Seit mehr als 500 Tagen geht Wigald Boning jeden Tag unter freiem Himmel baden, egal ob es schneit oder die Temperaturen im Minusbereich liegen. Im Interview spricht der Komiker über sein Bade-Projekt und verrät, aus welchen Gründen er die Badehose an den Nagel hängen würde.

Ein Interview

Der Wintereinbruch am vergangenen Wochenende brachte das öffentliche Leben in Bayern zeitweise fast zum Erliegen. Die Schneemassen konnten Wigald Boning aber nicht davon abhalten, eine Runde im Ammersee zu schwimmen.

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Seit mehr als 500 Tagen badet der 56 Jahre alte Komiker Tag für Tag in einem See, Fluss oder Tümpel unter freiem Himmel. Über seine Erfahrungen hat er ein Buch geschrieben, im Interview mit unserer Redaktion spricht er über Glücksgefühle beim Eisbaden und eine besondere Begegnung im Forggensee.

Herr Boning, am Tag unseres Interviews steht Ihr 521. Badetag in Folge an. Waren Sie schon schwimmen?

Wigald Boning: Nein, noch nicht. Das wird gegen Mittag passieren. Meine Frau hat in Gauting etwas zu tun. Ich fahre sie hin und dann springe ich dort in die Würm. Das ist die Planung.

Am vergangenen Samstag hat aufgrund des enormen Schneefalls der Flughafen München den Betrieb eingestellt, das Bundesliga-Spiel des FC Bayern München ist ausgefallen. Sie sind trotzdem im eiskalten Ammersee schwimmen gegangen. Hat es Sie sehr viel Überwindung gekostet?

Nein, überhaupt nicht! Im Wasser verändert sich durch die Wetterverhältnisse nicht viel. Der Ammersee hat wie die meisten Gewässer weiterhin noch keine Eisdecke. Und im Wasser gibt es ja auch keine Schneefracht, die einem das Fortkommen erschwert.

Sie haben Ihr ursprüngliches Ziel, ein Jahr lang jeden Tag unter freiem Himmel baden zu gehen, längst übertroffen. Wie viele Badetage sollen noch hinzukommen und was muss passieren, damit die Serie reißt?

Ich mache so lange weiter, wie nichts Wichtiges dagegen steht. Ich bin da zeitlich völlig offen. Es kann diese Woche passieren, dass ich aufhöre. Oder in 15 Jahren. Gründe, um damit aufzuhören, wären zum Beispiel ein offener Bruch oder eine schwere Operation. Oder Dreharbeiten in der Wüste. Oder keine Lust mehr. Das wäre ein Grund, sofort die Badehose an den Nagel zu hängen.

Aber aktuell deutet nichts darauf hin, dass Ihre Motivation nachlässt?

Nein, momentan nicht. Jetzt wird es ja gerade spannend, das kenne ich schon aus dem letzten Winter. Da temperaturtechnisch bald die Talsohle erreicht ist, kann man dann mal gucken, ob man Lust hat, die Strecken etwas zu verlängern oder Grenzen auszutesten. Und wenn nicht, dann ist es auch gut. Dann gehe ich rein, komme nach ein paar Minuten wieder raus und freue mich des Lebens.

"Beim Baden gibt es keinerlei Ranglisten"

Beim Laufen spricht man von einer "Running-Streak", wenn man es schafft, über einen längeren Zeitraum jeden Tag mindestens 1,6 Kilometer zu laufen. Kennen Sie irgendjemanden, der versucht hat wie Sie eine "Bade-Streak" aufrechtzuerhalten?

Nicht täglich draußen, das ist ja das Interessante! Streaker im Laufbereich kenne ich einige und ich habe das auch selbst schon probiert. Meine längste Streak waren 309 Tage. Damit habe ich noch nicht mal die Eingangsvoraussetzungen für die Mitgliedschaft in der "United States Running Streak Association" erfüllt (lacht). Dafür muss man ein Jahr durchgelaufen sein und das nachweisen können. Dann wird man Mitglied und kann dort ein Streak-Profil anlegen. Dass es mir nun beim Schwimmen, oder beim Baden, um präziser zu sein, gelingt, finde ich sehr erstaunlich! Aber beim Baden gibt es auch keinerlei Ranglisten. Man weiß auch nicht, wer so etwas mal über längere Zeit durchgeführt hat.

Der Titel Ihres Buches lautet "Herr Boning geht baden: Ein Jahr, 365 Badetage und was ich dabei über Schwimmen, Leben und tolle Hechte lernte". Was kann man beim Schwimmen übers Leben lernen?

Demut in erster Linie. Für kaltes Wasser ist der Mensch nicht so wirklich gemacht. Das merkt man nach wenigen Minuten schon, dann fängt es an zu schmerzen. Das ist doch erstaunlich, weil Wasser auf der anderen Seite völlig unverzichtbar ist. Wir wissen, dass wir ohne Wasser nicht leben können. Aber wenn man uns dann bei einer geringfügig anderen Temperatur reinsetzt, dann kommt schnell Zeter und Mordio.

In den vergangenen Wochen wurden Sie immer wieder von Journalistinnen und Journalisten begleitet, manche sind sogar mit Ihnen schwimmen gegangen. Überrascht es Sie, dass das Interesse an ihrem Bade-Projekt so groß ist?

Ein bisschen schon. Ich kann es mir auch nicht so richtig erklären. Aber das macht nichts. Ich nehme es mit Wohlwollen zur Kenntnis (lacht).

Auf ihrem Instagram-Account posten Sie immer wieder Bilder von Menschen, die Eisbaden waren und Sie auf Ihren Fotos verlinkt haben. Gibt es viele Nachahmerinnen und Nachahmer?

