Seit 2016 betreibt Fußball-Bundesligist FC Schalke 04 ein eigenes E-Sport-Team im Spiel League of Legends. Die Mannschaft spielt auf europäischem Top-Niveau. Der Club hat ein eigenes Gaming-Haus eingerichtet. Ein Besuch in dem Berliner Altbau.
Von außen betrachtet könnte der modernisierte Berliner Altbau auch als Arztpraxis oder Büro genutzt werden. Innen aber offenbart sich Besonderes.
An den Wänden hängen futuristische Grafiken, im Flur steht ein großes Regal, das an einen Förderturm erinnert, ausgestattet mit Nahrungsergänzungsmitteln und Energy Drinks.
Am Ende des langes Ganges: Ein dunkles Zimmer mit riesigem Schreibtisch, auf dem mehrere Gaming-PC mit Monitoren stehen. Fast überall sind Logos des FC Schalke 04 zu sehen.
Das sogenannte Gaming-Haus der E-Sport-Abteilung des Fußball-Bundesligisten steht im Westen der Hauptstadt, nicht weit von Kurfürstendamm und Bahnhof Zoo entfernt. Im ersten Stock trainiert jeden Tag eine der besten League-of-Legends-Mannschaften Europas.
League of Legends, kurz LoL, ist eines der bekanntesten und beliebtesten Computerspiele, wo zwei Teams in einer virtuellen Arena gegeneinander kämpfen.
Seit 2016 betreiben die Gelsenkirchener ein eigenes LoL-Team, seit 2018 spielt dieses in der europäischen Königsklasse. Mit Erfolg: In der Sommersaison 2019 verpasste das Team als Dritter nur knapp die WM-Qualifikation. Auch 2020 verfolgt Schalke das Ziel, bei den Top-Teams in Europa mitzuspielen - trotz großer Veränderungen.
Schalke verliert Star-Spieler Upset an Origen
Star-Spieler Elias "Upset" Lipp wechselte nach der Saison zum Konkurrenten Origen. Der 20-jährige Deutsche gehört zu den wichtigsten Talenten der Liga. Als Ersatz holten die Gelsenkirchener den Veteranen Konstantinos-Napoleon "FORG1VEN" Tzartziou - von Fans wird der 27-Jährige auch "GODG1VEN" genannt.
Der Grieche musste wegen seines Militärdienstes eine Pause einlegen, kehrt nun in die europäische Liga zurück. Auch der Koreaner Han "Dreams" Min-kook (23) ist neu dabei.
Im Gaming-Haus wird von Montag bis Donnerstag trainiert, in sogenannten "Scrims", das sind professionelle Trainingsspiele gegen andere Teams der Liga. Treffpunkt ist um 12.30 Uhr, nach einer Besprechung folgt eine einstündige Aufwärmphase in Online-Matches. Ab 14 Uhr wird gescrimt, für meist fünf Partien. Ab etwa 19 Uhr haben die Spieler Feierabend.
Für die Analyse zwischen den Spielen und die Besprechungen gibt es ein separates Zimmer, direkt neben dem Trainingsraum. Er wirkt heller, in der Mitte steht ein großes Sofa, davor ein Bildschirm.
"Dieser Raumwechsel bietet die Möglichkeit, etwas abzuschalten und entspannter zu werden, einen mentalen Neustart durchzuführen", sagt Team-Manager Nicolas Farnir. Schalke arbeite mit Sport-Psychologen zusammen, es gebe allerdings keine Richtlinien, wie ein Gaming-Haus auszusehen hat.
Am 24. Januar 2020 starte die neue LEC-Saison
Die Spieler wohnen zudem zusammen, rund fünf Minuten entfernt in einem Apartment. Klar könne es in einer Wohngemeinschaft Schwierigkeiten geben, sagt Farnir. "Aber wir sind der Meinung, dass die Vorteile überwiegen und es zum Team-Bewusstsein beiträgt."
Für die Spieler entsteht fast so etwas wie ein Büro-Job. Konsequenterweise sprechen sie vom Gaming-Haus oft als "Office".
"Ich mag es, dass das Gaming-Haus und das Apartment getrennt sind", sagt Tzartziou. Das gebe den Spielern die Möglichkeit, auch ihre Freizeit zu nutzen und beispielsweise die Stadt zu entdecken. Oft gehe das Team nach dem Training gemeinsam essen.
Dass die Mannschaft in Berlin lebt und trainiert, wo auch die Liga stattfindet, war Schalke wichtig. "Wenn wir jede Woche aus Gelsenkirchen anreisen müssen, ist das ein riesiger Aufwand", sagt Farnir.
Wichtige Trainings- und Regenerationszeit würden verloren gehen. Andere Teams gehen da einen anderen Weg: Origen reist wöchentlich aus Kopenhagen, Excel aus London an.
"Ich wollte schon immer für einen Fußball-Club spielen", sagt Tzartziou. "Ich bin Fußball-Fan seit meiner Teenager-Zeit - ich spiele Fußball, schaue viel Fußball. Schalke ist ein weltweit bekannter Verein und ich bin froh, dass ich in ihrem Trikot spielen kann."
Ob das kommende Jahr so erfolgreich wird wie das vergangene, ist offen. Bis zum 24. Januar hat die Mannschaft noch Zeit zur Vorbereitung, dann beginnt die neue Saison im LEC-Studio in Berlin-Adlershof. Tzartziou ist vorsichtig zuversichtlich: "Es gibt viele Variablen. Aber ich denke, dass wir eins der besten Teams der LEC sein können." © dpa
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