Um kaum einen Künstler gab es in den vergangenen Monaten mehr Aufregung als um Andreas Gabalier. Wir haben den Sänger getroffen und mit ihm exklusiv über sein neues Album "Mountain Man", Hinterwäldler und Nacktplakate gesprochen - und darüber, wovor man Frauen heutzutage retten muss.

Ein Interview

Dein neues Album "Mountain Man" ist seit ein paar Wochen auf dem Markt und war schon vor Erscheinen in aller Munde. Du hast in einem Interview kürzlich gesagt, dass du gern "mit einem Augenzwinkern immer noch ein Schäuferl nachlegst". Wolltest du damit so stark polarisieren?

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Andreas Gabalier: (Brummt zustimmend) Das hat sein müssen, weil es die letzten Monate so viel mediale Aufregung gegeben hat. Ich habe mich gefragt: Was machst du jetzt mit dem Album, damit es nicht untergeht? Nachdem so viele Leute gesagt haben: "Du rettest uns in eine heile Welt, wir können in dieser stressigen Welt ein bisschen abschalten bei dir", habe ich mir gedacht: Was macht man - vielleicht einen kleinen Superhelden? Ein oberösterreichischer Comic-Zeichner wollte mir einen "Mountain Man" machen. Und das war's.

Das heißt aber, das Cover und die Idee vom "Mountain Man" sind relativ spät entstanden? Als das Album praktisch schon fertig war?

Das nicht ganz. Das war auf dem Weg nach Hause von der Ski-WM in Vail, im Februar. Wir haben von Weihnachten bis Ende April aufgenommen. Das war sehr sportlich diesmal.

Du hast vorhin die mediale Aufmerksamkeit angesprochen. Im Grunde hat heute jeder eine Meinung zu Andreas Gabalier. Ob das Olivia Jones ist, Felix Baumgartner oder Beatrice Egli. Freut dich das?

Sagen wir so: Die einen können sich mitfreuen, die anderen müssen nörgeln. (Überlegt) Es ist, glaube ich, ein großes Zeichen von Erfolg. Weil viele Leute nicht umhin kommen, sich zu äußern.

Zum Beispiel?

Na ja, Leute, denen es nicht gefällt. Ich denke mir, wenn mir etwas nicht gefällt, geht mir das sonst wo vorbei. Ich muss nicht zu allem meinen Senf dazugeben. Nur weil mir etwas nicht gefällt, heißt das nicht, dass man es gleich schlechtreden muss. Eine viel größere Fangemeinde beim Schlager als meine gibt es nicht mehr - mit Ausnahme von Helene Fischer vielleicht. (lacht)

Wenn du zurückdenkst an die vergangenen ein, zwei Jahre: Wann ist dir klar geworden, dass du ganz oben angekommen bist?

(Überlegt) Das war eigentlich schon vor zwei Jahren, mit der ersten Deutschlandtour. Wir haben bis nach Hamburg rauf in der Olympia-Arena gespielt. Berlin letztes Jahr, 20.000 Besucher, ausverkauft. Königsplatz in München, 30.000, randvoll. In Österreich sowieso. Und einigen tut das einfach weh, warum auch immer.

Du glaubst, die sind neidisch?

Glaube ich schon. Was soll es sonst sein? Das ist mir ganz ehrlich wurscht.

Auf dem Cover von "Mountain Man" bist du als Superheld zu sehen, der eine vollbusige Frau im Dirndl rettet. Wovor muss man uns Frauen denn heutzutage retten?

Pfoah! (Überlegt) Man muss euch vielleicht ein bissl beschützen vor dieser verkrampften und verbissenen Emanzipation, die zum Teil so weit geht, dass man es echt nicht mehr hören kann. In einem so entwickelten Land, wie es Österreich ist, weiß ich nicht, warum man es tagtäglich immer wieder in den Medien und überall dazusagen muss.

