Das Wacken Open Air muss man wohl niemandem erklären. Auch wer sich nicht oder wenig für Heavy Metal interessiert, hat von diesem legendären Festival gehört, das jedes Jahr im August ein kleines Dorf in Schleswig-Holstein in den Dreh- und Angelpunkt der Metal-Szene verwandelt und Zehntausende Fans aus allen Ecken der Welt anlockt.
Dass so ein riesiges Event mal klein auf einem Acker seinen Anfang nahm, ist heute kaum noch vorstellbar. Und dennoch fing genau so, zwischen Kühen und Treckern, alles an. Es brauchte "nur" ein paar Verrückte, die an sich und die Sache glaubten und gegen alle Widerstände und Unwägbarkeiten – von denen es einige gab - ihren Traum wahr machten.
Genau diese Geschichte erzählt die Serie "Legend of Wacken" (ab dem 7. Juli auf RTL+) – ziemlich frei, aber vielleicht umso unterhaltsamer, etwa wenn der Geist des Motörhead-Frontmann
Dieser Unfall ist auch der Ausgangspunkt der Serie. Kumpel und Wacken-Mit-Boss Thomas Jensen (Aurel Manthei) versucht, durch Erzählungen aus der gemeinsam Zeit der W:O:A-Gründung, Hübner aus dem Koma zu wecken. In diesen Rückblenden werden Jensen und Hübner von Sebastian Doppelbauer und Sammy Scheuritzel dargestellt. Stilecht mit fantastischen Frisuren, wie überhaupt auch die Serie (vorab wurden zwei Episoden gezeigt) sich durch sehr viel Liebe fürs Detail auszeichnet.
Im Interview mit unserer Redaktion verrät Thomas-Jensen-Darsteller Aurel Manthei, ob er mit härterer Musik etwas anfangen kann, worin die Gemeinsamkeiten mit dem Wacken-Mitbegründer liegen und ob die Filmbranche es schafft, sich zu reformieren.
Herr Manthei, "Legend of Wacken" ist die Entstehungsgeschichte des größten Heavy-Metal-Festivals der Welt. Haben Sie einen Bezug zu dieser Art Musik?
Aurel Manthei: Ja, das ist total meine Musik. Thomas Jensen, den ich spiele, ist ein paar Jahre älter – aber nicht viel. Und das ist einfach die Musik, mit der ich groß geworden bin.
Und Festivals?
Festivals auch. Ich war aber eher auf dem Dynamo in Holland. Ich habe in Unna bei Dortmund mein Abitur und den Zivildienst gemacht. Als Wacken losging und durchstartete, da war ich in Westfalen – da lag das Dynamo einfach näher. Es war ja auch immer eine Geldfrage damals, vor allem als Schüler.
Konnten Sie Thomas Jensen im Vorfeld kennenlernen, ihn "studieren?"
Nein, gar nicht. Ich hab mir Thomas Jensen im Internet angeschaut, Videos und Interviews von ihm. Wir haben uns tatsächlich beim Dreh zum ersten Mal getroffen. Wir haben ein paar Festival-Szenen direkt auf dem Wacken gedreht – und auf einmal stand er neben mir. Wir haben uns kurz angeguckt und auch gleich erkannt und gelacht. Und dann haben wir geschnackt.
Manthei über Thomas Jensen: "Auf jeden Fall ist er klasse!"
Wie ist er so? Hatten Sie einen guten Draht zueinander?
Auf jeden Fall ist er klasse! Es ist ja so, dass wir uns ähnlich sind, was Körperlichkeit, Gestik und Mimik angeht. Da musste ich eigentlich auch gar nicht groß was dazuerfinden. Und es ist so, dass wir auch sonst auf einer Wellenlänge liegen – was natürlich die ganze Sache viel einfacher gemacht hat.
Die Rolle teilen Sie sich mit Sebastian Doppelbauer, der den jungen Jensen spielt. Wie war die Zusammenarbeit?
Wir haben uns natürlich abgesprochen. Wir haben überlegt, dass er (Jensen) bestimmte Ausdrücke immer wieder benutzt oder seine Haare immer auf die gleiche Art nach hinten schüttelt – also welche Gestik und Mimik wir beide benutzen, damit es sich durchzieht.
