Angelique Kerber zeigt sich bei den Olympischen Spielen weiter in Bestform und zieht gegen Leylah Fernandez ins Viertelfinale ein. Plötzlich kann die ehemalige Weltranglistenerste von einer Medaille träumen.
Angelique Kerber hatte es verflixt eilig. Nach der filmreifen Fortsetzung ihres olympischen Sommermärchens flüchtete sie aus dem Glutofen des Court Simonne Mathieu und hüpfte in die nächstbeste Eistonne. Im klackernd-kalten Erfrischungsbad bemühte sich die Grande Dame des deutschen Tennis zu begreifen, was sie da gerade im Achtelfinale von Paris erneut vollbracht hatte.
"Ich kann mir nicht erklären, was hier passiert", sagte die 36-Jährige über ihren abermals grandiosen 6:4, 6:3-Sieg über die frühere US-Open-Finalistin Leylah Fernandez aus Kanada, mit dem
"Vor einer Woche hätte ich nicht gedacht, dass das hier so laufen wird", sagte Kerber, die am Tag vor der Eröffnungsfeier ihr Karriereende mit Ablauf der Spiele angekündigt hatte: "Besser als jetzt gerade könnte ich es mir auch gar nicht vorstellen - egal was jetzt noch kommt."
"Nach der Entscheidung bin ich wirklich erleichterter geworden", sagte Kerber. "Und ich habe das Gefühl, dass ich tatsächlich ein bisschen entspannter bin", fügte sie an: "Ich weiß, es geht nicht nach Kanada, es geht nicht mehr in den Flieger nach Amerika. Und ich glaube, deshalb weiß ich auch, ich kann noch mal alles hier lassen, weil ich danach einen etwas längeren Urlaub habe und dann regenerieren kann."
Olympischer Rekord
Mit dem dritten Viertelfinaleinzug bei Olympischen Spielen nach 2012 und 2016 ist die dreimalige Grand-Slam-Turniersiegerin in dieser Statistik so erfolgreich wie kein anderer deutscher Tennisprofi - egal ob bei den Damen oder Herren - vor ihr. Auch international hat keine Spielerin öfter die Runde der besten Acht erreicht, seitdem Tennis seit 1988 wieder olympisch ist. Kerber zog mit der Spanierin Arantxa Sánchez Vicario gleich
Was kommt, ist zunächst das Viertelfinale gegen Emma Navarro (USA/Nr. 11) oder Zheng Qinwen (China/Nr. 6). Anspruchsvoll, aber nicht unlösbar. Und wenn Kerber im Halbfinale ist, hat sie die doppelte Chance: Zwei Spiele hätte sie dann noch, eines müsste sie gewinnen - und ginge dann mit der niemals für möglich gehaltenen Medaille in den Ruhestand.
Angelique Kerber wechselt in den Genuss-Modus
So weit will Kerber aber gar nicht denken. "Ich versuche einfach das Beste rauszuholen, aus jedem Match, jedem Satz, jedem Punkt. Um so etwas noch einmal zu genießen, bin ich zurückgekommen", sagte die frühere Weltranglistenerste, deren Comeback nach ihrer Babypause lange Zeit ernüchternd verlaufen war.
Dabei hatten es die Veranstalter nicht gut mit Kerber gemeint. Nur 24 Stunden nach ihrem kraftraubenden Dreisatzsieg gegen die Rumänin Jaqueline Cristian musste sie wieder ran, erneut in der Mittagssonne, die Temperaturen waren noch höher als am Vortag. Der "Peak" mit rund 35 Grad sollte erst am Nachmittag erreicht werden - und da war Kerbers Doppel mit Laura Siegemund gegen die Britinnen Boulter/Watson angesetzt.
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Duell der Generationen zwischen Kerber und Fernandez
Nach dem fulminanten Auftakt gegen Japans Starspielerin Naomi Osaka auf dem riesigen Court Philippe Chatrier (15.225 Plätze) und dem Krimi gegen Cristian auf dem kleinen Court (2.200) ging es gegen Fernandez in die goldene Mitte. Auf dem Court Simonne Mathieu, ein 5.300 Menschen fassendes Schmuckkästchen am Rande des Stade Roland Garros, begannen die beiden Linkshänderinnen ihr Generationenduell engagiert, aber nervös.
Kerber, die das bislang einzige Duell mit der Kanadierin im Achtelfinale der US Open 2021 knapp verloren hatte (Fernandez unterlag damals erst im Finale zweier Qualifikantinnen der Britin Emma Raducanu), nahm der 14 Jahre jüngeren Kanadierin zweimal den Aufschlag ab. Nach 38 Minuten hatte sie den ersten Satz in der Tasche. "Sie spielt großartig. Sie ist ein Champion", lobte Fernandez beeindruckt: "Ich hoffe, dass sie ihr letztes Turnier mit einem großen Hurra beendet." Kerber spielte zeitweise brillant, war auch in der größten Hitze äußerlich ganz cool - ehe sie dann nach 1:25 Stunden wirklich in die Eistonne durfte. (SID/dpa/lh/hau)
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