Dass es noch Punkte gibt, an denen gearbeitet werden muss, ist traurig. Natürlich gehört für die gleiche Arbeit die gleiche Entlohnung her. Ansonsten kann ich nur sagen: Ich habe eine superschöne Kindheit erlebt. Bei meiner Mutter oder bei meinen Tanten oder bei den Freundinnen meiner Freunde, die zum Teil schon Kinder haben, würde es niemals als negativ ausgelegt werden, wenn die Frau ein, zwei Jahre zu Hause bleibt bei den Kindern. Die sind alle dankbar, dass es finanziell möglich ist.

Es sollte ja eigentlich auch ein ganz normales Grundbedürfnis sein, dass man sich auf die Zeit mit den kleinen Kindern freut - gerade am Anfang. Es hat vielleicht nicht jede Frau den Drang, sofort wieder in den Job zurückzukehren, sondern will den Kindern ein Zeit schenken, miterleben, wie sie die ersten Schritte machen. Man kann das nicht verallgemeinern, wie das gern hingestellt wird von diesen Frauenrechtlerinnen. Ich kann nicht die Frauen, die sich noch gerne der Familie widmen, ohne sich dabei unterdrückt oder abgewertet zu fühlen, pauschal als Hinterwäldler hinstellen.

Damit relativierst du Aussagen, die mehrfach durch die Presse gegangen sind. Bist du falsch dargestellt worden?

Absolut! Es hat zwei, drei Medien gegeben, die behauptet haben: "Gabalier sagt, Frauen gehören hinter den Herd." Das habe ich nie gesagt. Das war ein uraltes Interview von vor drei Jahren, aus irgendeiner Zeitung, wo es um Familie und Soziales gegangen ist. Das waren vier Seiten. Und irgendwo stand, dass es dem Andreas halt auch gefällt, dass er so aufgewachsen ist: Dass die Mama daheim war und auf die Kinder aufgepasst und gern gekocht hat. Und schreiben tun sie: "Gabalier sagt, die Frau an den Herd." Gegen so Dinge kannst du dich nicht wehren. Ich sehe das mit einem großen Lächeln.

Wenn du aber auf der anderen Seite sagst, du provozierst schon ganz gern ...

Ich provoziere ja nicht gern. Man muss sich irgendwann einfach zu Wort melden, wie bei der Bundeshymne. Das kannst du nicht auf dir sitzen lassen: Wenn du etwas singst, was wir immer so gesungen haben, und jetzt zwei Jahre nach einer Gesetzesänderung dafür als Brauner verteufelt wirst. Und das, obwohl die Hymne in jedem Stadion heute noch immer ohne Töchter gesungen wird - siehe Fußball-Qualifikationsspiele oder auch die Skirennen. Das ist aber nicht bewusstes Provozieren. Es war für mich felsenfest klar, dass ich die Hymne so singe.

Das heißt, das war vorher besprochen.

Ja. Mir geht es auch wirklich nicht um die Töchter in der Hymne. Seit ein paar Jahren herrscht ein krampfhafter Umbruch, dass man so viele Dinge, die einmal waren, schlechtredet. Ich weiß, dass die Zeit nicht stehen bleibt. Ich bin auch kein Depp. Es nicht alles gut, was neu kommt, es ist aber auch nicht alles schlecht, was einmal war. Natürlich ist es als Mann der Öffentlichkeit so, dass solche Ansagen oder solche Ereignisse natürlich immer zu medialen Großaufregern führen.

Womit wir bei den Amadeus-Awards wären. Da hast du mit der Aussage aufhorchen lassen, dass "man es nicht leicht auf dieser Welt hat, wenn man als Manderl noch auf Weiberl steht". Hast du die Aussage im Nachhinein bereut?

Man hätte die Wortwahl vielleicht ein bisschen anders treffen können. Ich sage trotz alledem: Bevor ich mit einem Strom mitschwimme, gehe ich lieber mit Ecken und Kanten durch den Tag, als von etwas zu reden oder etwas zu machen, wovon ich selber nicht überzeugt bin.

Gibt es Situationen, in denen du dich als heterosexueller Mann diskriminiert fühlst?

Nein! Es war schon viel Wirbel im Vorfeld um diesen Sager. Ich habe wirklich kein Problem mit Schwulen. Es ist mir so was von wurscht, wer wo knuspert oder mit wem zusammen ist. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Auch da bin ich davon überzeugt, dass das in Österreich im Jahr 2015 kein Thema mehr sein darf. Dass Schwule heiraten oder Kinder adoptieren dürfen, warum denn nicht, um Gottes Willen?

