• Newcomer Felix Kammerer übernimmt die Hauptrolle in der deutschen Verfilmung des Romans "Im Westen nichts Neues".
  • Im Gespräch mit unserer Redaktion verrät der Österreicher, wie er die Umstellung von Theater auf Film empfunden hat.
  • Außerdem erzählt Kammerer, wie ungewöhnlich er sich auf die Rolle vorbereitet hat.
Ein Interview

Herr Kammerer, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zum Film und zur großartigen Performance. Bei einer so aufwendigen Produktion war der Casting-Prozess wahrscheinlich sehr anspruchsvoll. Wie haben Sie den Prozess empfunden?

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Felix Kammerer: Ich kannte das so noch nicht, weil das ja meine erste Filmrolle war. Das war ganz lustig, weil es kam bisschen unverhofft. Ich habe am Theater mit der Dramaturgin Sabrina Zwach zusammengearbeitet und ihr Mann, Malte Grunert, ist der Produzent von unserem Film. Ihretwegen kam Grunert nach Wien und hat sich paar Proben und die Vorstellung angesehen.

Er kam nach der Premiere zu mir und meinte, "ich fand das sehr gut, was du gemacht hast, vielleicht habe ich da was für dich. Du kriegst bald einen Anruf". Einige Wochen später habe ich plötzlich auf der Couch einen Anruf von Simone Bär bekommen, der Casterin. Dann hatte ich erstmal drei E-Castings über Video und dann nochmal zwei oder drei Live-Castings in Berlin, inklusive Konstellations-Castings mit anderen Leuten.

Eine Weile habe ich dann nichts mehr gehört, ungefähr einen Monat. Ich saß dann mit Freunden in einem Park und wir haben Picknick gemacht, und dann kommt plötzlich der Anruf von Grunert und Edward (Berger), dem Regisseur. Sie sagten: "Wir sehen uns dann in Prag." Und dann haben wir erstmal gefeiert.

Das ist eine tolle Geschichte. Man merkt überhaupt nicht, dass das alles neu für Sie ist. War die Umstellung von Theater auf Film anstrengend?

Die war anfangs etwas tricky, aber am Ende, glaube ich, habe ich mich da ganz gut reingefunden. Es ist einfach nur ein anderes System, vor allem was die Chronologie angeht. Denn im Theater spielst du alles chronologisch durch und dann ist das ganze Ding fertig. Beim Film ist das anders. Wir haben an meinem allerersten Drehtag eine der letzten Szenen gedreht. Das zu durchblicken, wie du da spielst, war anstrengend, aber ich habe ein gutes System gefunden.

Felix Kammerer bereitete sich mit Excel vor

Wie sieht dieses System aus?

Ich habe lange überlegt, wie ich das machen sollte. Ich bin ein logischer Typ, ziemlich rational. Und dann dachte ich mir, warum gehe ich nicht einfach all in? Ich habe eine Methode gefunden, im Prinzip einen Charakterverlauf zu schreiben, mithilfe einer Excel-Tabelle.

Also das sind verschiedene Energiezustände, die über Balken- und Graphendiagramme den Verlauf der Rolle beschreiben. Jede Szene bekommt unterschiedliche Kategorien und Zahlen und dann weiß ich, als Nächstes drehen wir Szene 114, und dann komme ich von einer 70 in eine 84, und von dort gehe ich wieder runter auf eine 12. Damit kann ich echt gut arbeiten.

Das ist wirklich interessant. Ich höre zum ersten Mal von einem solchen System.

Ich hab's mir auch ausgedacht! Wenn das jemand genauso macht, möchte ich es wissen.

Sie spielen Paul Bäumer, der mit seinen Freunden voller Begeisterung in den Krieg zieht, aber schnell feststellt, dass das nicht seinen Vorstellungen entspricht. Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?

Ich habe erstmal körperlich sehr viel Vorbereitung betrieben. Ich bin vier Monate lang, dreimal die Woche zehn Kilometer laufen gegangen, mit einer zehn Kilogramm Gewichtsweste. Ganz einfach um Kondition aufzubauen. Ohne das hätte ich die erste Woche geschafft, danach wäre Schluss gewesen. Ich war auch sehr optimistisch, hab mich mit einer zehn Kilogramm Weste vorbereitet und dann kommst du an und hast 45 Kilogramm auf dem Buckel.

