Uli Hoeneß, Bayern-Präsident und soziales Gewissen der Bundesliga, hat mutmaßlich Steuern hinterzogen. Das Denkmal wackelt gewaltig. Ist Hoeneß als Präsident des Rekordmeisters jetzt noch tragbar?

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Fans anderer Fußballvereine waren noch nie besonders gut auf Uli Hoeneß zu sprechen. Zu oft hat sich der Bayern-Präsident aus dem Fenster gelehnt und Funktionäre, Spieler und Fans vor den Kopf gestoßen. Anhänger des FC Bayern hatten bislang stets noch einen Trumpf im Ärmel, um ihren Verein und den Präsidenten zu verteidigen: Hoeneß galt als überaus sozial, hatte maroden Vereinen mit Finanzspritzen immer wieder unter die Arme gegriffen. Dieses Argument zählt nun nichts mehr. Hoeneß predigte zwar soziale Verantwortung, doch wurde er selbst seinen eigenen Ansprüchen möglicherweise nicht gerecht. Gegen Uli Hoeneß wird wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt. Es soll um Beträge in Millionenhöhe gehen.

Während die Politik derzeit darüber diskutiert, inwieweit die CSU geholfen hat, Steuersünder zu schützen, und die Causa Hoeneß die Nation spaltet, muss man sich in der Fußball-Bundesliga eine andere Frage stellen: Kann Uli Hoeneß Präsident des FC Bayern bleiben? Die Antwort lautet: Nein.

Der FC Bayern verliert an Glaubwürdigkeit

Uli Hoeneß ist seit Jahren der prägende Mann beim FC Bayern. Sein wirtschaftliches Know-how hat den Verein zu dem gemacht, was er heute ist. Diese Leistung kann und darf man Hoeneß nicht mehr nehmen. Dennoch kann man den Privatmann nicht ohne Weiteres vom Bayern-Präsidenten trennen. Hoeneß' Demontage fällt auch auf das Ansehen des Vereins zurück. Gerade weil er so hart für den FC Bayern gearbeitet hat, kann es nicht in Hoeneß' Interesse sein, dem Klub auf diese Weise Schaden zuzufügen.

Störfeuer im Hintergrund

Noch weiß man nicht, wie lange sich die Ermittlungen gegen den Bayern-Präsidenten hinziehen werden. Eine schnelle Aufklärung ist laut des ermittelnden Staatsanwalts nicht in Sicht. Die "Affäre Hoeneß" wird, sollte er im Amt bleiben, ein Störfeuer im Umfeld des Vereins bilden. Was so ein Unruheherd für einen Klub bedeutet, konnten die Bayern in den letzten Jahren aus nächster Nähe beobachten. Stadtrivale TSV 1860 München kämpft seit Jahren mit Querelen in der Führungsetage. Die Presse am Trainingsgelände interessiert sich in den seltensten Fällen für die Mannschaft. Das nervt das Team und sorgt in der Konsequenz dafür, dass 1860 seit dem Abstieg sportlich keinen Fuß auf den Boden bekommt. Es ist unwahrscheinlich, dass es beim FC Bayern so weit kommt. Dafür steht der Verein zu stabil da. Wenn der FC Bayern will, dass seine sportlichen Bemühungen im Vordergrund der Berichterstattung stehen, führt an Hoeneß' Rücktritt kein Weg vorbei. Die Drohung, Pressekonferenzen abzubrechen, sollten Fragen zu Uli Hoeneß gestellt werden - so geschehen bei der PK zum CL-Halbfinalspiel gegen den FC Barcelona - kann nicht auf ewig im Raum stehen.

Muss Hoeneß ins Gefängnis?

Bisher lautet Hoeneß' Marschroute "An Rücktritt denke ich nicht" - weil er davon ausgeht, dass mit der Selbstanzeige alles erledigt ist. Ist sie rechtzeitig und vollständig eingegangen, müsste Hoeneß zwar seine Steuerschulden nachzahlen, er bliebe jedoch straffrei. Sollte sich jedoch herausstellen, dass Hoeneß nicht alle Karten auf den Tisch gelegt hat, wird es schwierig für den 61-Jährigen einer Gefängnisstrafe noch zu entgehen. Ab einer Million Euro hinterzogene Steuern drohen bis zu zehn Jahre Haft. Es ist unwahrscheinlich, dass es tatsächlich soweit kommt. Hoeneß wird mit einer Armada von Anwälten dagegen vorgehen. Seine Reputation kann er sich jedoch nicht zurückerstreiten. Hoeneß hat jahrelang anderen den Spiegel der Moral vorgehalten. Nun muss er sich an seinen eigenen Maßstäben messen lassen und als Präsident des FC Bayern zurücktreten.

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