Vergangenes Jahr hat es Andrä Rupprechter als ÖVP-Politiker gewagt, ein Adoptionsrecht für Homosexuelle in Aussicht zu stellen - und wurde dann von der eigenen Partei niedergebügelt. Anscheinend ist es durchaus noch nötig, dass man darüber redet.

Ja. Reden schon. Aber seit einem Jahr wird das ausgeschlachtet bis zum Gehtnichtmehr. Ich finde das unseren Kindern gegenüber nicht fair. Man muss nicht nackte Transen plakatieren wie beim Life Ball im vergangenen Jahr. Die sich die Fünfjährigen in der Früh auf dem Weg in den Kindergarten schon anschauen müssen.

Ein Magazin hat Kindern das Plakat gezeigt und sie nach ihrer Meinung gefragt - natürlich mit Einverständnis der Eltern. Die Kinder fanden es zum überwiegenden Teil sehr schön. Vielleicht muss man sie in der Hinsicht gar nicht so sehr schützen?

Doch, finde ich schon.

Vor Sexualität vielleicht. Mit der kommen sie ohnehin früh genug in Kontakt. Aber ein Plakat tut ja keinem weh.

Da frage ich mich dann, warum eine Hirter-Bier-Werbung wegen Sexismus verboten wird, weil sie ein Dirndlkleid mit Dekolleté und fünf Bierkrügel zeigt.

Wegen der Objektivierung der Frau. Weil man ihren Kopf nicht sieht, nicht sieht, wer sie ist. Der Hintergrund des Life-Ball-Plakats war ja ein anderer. Carmen Carrera ist eine transsexuelle Frau: Sie wurde als Mann geboren. Da ging es darum zu zeigen, dass es solche Menschen gibt. Ob man das Plakat in die Wiener Innenstadt hängen muss, darüber kann man diskutieren.

Kann man, ich bin ja nicht das Gesetz. Ich habe meine Meinung. Und jeder, der anders denkt, kann anders denken. Ich finde es den Kindern gegenüber nicht fair. Zwischen Manderl und Weiberl sagt man auch, das ist Sexualität, gehört ins Schlafzimmer und in den "Playboy" und ist in der Öffentlichkeit pfui, grauslig und tut man nicht. Also sollte das auch für alle anderen gelten.

Der "Stern" hat dich in einem Artikel kürzlich als "überraschend liberal" eingestuft. Das Magazin "Vice Alps" fragt: "Wie rechts ist Gabalier?". Es gab auch Debatten über das Cover deines Albums "Volks-Rock'n'Roller", weil sich einige ob deiner Pose an ein Hakenkreuz erinnert sehen. Wie sehr stört es dich, dass dich viele in diese Ecke stellen?

Mittlerweile gar nicht mehr. Das hat vor drei Jahren begonnen. Etliche Versuche immer von der gleichen - ich sage mittlerweile - "linksradikalen Fraktion". In meiner CD etwas Rechtsradikales zu sehen ... Da werden wie bei dem Lied "Biker" einzelne Sätze rausgeholt. Das ist ein völkerverbindendes Motorradlied. Zeitungen wie ein "Standard" - oder einzelne Redakteure, die dort ihre Meinung abdrucken dürfen - finden darin den Bogen zu den drei Achsenmächten, weil ich von Motorradmarken aus Italien, Deutschland und Japan singe. Die einfach die größten Motorradbauer sind.

Ich muss ja nicht jedem gefallen. Dass man dafür als Brauner verteufelt wird, ist mittlerweile für mich eine Lachnummer. Vor drei Jahren hat man sich noch einen Kopf gemacht und überlegt, was tut man dagegen. Diese paar wenigen Seiten sind part of the game. Art ist es keine, weil ich bin kein Rechter, in Tausend Jahren nicht. Dass man das Wort Heimat heute nicht mehr in den Mund nehmen darf, weil es prinzipiell auch immer braun angemalt wird, dagegen wehre ich mich vehement.

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