Für die Rolle habe ich zunächst mit einem Dialekt-Coach gearbeitet, mit der fantastischen Simone Dietrich. Darüber hinaus habe ich mit einem Schauspiel-Coach gearbeitet und ein Waffentraining absolviert. Dann habe ich mir unendlich viele Filme angeschaut, Fotos, Videos. Es gibt zudem ein Online-Archiv mit über 2.000 Briefen von der Front aus dem Ersten Weltkrieg. Die habe ich mir durchgelesen und so tauchst du in diese Welt hinein. Wie damals geschrieben wurde, was Leute gesagt haben und vor allem was sie nicht gesagt haben.

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Das stelle ich mir ziemlich emotional vor.

Ja, das war schon heftig. Vor allem, weil du dir Gedanken darüber machst. Es wird nichts explizit geschrieben, weil die Briefe zensiert sind. Darin steht natürlich nicht, meine ganze Kompanie ist in die Luft geflogen. Sondern sowas wie: "Heute essen wir nur zu zweit". Dann kannst du nur erahnen, was da passiert ist. Ich hatte zum Glück ganz viele Freunde in Wien und konnte mit ihnen darüber sprechen. So kommst du auch gut wieder aus der Arbeit raus.

Ich habe gelesen, dass die Dreharbeiten 54 Tage gedauert haben. Für eine so aufwendige Produktion sind das nicht viele Drehtage. War das auch anstrengend für Sie?

Oh ja! Ich hatte 45 oder 46 Drehtage und wir rennen die ganze Zeit nur von A nach B, durch den Matsch, in der Kälte, alles ist nass. Das Equipment, die Kostüme, wir haben das mal nach einem Drehtag gewogen und das waren 45 Kilogramm. Und dann rennst du mit 45 Kilogramm auf dem Buckel, 12-14 Stunden am Tag, mit 400 Komparsen übers Schlachtfeld. Das war schon ziemlich krass und dann vor allem diesen dichten Plan zu haben. Wir hatten teilweise am Tag einen Vorstopp von elf Minuten und normalerweise hast du drei oder vier Minuten.

Paul Bäumer hat sehr viele Freunde an der Front. Haben Sie vor den Dreharbeiten mit Ihren Co-Stars Zeit verbracht, um eine überzeugende Chemie für den Film aufzubauen?

Also ich hab die alle vorher nicht gekannt. Wir haben uns also während den Vorbereitungen kennengelernt. Wir haben dann natürlich Zeit miteinander verbracht und uns in Prag getroffen. Über den Dreh hinweg sind da echte Freundschaften entstanden, die auch sehr fest sind. Wir haben uns gefunden, aber auch nur, weil wir die Regeln gebrochen haben. Wir haben nämlich während Corona in Prag gedreht und hätten uns eigentlich nicht treffen dürfen. Das Problem war, dass wir alle im gleichen Haus gewohnt haben. Daher haben wir uns heimlich getroffen, obwohl das von Edward Berger, dem Regisseur, schwerstens verboten war.

"Im Westen nichts Neues" hat die Chance auf einen Oscar

Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie erfahren haben, dass "Im Westen nichts Neues" Deutschland bei den Oscars vertreten wird?

Das war ganz lustig, ich war nämlich in Bochum. Dort hatte ich ein Gastspiel mit dem Theater. Ich kam gerade von einer Vorstellung und ging alleine in Richtung Hotel, guckte auf mein Handy und ich sah Nachrichten von meinen Freunden und Online-Benachrichtigungen. Die habe ich dann gelesen und dann konnte ich es gar nicht richtig glauben. Ich habe mich dann umgedreht, bin zurückgegangen und habe dann weitergefeiert. Das war ein krasser Abend.

Sie sind ja schon ein erfahrener Theaterschauspieler. Wollen Sie sich weiterhin aufs Theater konzentrieren oder würden Sie gerne mehr Filme drehen?

Mein Traum ist, dass ich beides machen kann. Weil ich merke, ich brauche das Theater. Da komme ich her. Ich merke auch, dass ich mich beim Theater immer wieder auf eine grundsätzliche Suche begebe, warum mache ich das? Was will ich eigentlich mit diesem Beruf? Denn Theater geht auch über die vierte Wand hinaus, man bleibt nicht nur in seinem Kästchen. Das finde ich sehr interessant. Film habe ich jetzt aber auch lieben gelernt. Im besten Fall schaffe ich es, beides miteinander zu verbinden.

"Im Westen nichts Neues", Regie Edward Berger, mit Daniel Brühl, Felix Kammerer, Albrecht Schuch, Edin Hasanovic, uvm. ist ab dem 28. Oktober 2022 bei Netflix zu sehen.

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