Sebastien Haller hat mal wieder Nehmerqualitäten bewiesen und sich mit seinem Heimatland einen Traum erfüllt. Nun hoffen der Angreifer und der BVB auf eine Fortsetzung der Geschichte auch im Verein.

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Das prominenteste Lob kam wohl von Englands Ikone Gary Lineker. „Allen Widrigkeiten zum Trotz, unglaublicher Teamgeist. Haller-lujah!“, schrieb Lineker auf „X“ nach dem Triumph der Elfenbeinküste im Finale des Afrika-Cups gegen Nigeria an seine rund neun Millionen Follower.

Der Titelgewinn der „Elephants“ war tatsächlich so etwas wie ein kleines Wunder. Zwar durfte die Elfenbeinküste das Turnier zu Hause austragen und nutzte letztlich auch den kleinen Heimvorteil. Nach einem indiskutablen 0:4 in der Gruppenphase gegen Äquatorialguinea brach bei den Ivorern aber das blanke Chaos aus, Cheftrainer Jean-Louis Gasset wurde auf der Stelle entlassen.

Die K.-o.-Runde erreichte die Elfenbeinküste nur dank des etwas kruden Modus, der auch den vier besten Drittplatzierten den Aufstieg ins Achtelfinale genehmigte. Den schaffte der Gastgeber trotz nur drei erzielten Punkten und einem Torverhältnis von 2:5.

Größter Triumph seiner Karriere

Sebastien Haller war bis dahin in der Rolle des Beobachters gefangen. Der Mittelstürmer war mit einer Sprunggelenkverletzung angereist, der ihn beim Turnier zunächst außer Gefecht gesetzt und zu Hause in Dortmund durchaus für ein paar Irritationen gesorgt hatte. Die Aussicht auf einen möglichen längeren Ausfall des Spielers bei zu früher Belastung sorgte nicht eben für große Begeisterung.

Man stehe im engen Austausch mit dem ivorischen Verband und den Ärzten, hieß es im Turnierverlauf immer wieder. Die gewohnte Sprachregelung in solchen Fällen. Was und wie hinter den Kulissen tatsächlich kommuniziert wurde, bleibt ein Geheimnis.

Mit dem Einzug in die K.-o.-Runde war Sebastien Haller aber wieder so weit fit, dass es zunächst einen Einsatz von der Bank reichte - und mit jeder noch so glücklich überstandenen weiteren Spielrunde auch zu drei Einsätzen in der Startelf: Mit einem verwandelten Elfmeter im Achtelfinale gegen Senegal. Mit dem entscheidenden Tor im Halbfinale gegen Kongo. Und am Ende mit dem Siegtreffer im Finale gegen Nigeria.

Was zu einem mittelschweren sportlichen und unter Umständen auch gesundheitlichen Fiasko hätte werden können, wurde für Sebastien Haller zu einer Sternstunde seiner bewegten Karriere.

Schon einmal ein fulminantes Comeback

„Wir haben so oft von diesem Moment geträumt. Ich habe Mühe, das alles zu begreifen“, sagte Haller unmittelbar nach dem gewonnenen Finale, es kullerten dabei auch ein paar Tränen. Mal wieder hat der 29-Jährige - dieses Mal im Zusammenspiel mit seiner Mannschaft - herausragende Nehmerqualitäten bewiesen. Sich aus einer beinahe aussichtslosen Situation manövriert und am Ende gesiegt. „Allen Widrigkeiten zum Trotz“ eben.

Das nächste fulminante Comeback seiner Laufbahn wurde in seiner sportlichen Heimat zwar nur am Rande begleitet, die mediale Aufmerksamkeit rund um den Afrika-Cup hielt sich in Deutschland aus unterschiedlichen Gründen eher in Grenzen. Aber Hallers Geschichte taugt erneut zu einem kleinen Märchen. Und sie liefert beim BVB einen Grund zu der Hoffnung, schon in wenigen Tagen einen gewissermaßen „neuen“ Spieler begrüßen zu dürfen.

Ein paar zarte Erinnerungen werden wach an die Ausgangslage vor rund einem Jahr. Da kam Haller nach dem wohl schlimmsten halben Jahr seines Lebens zurück auf die Fußballbühne. Nach seiner Krebsdiagnose, zwei Operationen und vier Chemotherapien kämpfte sich Haller erstaunlich schnell zurück und wurde bei Borussia Dortmunds famoser Aufholjagd in der Rückserie der letzten Saison zu einem wichtigen Faktor - bis ihn sein Fehlschuss vom Elfmeterpunkt beim dramatischen Saisonfinale gegen Mainz samt verlorener Meisterschaft erneut aus der Bahn warf.

Die Anstrengungen der damaligen Halbserie mit ihrem bitteren Ende ließen den Spieler im vergangenen Sommer in ein Loch fallen, aus dem Haller im Verlauf der ersten Halbserie sich kaum befreien konnte. Nur 14 Spiele - die meisten davon als Kurzzeitarbeiter - und 450 Spielminuten stehen in den Statistiken, dazu zwei Tore: im Pokal gegen den Viertligisten TSV Schott Mainz.

Beim BVB war Sebastien Haller im bisherigen Saisonverlauf kaum ein Faktor, den Platz im Angriffszentrum hatte er schnell an Niklas Füllkrug verloren - den der BVB wiederum auf den letzten Drücker erst aus Bremen verpflichtet hatte. Wohl auch in der Annahme, dass Haller eine schwierige Saison bevorstehen würde.

Haller schürt Konkurrenzkampf im Sturm

Nun könnte sich für den Spieler ein erneutes Comeback auch im Verein abzeichnen. Seine Teamkollegen haben damit in den ersten fünf Spielen des neuen Kalenderjahres schon begonnen, Haller wird gegen Ende der Woche wieder auf eine Mannschaft treffen, die sich in einen Lauf spielen könnte.

Und er selbst kann ab sofort - mit dem Rückenwind des ersten Titels überhaupt mit der Elfenbeinküste - dabei wieder eine wichtige Rolle einnehmen. Wohl kaum als Startspieler, dafür hat Konkurrent Füllkrug zuletzt zu beständig gespielt und mit Toren und Vorlagen einen erheblichen Anteil am zarten Aufschwung.

Aber als Ergänzungsspieler, der dem Arrivierten Druck macht und auch Youssoufa Moukoko. Der konnte Hallers Abwesenheit zuletzt kaum für sich nutzen, der Platz hinter Füllkrug dürfte in den nächsten Wochen wieder umkämpfter sein.

Die Dortmunder und auch Hallers Hoffnung hat der Spieler jedenfalls im Kleinen schon angedeutet: Auch beim Afrika-Cup war Haller in der ersten Turnierhälfte überhaupt kein Faktor für seine Mannschaft - um sich dann in der wichtigen Phase des Turniers zur entscheidenden Figur zu entwickeln. Eine Wiederholung in der Dortmunder Rückserie wäre wohl sehr erwünscht.


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