• Corona dämpft die Vorfreude auf Olympia.
  • Es geht auch um die Sorge vor möglichen Manipulationen von PCR-Tests sowie unklaren Testverfahren.
  • IOC-Präsident Thomas Bach teilt diese nicht. Im deutschen Team herrscht keine Einigkeit.

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Knapp einen Monat vor den Olympischen Winterspielen in Peking hat sich im deutschen Team eine Debatte um mögliche Manipulationen von Corona-Tests entzündet.

Nachdem Alpinchef Wolfgang Maier in der ARD derartige Befürchtungen geäußert hatte, widersprach der Präsident des Deutschen Skiverbandes, Franz Steinle: "Da liegen uns überhaupt keine Erkenntnisse vor. Wir wüssten ehrlich gesagt auch nicht, mit welcher Intention so etwas geschehen sollte", sagte Steinle am Sonntag beim Biathlon-Weltcup in Oberhof.

Maier hatte ausgeführt, mit einem PCR-Test könne jeder sportliche Gegner sofort "aus dem Rennen" genommen werden. "Es braucht mir keiner sagen, dass das jetzt ein Hirngespinst von mir ist, weil man weiß, um was es geht", sagte Maier und sprach von "Willkür". Der 61 Jahre alte Funktionär im DSV sieht Gefahr, wenn es heiße: "Hey, du bist positiv, dann gehst du raus. Mit den Tests sind Tür und Tor geöffnet für alles."

Olympia 2022: IOC-Sprecher weist auf die strengen Regeln hin

Ein Sprecher des Internationalen Olympischen Komitees verwies am Sonntag auf die strengen und klar definierten Regeln bei der Testentnahme und -Auswertung. "Das Testsystem funktioniert im Wesentlichen wie schon in Japan, wo es diese Sorge auch gab. Bei positiven Tests gibt es Verifizierungstests, um eine Infektion endgültig und zweifelsfrei festzustellen", sagte IOC-Präsident Thomas Bach der "Welt am Sonntag".

Maier bereiten mutmaßlich unklare Standards bei Testverfahren Sorgen. "Die setzen CT-Werte von 40 an, du bist komplett ausgeliefert, weil man nicht weiß, wie sie testen, ob es wirklich deine Tests sind", beklagte Maier.

Der CT-Wert eines PCR-Tests gibt Aufschluss darüber, ob ein mit dem Virus infizierter Mensch ansteckend ist. Je höher der CT-Wert, desto geringer die Infektionsgefahr. Das Robert Koch-Institut empfiehlt eine "Entisolierung" betroffener Personen ab einem CT-Wert von 30.

"Wir hoffen hier, dass wir vielleicht noch in den letzten Wochen was bewegen können, so dass der CT-Wert eben auch ein bisschen niedriger angesetzt wird", sagte DOSB-Leistungssportchef Dirk Schimmelpfennig am Sonntagabend im Deutschlandfunk. Ein Wert "um die 35 rum, um die 32" wäre ein guter Schritt. Hier sei man jedoch an die Vorgaben der chinesischen Gesundheitsbehörden gebunden.

Steinle äußerte dazu, "nach Rücksprache mit den Verantwortlichen" beim Deutschen Olympischen Sportbund und IOC sei davon auszugehen, "dass die notwendigen Absprachen auf Experten-Ebene getroffen werden, so dass wir mit klaren Regeln und klaren Vorgaben in die Olympischen Spiele gehen können".

Nach Sotschi: Neureuther hat ebenfalls Bedenken

Der frühere Skistar Felix Neureuther äußerte dagegen große Bedenken. "Es weiß, Stand jetzt, noch keiner Bescheid, wie es wirklich ablaufen wird", sagte Neureuther und bemängelte die "fehlende Sicherheit" für Athletinnen und Athleten.

"Man kann das Ganze auch noch weiterspinnen: Dopingproben werden in Sotschi vertauscht. Wie ist das mit PCR-Tests?". Bei den Winterspielen 2014 in Russland waren im großen Stil und staatlich angeordnet positive Dopingproben vertuscht worden.

Knapp drei Jahre später veröffentlichte die "New York Times" Tagebuch-Auszüge des Kronzeugen Grigori Rodschenkow, die das Internationale Olympische Komitee in der Doping-Affäre um Russland weiter unter Druck setzten.

Sportler sorgen sich um Quarantäne-Bedingungen

Für die Sportlerinnen und Sportler kommt die Sorge vor einer möglichen Quarantäne hinzu. Rennrodler Tobias Arlt, der sich nach einem positiven Test im November in Peking in Isolation hatte begeben müssen, schockierte mit Kakerlaken-Bildern aus dem Hotel.

"Ich muss auch ehrlich sagen, dass es eine Horrorvorstellung ist, in Peking einen positiven Corona-Test zu haben", sagte Skeleton-Weltmeister Christopher Grotheer anschließend.

Ähnliches hatte der deutsche Radprofi Simon Geschke berichtet, der sich wegen eines positiven Corona-Tests in Tokio in Hotel-Quarantäne befunden hatte. Er habe sich dort wie im Knast gefühlt, hatte der 35-Jährige damals bei Twitter geschrieben.

Schimmelpfennig: Nehmen Bedenken sehr ernst

"Die kritisierten Maßnahmen werden korrigiert", äußerte dagegen Bach. Niemand, der einen positiven Test abgegeben habe, aber asymptomatisch sei, müsse in ein Krankenhaus, sondern könne in einem angemessenen Hotel seine Quarantäne absolvieren, erklärte Bach.

Indessen hat Schimmelpfennig Verständnis für die Bedenken der Athleten und Trainer geäußert, die bei den Olympischen Winterspielen in Peking Manipulation durch gefälschte PCR-Tests befürchten.

"Wir nehmen die Bedenken natürlich sehr ernst und haben auch Verständnis für die Skepsis", sagte das Vorstandsmitglied im Deutschen Olympischen Sportbund. Schließlich seien es für die Wintersportler die ersten Spiele unter Corona-Bedingungen.

Er selbst sei sich nach den Erfahrungen in Tokio in seinen Erwartungen "etwas sicherer", entgegnete Schimmelpfennig, der in Peking wiederum als Chef de Mission des deutschen Teams fungieren wird.

Biathlon-Bundestrainer Mark Kirchner zeigt sich optimistisch

Optimistischer blickt Biathlon-Bundestrainer Mark Kirchner auf das Mega-Event in Peking. "Die Reise selbst, die Unterkunft, die Trainingsstätte und auch die Abwicklung der Tests, die sie gemacht haben, das hat alles super funktioniert", sagte er zu Erkenntnissen einer Delegationsreise.

Es sei wichtig, dies an Sportler weiterzutragen. Denn um Top-Leistungen abzurufen, bräuchten sie "freie Nischen" im Kopf, die nicht mit Dingen von außen gefüllt werden sollten.

Die Olympischen Winterspiele finden vom 4. bis 20. Februar 2022 unter strengen Corona-Regeln statt. So sind zum Beispiel tägliche Tests, Impfnachweise und Geldbußen bei Nichteinhaltung der Regeln vorgesehen. (dpa/ari)

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