• Leydi Urbina hat eine hervorragende Saison hinter sich.
  • Die Fußballerin wurde Top-Torjägerin in der zweithöchsten venezolanischen Frauenliga, ins Allstar-Team berufen und von ausländischen Scouts beobachtet.
  • Nur ihre Gewichtszunahme irrtierte sie. Der für sie völlig überraschende Grund: Leydi Urbina ist im sechsten Monat schwanger.

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Lange Zeit war die schwangere Fußballerin ein Einhorn. Ein mythisches Wesen, das zumindest im Regelbetrieb, während laufender Karriere, undenkbar schien. Und wenn es doch passierte, dann war die Karriere eben vorbei.

Seitdem hat sich einiges getan. Die Fifa hat neue Regularien eingesetzt, die schwangere Spielerinnen schützen. Melanie Leupolz ist nach ihrer Schwangerschaft gerade wieder für den FC Chelsea auf den Platz zurückgekehrt. Torhüterin Almuth Schult verkündete vergangene Woche ihre zweite Schwangerschaft – und damit nicht auch gleich ihr Karriereende. Natürlich gibt es immer noch Geschichten, wie die von Sara Björn Gunnarsdottir, die während ihrer Schwangerschaft von Olympique Lyon fallengelassen wurde und sich ihr Recht nun hart erkämpft hat. Aber zumindest tut sich etwas. Und nicht jede Schwangerschaft einer Fußballerin zieht noch hochgezogene Augenbrauen nach sich.

Stürmerin merkt sechs Monate nicht, dass sie schwanger ist

Die Geschichte von Leydi Urbina ist trotzdem außergewöhnlich. Urbina ist 25 Jahre alt und spielt in der zweithöchsten venezolanischen Frauenliga Fußball für den Klub Deportivo La Guaira. Im Oktober 2022 holte sie als Top-Torjägerin den "Goldenen Schuh" ihrer Liga mit 14 Toren, wurde ins Allstar-Team aufgenommen. Sie verpasste lediglich ein Spiel, das Halbfinal-Rückspiel der Playoffs, weil ihr Verein sie dafür bestraft hatte, dass sie sich neben dem Fußball ein zweites Standbein als Volleyballspielerin aufgebaut hatte, wie "The Athletic" berichtet. Auch ausländische Scouts werden auf sie aufmerksam, doch aufgrund ihres Gewichts wird kein Wechsel angestrebt.

Es war vermutlich die beste Saison ihrer bisherigen Karriere, doch eine Sache war komisch: Urbina nahm beständig an Gewicht zu. Ansonsten gab es keine körperlichen Unregelmäßigkeiten, sie fühlte sich gut, hatte normal ihre Periode, erzählt sie "The Athletic". Doch die Sache mit dem Gewicht kam der Fußballerin komisch vor und so machte sie irgendwann doch einen Test. Die überraschende Nachricht: Urbina ist schwanger, im sechsten Monat.

Nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Mitspielerinnen fallen aus allen Wolken: "Sie sagen immer noch, dass sie es nicht glauben können, weil ich so hart gespielt habe", erzählt Urbina "The Athletic". Es sei jedoch alles perfekt, die Schwangerschaft, die Plazenta. "Es war ein Wunder, ein Segen."

Urbina will schnell wieder spielen – weil sie muss

Die Saison in Venezuela endete im Oktober, da war Urbina im sechsten Monat. Im März geht es weiter, da wird Urbinas Kind circa einen Monat alt sein und sie will wieder spielen. Deshalb will sie unbedingt eine natürliche Geburt. Die Heilung nach einem Kaiserschnitt wäre langwieriger. "Mit einem Kaiserschnitt kann ich nach einem Monat nicht schon wieder spielen. Das wäre gefährlich. Aber wenn ich eine natürliche Geburt habe, kann ich mich in eineinhalb Monaten erholen."

Jordan Florit, ein venezolanischer Fußballexperte, der Urbina im Interview begleitet, ist sich sicher: Ihr Wunsch schnell wieder in den Fußball zurückzukehren, hat vor allem finanzielle Gründe, "weil sie kein Mutterschaftsgeld oder eine Krankenversicherung hat".

Ein Vergleich mit Spielerinnen, die in Europa oder den USA spielen, kann damit kaum gezogen werden. Urbina verdient laut "The Athletic" weniger als 250 Dollar im Monat als Fußballerin; die Aufmerksamkeit, die Fußballerinnen inzwischen immer mehr erfahren, hat Venezuela noch nicht erreicht. Zum Vergleich: In den USA haben die Spielerinnen vor rund einem Jahr einen Tarifvertrag erstritten, der ihnen 450.000 Dollar Grundgehalt jährlich zusichert. Almuth Schult erzählte zudem in einem Interview mit der "Bild" von ihrer Zeit bei Angel City FC, dass die Kinder der Spielerinnen "ein Teil der Gruppe sind und sogar im Mannschaftsbus zum Stadion fahren." Die deutsche Torhüterin ist aktuell vereinslos, sie will ihre Schwangerschaft und die Zeit mit ihren dreijährigen Zwillingen genießen. Nach der Geburt will Schult dann gerne wieder auf den Rasen zurückkehren. "Aber natürlich müssen wir schauen, wie gut das mit den neuen Herausforderungen im Familienleben zusammenpasst." Diesen Luxus hat Leydi Urbina nicht.

Verwendete Quellen:

  • The Athletic: Leydi Urbina, the striker who played for six months while pregnant – without realising
  • stern.de: Almuth Schult spricht über ihre Zeit in der NWSL und die WM in Katar
  • Instagram-Profile von Leydi Urbina und Liga FUTVE Femenina
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