Rapper Eko Fresh holt mit seinem neuen Song "Aber" zum politischen Rundumschlag aus. Er lässt zunächst einen AfD-Anhänger sowie einen Erdogan-Fan wüten und tritt dann selbst als kritischer Vermittler auf - und trifft damit perfekt den Zeitgeist im Angesicht der Rassismus-Debatte um Mesut Özil.

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Hip-Hop besteht nur aus aufgebauschten Wortgefechten spätpubertärer Möchtegern-Gangster, die sich zumeist nur gegenseitig dissen, um mit möglichst provokanten Texten so viel Aufmerksamkeit wie möglich zu generieren.

Große Teile der deutschen Bevölkerung würden dieses Vorurteil vermutlich sofort unterschreiben. Und wenn man ganz ehrlich ist - bei so manchen Künstlern auch zu recht.

Dass deutscher Sprechgesang aber weit mehr zu bieten hat und künstlerische Perspektiven auf gesellschaftliche Probleme und Debatten einnehmen kann, beweist momentan Eko Fresh.

Selten hat ein musikalisches Werk den politischen Zeitgeist so exakt getroffen wie sein neuer Song "Aber", der sich bewusst an Joyner Lucas' "I'm not racist" orientiert und vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde. Produzent ist der Hamburger Kult-Rapper Samy Deluxe.

Worum geht es?

Eko Fresh setzt in seinem neuen Album mit "Aber" auf einen Titel, der sich mit verschiedensten Dimensionen von Integration und Rassismus auseinandersetzt.

Ganz simpel zusammengefasst geht es um das Zusammenleben von Deutschen und Ausländern in unserem Land - und die darüber in letzter Zeit wieder entbrannte Debatte. Dem 34-Jährigen ist es ein besonderes Anliegen, diese Thematik in den Fokus zu rücken.

"Es stört mich, dass die Fronten so verhärtet sind, weil ich das so nie erlebt habe", sagte der gebürtige Kölner mit türkisch-kurdischer Abstammung dem "Express".

Auch die jüngste Eskalation der Debatte im Zuge des Rücktritts von Fußball-Nationalspieler Mesut Özil und seine Rassismus-Vorwürfe gegenüber dem Deutschen Fußball-Bund passen perfekt zur Tonalität von "Aber". In einer Strophe wird die "Causa Özil" sogar konkret thematisiert.

Wie setzt Eko Fresh das musikalisch um?

Schon die Kombination aus Eko Fresh und Samy Deluxe lässt den geneigten Hip-Hop-Fan auf ein hohes Maß an Kreativität hoffen - und die beiden enttäuschen ihre Fans auch nicht.

Dabei liegt die Genialität des Musikvideos in seiner Banalität. In dem gut fünfminütigen Clip ist lediglich ein Ort zu sehen - eine fast leere Lagerhalle in Kerpen. Einziges Equipment: ein Tisch und zwei Stühle.

Auf diesen sitzen sich zwei Schauspieler gegenüber. Patrick Mölleken (24) in seiner Rolle als AfD-Anhänger und Yunus Cumartpay (39) als überzeugter Fan des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Ablenkung existiert aufgrund des überschaubaren Settings in diesem Video nicht. Eko Fresh und Samy Deluxe legen den kompletten Fokus auf den Text - und das wirkt!

Deutscher und Türke mit wütendem Ideologie-Rap

"Als allererstes will ich klarstell'n, ich bin kein Nazi, aber - mich stör'n die Alibabas mit ihrem Islam-Gelaber."

Mit diesen Worten startet der AfD-Anhänger zu Beginn des Clips einen 90-sekündigen Hass-Rap, in dem Eko das rechte Gedankengut illustriert.

Später kommt der Erdogan-Unterstützer zu Wort: "Als allererstes will ich klarstell'n, ich liebe Deutschland, aber - ihr seid miese Heuchler, wolltet mich nie bei euch hab'n."

Auch er wütet 90 Sekunden lang und wirft nun dem Deutschen seine Ideologie an den Kopf. Dabei macht der Song auch vor dem Thema Mesut Özil nicht Halt.

"Doch als Sündenbock ist euch Özil gut genug. Aber Moment mal, was soll hier die Message sein? Weltmeisterschaft vorbei, weil er ein Selfie teilt?", will der aufgebrachte Türke wissen.

Gerappt werden die Texte übrigens natürlich nicht von den Schauspielern selbst, die Stimme hinter allen Strophen ist Eko Fresh.

Eko Fresh als Vermittler mit toller Botschaft

Zu guter Letzt hat auch der Künstler selbst seinen 90-Sekunden-Auftritt und tritt als Vermittler zwischen den verhärteten Fronten auf.

"Als allererstes wollt' ich klarstell'n, dass ich Ekrem Bora heiß'. Deutscher Staatsbürger, ich frag' euch, was soll der Scheiß? Ihr kennt euch doch so lang, reißt euch endlich mal zusamm'n."

In der Strophe wird Eko sehr persönlich und erzählt davon, dass er schon sein ganzes Leben zwischen diesen Stühlen sitze. Auch seinen Ärger über die Tatsache, dass seine Musik immer ein Schattendasein im Vergleich zu seiner Herkunft spiele, macht er deutlich.

Er schließt seinen Rap mit einer emotionalen Message ab, zu der sich alle Menschen, die in diesem Land leben, vielleicht wirklich mal Gedanken machen sollten: "Meine Ansicht, Bro - ob Religion, ob Tradition - zusammen in 'nem Land zu wohn' ist schwer, aber ihr macht das schon."

Hier sehen Sie das Video in voller Länge:

Video zu Eko Freshs neuer Single "Aber"

Eko Fresh politisch wie nie zuvor: Mit diesem Video setzt er ein Zeichen in der Rassismus-Debatte um Mesut Özil. © YouTube
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