Nachahmer würde ich nicht sagen. Ich scheine viele Leute inspiriert zu haben. Ich bin mittlerweile etwas vorsichtig geworden, denn wenn ich solche Bilder verlinke, denken die Instagram-User manchmal, dass ich das sei. Und das verstört mich dann (lacht). Weil ich doch denke, völlig anders auszusehen als der vollbärtige 25-Jährige oder die Blondine im Neon-Badeanzug. Dann denken die immer: "Oh, der Boning ist wieder unterwegs!". Und ich denke mir: "Nein, ich habe doch gar keinen Neon-Badeanzug."

Welche Tipps würden Sie Menschen geben, die zum ersten Mal Eisbaden gehen?

Grundsätzlich ist es sinnvoll, in der wärmeren Jahreszeit oder im Herbst anzufangen und den Körper in kleinen Schritten daran zu gewöhnen. Man kann das jetzt natürlich auch machen, aber das würde ich in keinem Fall unbegleitet tun. Man sollte im Wasser stehen können, eine Schwimmboje ist als Sicherheitsmaßnahme auch sinnvoll. Das Wichtigste ist aber, dass man nicht ganz alleine geht. Es macht auch mehr Spaß zu zweit.

Spaß ist ein gutes Stichwort. Macht Eisbaden glücklich?

Theoretisch wird dabei ein gewaltiger Hormon-Cocktail ausgeschüttet, mit dem, was man landläufig Glückshormone nennt. Ich halte mich da immer für ein bisschen unsensibel, was chemische Feinsubstanzen angeht, die in meinem Körper plötzlich ausgeschüttet werden. Aber auf jeden Fall festzuhalten ist, dass man sich niemals wacher fühlt, als nach wenigen Minuten im kalten Wasser. Das ist tatsächlich so. Ich bin ein großer Kaffee-Trinker, ich meine mich mit so etwas auszukennen. Wacher als nach dem Eisbaden geht gar nicht.

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"Spektakuläre Badeplätze mag ich sehr gern"

Haben Sie einen Überblick, in wie vielen verschiedenen Gewässern Sie geschwommen sind?

Aktuell nicht, aber ich denke, es müssten so zwischen 100 und 130 sein. Als das Buch fertig war, also nach einem Jahr, waren es 90. Vielleicht müsste ich mal wieder durchzählen.

Wo war es am Schönsten?

Spektakuläre Badeplätze mag ich sehr gern. Die Themse in London an so einem speziellen Tag wie dem Krönungstag von König Charles III., das war toll. Ich komme immer wieder gerne in den Ammersee zurück. Die Bergseen im Zillertal, klares Wasser im Sommer, wenn da noch Schneereste drin sind, das ist natürlich auch sehr, sehr schön. Und wenn ich zu Hause meine Mama besuche, die Hunte in Oldenburg, da bin ich auch immer wieder gerne.

Gibt es ein Gewässer, in dem Sie unbedingt noch schwimmen möchten?

Oh, da gibt es ganz viele. Die namhaften Flüsse in Deutschland würde ich am liebsten alle beschwimmen.

Was war das Verrückteste, was Ihnen bei Ihren Bade-Abenteuern passiert ist?

Außergewöhnlich war sicherlich die Begegnung mit einer Ringelnatter im Forggensee im Sommer. Weil ich zuerst den Kopf, der von der Ringelnatter beim Schwimmen ausgereckt wird, überhaupt nicht einordnen konnte. Ich dachte mir: "Was ist das denn für eine kleine Ente ohne Schnabel? Wie seltsam." Es dauerte lange, bis ich begriffen habe, dass das eine schwimmende Schlange ist. An der Stelle konnte ich stehen. Ich stellte mich hin, sie erschrak sich und schwamm von mir weg. Was vielleicht auch ganz günstig war.

Was war schwieriger: Jede Woche einen Marathon laufen oder jeden Tag baden zu gehen?

Körperlich war der wöchentliche Marathon schwerer, weil ich immer körperliche Zipperlein mit mir rumschleppen musste. Der Körper hat dann ja nie Zeit, sich völlig auszukurieren, was so orthopädische Kleinigkeiten angeht. Das ist beim Schwimmen natürlich ganz anders. Das ist orthopädisch wunderbar entlastend. Zipperlein habe ich gar keine, meine Kalkschulter habe ich auskuriert. Das ist der große Vorteil des Schwimmens gegenüber dem Laufen.

Sie haben sowohl über ihr Marathon-Projekt als auch über das Bade-Projekt ein Buch geschrieben. Was machen Sie als Nächstes?

Irgendetwas mit dem Fahrrad wäre natürlich naheliegend. Aber im Gegensatz zur einigermaßen überschaubaren Bade-Literatur gibt es schon verteufelt viele Fahrradbücher. Es gibt ganze Buchverlage, die Fahrradbücher rausbringen. Da müsste ich erstmal eine Idee haben, die wirklich speziell ist. Die fehlt mir im Moment aber noch.

In einem Video haben Sie kürzlich über eine mögliche Nacktwanderung durch die Schweiz gesprochen. Wäre das eine Option?

Eine Nackt-Durchquerung der Schweiz wäre lustig und äußerst spektakulär. Aber meine Managerin ist nicht ganz so angetan davon (lacht). Es wäre auch stressig, könnte ich mir vorstellen. Es gibt Menschen, die vielleicht etwas züchtigere Ansichten haben. Denen zu begegnen, würde auch mich unter Stress setzen, das will ich ja nicht. Man müsste eine Route auskundschaften, bei der man möglichst wenig Leuten begegnet und vielleicht Hoteliers vorwarnen. Ich weiß es wirklich noch nicht.

Verwendete Quelle

  • Telefonisches Interview mit Wigald Boning
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