Ein 4:0-Sieg zum WM-Auftakt: Der vermeintlich stärkste Gruppengegner Portugal ist bezwungen, nun will Deutschland in den nächsten beiden Spielen den Einzug ins Achtelfinale klar machen. Doch manchmal erweisen sich gerade die unterschätzten Teams als Stolperfalle. Wie gefährlich sind Ghana und die USA?

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Es war eine Zitterpartie: Im letzten Gruppenspiel der WM 2010 musste das deutsche Nationalteam gegen Ghana unbedingt gewinnen, um noch ins Achtelfinale einzuziehen. Die junge DFB-Elf tat sich gegen die "Black Stars" lange schwer, bevor Mesut Özil die deutschen Fans mit einem wunderschönen Distanzschuss endlich erlöste. Auch Ghana kam weiter und verschaffte sich Respekt. Nur knapp verpassten sie als erste afrikanische Mannschaft den Einzug ins Halbfinale.

Das gute Abschneiden bei den letzten Weltmeisterschaften hat in der Heimat die Hoffnung auf einen noch größeren Erfolg in Brasilien genährt. Sie sollten dafür "ein bisschen sterben", forderte Ghanas Präsident John Dramani Mahama das Team auf. Nicht nur die hohen Erwartungen setzen die Afrikaner unter Druck: Nach der Niederlage im ersten Spiel gegen die USA muss Ghana gegen Deutschland unbedingt gewinnen, um die Chance auf ein Verbleiben im Turnier zu wahren.

Ghana ist offensiv stark, aber die Abwehr wackelt

Doch unterschätzen sollten die deutschen Nationalspieler den Gegner am Samstag nicht. Denn trotz der Pleite gegen die US-Boys waren die Ghanaer spielerisch die bessere Mannschaft, zudem sind sie laufstark. Gerade offensiv können sie anderen Teams Probleme bereiten, vor allem über die Flügel. In der WM-Qualifikation erzielten sie die meisten Tore aller afrikanischen Mannschaften.

Kapitän und Rekord-Torschütze Asamoah Gyan und der 22 Jahre alte Mittelstürmer Jordan Ayew, der angeblich von Schalke 04 umworben wird, bilden ein effektives Angriffsduo. Ayews Bruder André erzielte den zwischenzeitlichen Ausgleich gegen die Amerikaner. Doch durch den Schwerpunkt auf der Offensive entstehen hinten oft große Lücken. Die frühe US-Führung hat Ghana überrumpelt. Die deutsche Offensivabteilung, die gegen Portugal oft glänzte, dürfte die wackelige Abwehr der Afrikaner schwer beschäftigen.

Ghanas Nationaltrainer James Kwesi Appiah überraschte beim Auftaktmatch, weil er mit dem Schalker Kevin-Prince Boateng und Michael Essien vom AC Mailand ausgerechnet seine beiden erfahrensten Spieler zunächst auf der Bank sitzen ließ. Erst nach ihrer Einwechslung in der zweiten Halbzeit spielte die Elf strukturierter und dominierte den Gegner. Deswegen wird Appiah seine beiden Stars gegen Deutschland wahrscheinlich länger spielen lassen.

Ghana spielt seit einigen Jahren im 4-4-2-System, das die Taktikabteilung des DFB schon genauestens analysiert haben dürfte. Wenn die DFB-Elf es schafft, die Räume zwischen den ghanaischen Spielern zuzustellen, dürfte nur selten Torgefahr von ihnen ausgehen. Hohes Pressing soll außerdem Konter des Gegners unterbinden. Abschauen kann sich Bundestrainer Jogi Löw die Taktik von seinem früheren Chef Jürgen Klinsmann.

Am letzten Spieltag trifft das frühere "Sommermärchen"-Duo aufeinander. Durch den Sieg gegen Ghana konnte Jürgen Klinsmann seine zuletzt laut gewordenen Kritiker ruhig stellen. Der deutsche US-Coach hat nun gute Chancen auf den Einzug ins Achtelfinale.

Das letzte Spiel zwischen den beiden Nationen im Juni 2013 gewann die USA mit 4:3. Es war ein Zeichen, wie gut sich die US-Boys entwickelt haben. Aktuell liegen sie auf Platz 13 auf der Fifa-Weltrangliste. Die robusten Amerikaner spielen physisch stark, attackieren früh und scheuen keine Zweikämpfe. Die intensive Spielweise des Abräumers Jermaine Jones ist aus seinen Schalker Zeiten noch bekannt. Clint Dempsey spielte gegen Ghana sogar mit gebrochener Nase durch.

Den USA fehlen im Kader die Leistungsträger

Zudem haben sie einen gut besetzten und eingespielten Sturm: Gerade auf Dempsey, Michael Bradley und den Siegtorschützen des ersten WM-Spiels, John Brooks von Hertha BSC, müssen die Deutschen achtgeben. Viele aus dem US-Team verdienen ihr Geld in Deutschland oder sind sogar hier aufgewachsen. Sie kennen die DFB-Stars und die Bundesliga gut.

Doch insgesamt fehlt dem Kader einfach die Breite an Topspielern, gerade in der Abwehr. Die Viererkette dürfte den deutschen Angriffen auf Dauer kaum gewachsen sein. Bei Ballbesitz oder im Spiel nach vorne sind die USA wenig flexibel und einfallsreich. Da nützen auch alle Motivationsreden von Klinsmann nichts. Außerdem spielen die Deutschen ihr zweites Spiel einen Tag früher als die US-Amerikaner und haben deswegen mehr Zeit für die Regeneration. Ein Vorteil, der im brasilianischen Klima nicht zu unterschätzen ist.

Wenn die deutsche Nationalmannschaft nach der Euphorie um den souveränen Sieg gegen Portugal trotzdem konzentriert in die nächsten Spiele gegen Ghana und die USA gehen, müssen sie sich vor ihren Gegnern nicht fürchten.

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