Die DFB-Frauen scheiden erstmals nach einer WM-Vorrunde aus. Woran es liegt, weiß direkt im Anschluss naturgemäß keine Spielerin. Reporterin Claudia Neumann liefert eine deutlich bessere Leistung als die Kickerinnen.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Matthias Kohlmaier dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das Field-Interview ist und bleibt die Geißel der Sportberichterstattung. Die Fragen – "Woran hat es gelegen?" "Wie geht es jetzt weiter" – sind meist die gleichen. Die Antworten kommen immer aus demselben Satzbaukasten und haben den Gehalt einer leeren Keksdose.

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Und wenn bei so einem Gespräch nach Abpfiff doch einmal etwas Berichtenswertes herausspringt, dann liegt das selten an der sportlich wertvollen Analyse, sondern an der ungefilterten Wut, die Spielerinnen in dem Moment ins Mikrofon schleudern wollen.

Wütend aber war im DFB-Team nach dem 1:1 gegen Südkorea und damit dem Turnieraus nach der Vorrunde niemand. Verzweifelt, ja, traurig auch. Und so rangen Alexandra Popp und Jule Brand nach Abpfiff um Fassung. Und Lena Oberdorf sagte das, was in den Minuten den meisten DFB-Spielerinnen durch den Kopf gegangen sein dürfte: "Ich komm jetzt gerade vom Platz. Ich weiß noch nicht, woran es gelegen hat!"

Aber weil eben schon immer direkt nach Fußballspielen den Protagonistinnen Fragen gestellt worden sind, hat man im ZDF auch im dritten deutschen Gruppenspiel an dieser Praxis festgehalten. Und auch wenn das öde war, hat es der Sender insgesamt doch geschafft, seine mäßige Performance aus dem ersten Spiel der Deutschen gegen Marokko ein Stück weit vergessen zu machen.

Kromp statt Gwinn ist ein Gewinn im Studio

Im Studio nahm diesmal neben Moderator Sven Voss und Expertin Kathrin Lehmann die Trainerin der zweiten Mannschaft von Eintracht Frankfurt, Friederike Kromp, Platz. Die war mit ihren klugen Analysen eine deutliche Bereicherung für die Runde und die bessere Besetzung als Bayern-Spielerin Giulia Gwinn, die zuletzt kaum mehr als hohle Phrasen in die Sendung leierte.

Neben der wieder bestens aufgelegten Lehmann aber blieb Kromp trotzdem nur die zweite Expertinnengeige. Gegen eine disziplinierte Abwehr helfe eben manchmal nur Unlogik, erklärte Lehmann in der Halbzeitpause schon leicht angefressen. Beim frühen Gegentor hebe Kathrin Hendrich das Abseits auf: "Das ist natürlich auch der Umstellung in der Abwehr geschuldet."

Inbesondere bei Lehmann hätte man sich vom Sender noch etwas mehr Mut zur Taktikanalyse gewünscht: Die 43-jährige Deutsch-Schweizerin hätte die Schwächen des DFB im Umschaltspiel sicher an einer interaktiven Tafel anhand konkreter Spielszenen noch pointierter aufgezeigt.

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Reporterin Neumann mit angemessen scharfer Kritik

Apropos pointiert: Das war diesmal auch Reporterin Claudia Neumann. Nachdem sie beim DFB-Kick gegen Marokko noch vielfach dem Spielgeschehen kaum hinterherkam, Abseitsstellungen nicht erkannte und in der Analyse bestenfalls blass blieb, war sie beim deutschen Ausscheiden umso präsenter – und angemessen scharf in ihrer Kritik an der Leistung der deutschen Spielerinnen.

"Däbritz ist klar unter ihren Möglichkeiten geblieben", beurteilte Neumann die kaum vorhandene Performance der Sechserin bei deren Auswechslung. Und als sich die deutschen Damen gegen Ende nur noch mit Gewalt und ohne Finesse Richtung Südkoreas Tor bolzten, meinte Neumann: "Flanken auf Alexandra Popp, mehr ist spielerisch nicht drin. Hätte ich nie gedacht, dass ich das in einem dritten Gruppenspiel gegen Südkorea sagen muss."

"Wie kann das passieren, Josie?"

Und dann war da noch Josephine Henning. Die Ex-Nationalspielerin übernahm diesmal den Expertinnenpart neben Neumann. Nur hatte sie vorab offenbar vom Sender die Order bekommen: Bitte erst den Mund aufmachen, wen du gefragt wirst. Und so schallte es von Neumann regelmäßig ins Mikrofon: "Wie kann das passieren, Josie? Was müssen sie jetzt tun, Josie? Was fehlt diesen Spielerinnen, Josie?" Schade, dass Hennings definitiv vorhandene Kompetenz nicht von Beginn an intensiver in die Kommentierung eingebunden worden ist.

Nicht schade, aber seltsam auch der Sendeablauf nach Spielende. Da durfte Voss erstmal, logisch, die Bundestrainerin befragen. Der Moderator hakte klug nach, nötigte der sichtlich geknickten Martina Voss-Tecklenburg eine recht eindeutige Bewertung ab: "Wir haben Herz gezeigt, aber das hat so in dieser Gruppe einfach nicht gereicht."

Warum man nach dem Gespräch aber nicht der Analysekompetenz der drei im Studio vertraute, sondern noch einmal Claudia Neumann zuschaltete, bleibt ein Geheimnis des Senders. Das nachfolgende Gespräch zwischen Moderator und Reporterin lieferte jedenfalls nichts Neues.

Es hätte auch viel schlichter und schöner bei Neumanns letzten Worten der vorangegangenen Spielreportage bleiben dürfen: "Ein Sieg, ein Unentschieden, eine Niederlage, Heimflug!"

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