch "Schabracken-Tapir". Überraschend kommt es nicht, dass sich Prince Charming ausgerechnet mit Tapiren so gut auszukennen scheint. Immerhin ist der putzige Unpaarhufer das einzige Säugetier, das seinen Schwanz im Gesicht trägt. Und wie heißt nochmal der Podcast, den Lars … ach egal, anderes Thema.

Das sorgt natürlich auch bei "Eis am Stiel"-Ikone Bea nicht für Entspannung. Im Gegenteil. Für sie ist Lars jemand, dem "man links und rechts eine reinhauen möchte, dem Arschlochgesicht". Zur Verdeutlichung ihrer Antipathie kreiert sie anschließend versehentlich auch noch den Begriff "Larsch", halb Arsch, halb Lars. Larsch – eine Vokabel, die die deutsche Sprache heute erstmals betreten hat. Eine tolle Vokabel, denn Larsch klingt ein bisschen wie ein sehr billiges Parfum einer Discounter-Kette, die ihrem Duft mittels eines französisch klingenden Namens einen Hauch von Glamour und Luxus verleihen möchte: Kaufen Sie das neue "L´Eau de L´Arsch". Pour Homme.

Lydia putscht sich auf Wettkampfmodus

Damit sich am Ende des Tages nicht der Eindruck verfestigt, sie könne womöglich nicht sprechen, puscht sich Lydia irgendwann doch noch auf Wettkampfmodus und besinnt sich auf ihren Master-Plan: Eine Romanze mit Dr. Bob anleiern. Immerhin ist Prince Damien im vergangenen Jahr nach einer tagelangen, hemmungslosen Flirt-Offensive auf wehrlose Ranger als Dschungelkönig aus dem australischen Busch nach Hause zurückgekehrt. Diese Taktik muss sich doch adaptieren lassen!

Beschwingt von der Überzeugung, für sie und Dr. Bob würden schon kurz nach Staffelende die Hochzeitsglocken läuten, verrät Lydia: "Dr. Bob sieht so gut aus! Wir würden perfekt zusammenpassen, er kann ja auch gut mit Schlangen umgehen." Mario Barth würde an dieser Stelle sagen: "Schlangen? Also dann ist wohl eher Lars was für ihn." Kennta? Kennta?

Diese Chance, ihr lädiertes Pöbel-Image als verständnisvolle, selbstlose Ratgeberin aufzubessern, lässt sich Bea nicht entgehen. Liebevoll wie eine Mutter offenbart sie der gerührten Lydia: "Du siehst bildschön aus, Du musst nur mit deiner Schönheit spielen." Moment. 48 Jahre? Lydia bildschön? Damit ist wohl der wissenschaftliche Beweis erbracht, dass das Rauchen von Menthol-Zigaretten blind macht.

Bildschön oder nicht, auf Lydias hormongeschwenkter Libido ist das Gesicht von Dr. Bob tätowiert. Es ist aber auch gemein. Da steckt RTL die Bewerber auf engsten Raum mit nur einem Bett in einen Bunga-Bungalow, und dann hat man niemanden zum Schnackseln.

Lydia will weiterhin "Dr. Bob flachlegen"

Nachdem Lydia auch am zweiten Tag von ihrer Mission "Dr. Bob flachlegen" nicht abzubringen ist und sich ihr Begattungs-Wunsch mittlerweile zu einer ausgewachsenen Besessenheit entwickelt hat, bleibt eigentlich nur eine Frage: Hat Dr. Bob für seinen Rückflug nach Australien eigentlich ein Flex-Ticket? Hashtag: Lydiageddon – Flucht aus der Sexfalle. Was übrigens kein Titel aus der umfangreichen Filmographie von Bea Fiedler ist.

Nach einigen Tagen, die man ohne Zigaretten, ohne Handy, ohne Fernseher und ohne jedwede Entertainment-Option in einem 18-Quadratmeter-Schrank eingepfercht ist, beginnt üblicherweise eine Phase, die von Trash-TV-Redakteuren landläufig gerne als "Lagerkoller" bezeichnet wird. In dieser extrem fragilen Gemütslage reagieren Kandidaten auf unterschiedlichste Weise.

Bea zum Beispiel beginnt, sich an den Kleinigkeiten des Alltags zu euphorisieren. Da wird auch schon mal ein gelungener Stuhlgang gefeiert: "Hurra, ich habe ein Ei gelegt." Wie bei einer Zweijährigen, die zum ersten Mal nicht in die Windel gemacht hat, klatschen die stolzen Eltern (Papa Lars und Mama Lydia) begeistert Beifall. Beinahe wundert man sich, dass nicht auch noch Latrine Wittler zu einem Überraschungsbesuch einmarschiert und eine hübsche Vitrine baut, damit Beas Kunstwerk auch für die Nachwelt erhalten bleibt.

Während sich im Mini-Haus also über einen gelungenen Stoffwechsel gefreut wird, als hätte man gerade eine Pizza erfunden, von deren Verzehr man abnimmt, rettet sich RTL in eine Werbepause. Einer der Verbrauchertipps für Menschen, die Produkte kaufen, weil deren Hersteller fünfstellige Beträge für 20 Sekunden Werbezeit während der Dschungelshow bezahlen, betrifft ein neues Magazin für Frauen ab 50.

Danke, RTL, denn den Rest der Nacht mache ich mir jetzt Sorgen, für wie alt RTL mich wohl hält. Und seine Zielgruppe insgesamt. Die müssen ja alle noch deutlich älter als Bea sein, denn die ist ja erst 48.

Lydia kann 15 Minuten lang nicht über Dr. Bob sprechen

In der über weite Strecken traurig anzusehenden Eignungsprüfung laden Sonja Zietlow und Daniel Hartwich die Feiergruppe Stuhlgang dieses Mal zu dem beliebten Prüfungs-Klassiker: Parcours. Der blinde Lars steuert einen Trecker auf Anweisungen der tauben Bea, die ihre Hinweise auf den Streckenverlauf von der stummen Lydia erhält.

Um es kurz zu machen: Das einzig Angenehme am Auftritt auf der Hürther Rennstrecke ist, dass Lydia mal für eine Viertelstunde nichts über Dr. Bob sagen kann. Der Rest ist Geschichte. Die Geschichte der untalentiertesten Navigationstruppe der Welt.

Dabei kennt das Spiel inzwischen jeder. Es gehört zum Kult-Potenzial einer ganzen Trash-TV-Generation und wird gerne auch von Schwestern-Formaten wie "Sommerhaus der Stars" entliehen. Das Spiel ist so populär, es würde mich nicht wundern, wenn der nächste Bachelor das Ticket für sein erstes Übernachtungs-Date auch im Blindfisch-Parcours ausspielen lässt.

In der peinlichsten Prüfung aller Zeiten schaffen die drei Navigations-Koryphäen etwa 30 von 300 Metern und null Sterne, werden dafür aber wenigstens mit 500 Litern Ekelbrühe überschüttet. Schlechter hätte es eigentlich nur noch laufen können, wenn Lars einfach blind Vollgas gegeben, Zietlow und Hartwich angefahren und mit mehrfachen multiplen Frakturen ins Krankenhaus geschickt hätte. Dann würden nämlich ab morgen Nazan Eckes und Oliver Geissen weitermoderieren, und das wäre echt schlimmer als jeder Stuhlgang von Bea.

Zum Glück bleibt uns das erspart. Was stattdessen morgen passiert, das werde ich an genau dieser Stelle für Sie dokumentieren. Bis morgen!

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