In "Legend of Wacken" geht es darum, wie wichtig es ist, an sich zu glauben, auch wenn es sonst keiner tut. Sicher etwas, dass auch viele Schauspieler kennen aus Zeiten, wenn Jobangebote rar sind. Muss man dafür ein bestimmter Typ Mensch sein? Oder kann man das auch lernen?
Wenn man überleben will, muss man das lernen. Geboren wird man nicht so. Der eine hat sicher ein größeres Sicherheitsverlangen als der andere – aber dann kannst du eben auch Versicherungsmakler werden und zehn Stunden am Tag im Büro sitzen. Das ist dann der sicherere Job, aber auch der langweiligere. Und insofern muss man auch die Unsicherheit, die der Job mit sich bringt, aushalten. Wer dazu nicht bereit ist, der macht besser was anderes. Die Freiheit, die man aber dadurch bekommt, sein eigener Herr zu sein, die gibt einem auch Energie, die man für den Job braucht.
Es gibt eine Szene, in der ein Kumpel Jensen überreden will, mit ihm nach Berlin zu gehen. Verlockend zu der Zeit – das W:O:A würde es aber sicher nicht geben. Gab es bei Ihnen einen Punkt im beruflichen Leben, wo Sie rückblickend denken: "Gut, dass ich so entschieden habe" oder "Verdammt, Chance verpasst"?
Nein, eigentlich nicht. Dass es Schauspielerei werden wird oder Musik, hat sich so zur Zeit des Zivildienstes herauskristallisiert. Und so ist es auch gekommen. Heute kann ich mir mich in allen möglichen anderen Berufen vorstellen – aber das liegt auch daran, dass ich ein alter Mann bin (lacht). Aber damals war das eigentlich klar. Um mich herum haben alle Medizin, Jura oder Architektur studiert – das habe ich dankend abgelehnt, das war einfach nicht ich. Also ist eigentlich alles genauso gekommen, wie es kommen sollte.
Die Eltern und vor allem die Mütter in der Serie sind sehr unterstützend, auch wenns mal nicht geordnet läuft. Sie selbst haben auch Kinder und sagten mal in einem Interview, dass Kids eigentlich nur eine Umarmung brauchen. Das war aber vor der Pubertät. Hat sich Ihr Rezept bewährt?
Absolut! Ich habe drei Kinder, der Große ist vor ein paar Tagen 18 geworden und ist gerade für einen Austausch in Neuseeland. Die andern beiden sind 14 und acht. Sie sind gesund, es geht ihnen gut – und das liegt sicher auch an einem familiären Umfeld, in dem es um Liebe geht und "unsere Gang". Alles andere ist zweitrangig.
Manthei: "Es ist en vogue, mit dem Finger auf andere zu zeigen"
Die Filmbranche wurde von einigen Skandalen durchgeschüttelt. Es geht um toxische Arbeitszeiten und -bedingungen, Machtmissbrauch. Muss sich die Branche dringend reformieren – und schafft sie das?
Dass der Umgang der Menschen miteinander respektvoll und gleichberechtigt sein muss, sollte wohl seit Jahrtausenden so sein. Es ist keine neue Erfindung, dass man sich seinen Mitmenschen gegenüber benimmt. Und wenn jetzt die Zeit ist, dass die Leute, die sich nicht benehmen wollen, einen auf die Finger kriegen, dann ist das gut. Es gibt aber auch viele Trittbrettfahrer, die öffentlich große Reden schwingen und sich auf die "richtige Seite" stellen, aber wenn man genau hinschaut, sind das oft diejenigen, die selbst nicht mal anständig mit ihren Maskenbildnerinnen reden. Morgens können sie sich zu Hause allein anziehen, aber kaum sind sie am Set, schreien sie nach Hilfe, weil sie die Hose nicht zukriegen. Da muss sich auch jeder mal an die eigene Nase packen, weil es im Moment en vogue geworden ist, mit dem Finger auf andere zu zeigen und selbst Dreck am Stecken zu haben. Das finde ich ein wenig eklig, aber das ist wohl auch irgendwo menschlich. Da muss man schon aufpassen, dass man bei sich bleibt und dafür sorgt, dass man sich selbst anständig benimmt und denjenigen, die das nicht wollen, auch ordentlich in den Arsch tritt.
Vielen Dank für das Gespräch!
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