• Neun Frauen fordern die Reform des Deutschen Fußballs.
  • Sie haben einen Acht-Punkte-Plan für mehr Geschlechtergerechtigkeit erstellt.
  • Selten wurde das Konstrukt Fußball so pointiert kritisiert.
Tamara Keller
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht der Autorin dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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"Wer wird sein Nachfolger?", diese Frage stellten viele Medien und Expert*innen, als es im März um die Nachfolge von Jogi Löw als Bundestrainer ging. Was dabei nicht zur Sprache kam: Wer geeignet als Bundestrainerin wäre.

Frauen sind im deutschen Fußball der Gegenwart nach wie vor kaum sichtbar. Allein, dass nicht mal eine einzige Frau für dieses wichtige Amt in Betracht gezogen wird, ist im Jahr 2021 ein Armutszeugnis. Vor allem verstörend ist dieser Fakt, wenn man in den sportlichen Bereich der Frauen schaut: Dort haben überproportional viele Männer die Trainerstelle oder andere wichtige Ämter inne.

Wenn's nicht läuft sollen plötzlich Frauen her

Anders sieht es immer bei der Diskussion rund um das Amt des DFB-Präsidenten nach dem Rücktritt von Fritz Keller aus: Wenn es darum geht, die verrosteten Strukturen innerhalb des DFB aufzuräumen und mögliche Kandidat*innen genannt werden, fallen plötzlich auch die Namen von Frauen. Auf der einen Seite ist das gut: Wir brauchen mehr Frauen dort. Auf der anderen Seite, hat es einen bitteren Beigeschmack, wenn Frauen für solche Positionen nur infrage kommen, wenn es die Männer nicht hinkriegen.

Neun Frauen haben vom festgefahrenen Ist-Zustand jetzt genug: Almuth Schult, Bibiana Steinhaus, Claudia Neumann, Gaby Papenburg, Helen Breit, Jana Bernhard, Katja Kraus, Katharina Kiel und Sandra Schwedler sind Persönlichkeiten, die den Fußball im Jetzt prägen. Am vergangenen Mittwoch haben sie das Positionspapier "Fußball kann mehr" veröffentlicht, in dem sie acht Forderungen für mehr Frauen im Fußball stellen.

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Wie Geschlechtergerechtigkeit stattfinden kann

"Häufig wird die männliche Dominanz mit dem Fehlen geeigneter Kandidatinnen begründet oder werden einzelne Protagonistinnen als Argument genutzt, dass erfolgreiche Karrieren für Frauen durchaus möglich sind. (…) Es braucht eine konsequente Umsetzung von Maßnahmen zur Geschlechtergerechtigkeit auf allen Ebenen des organisierten Fußballs", heißt es dort.

Zack, Boom: Selten wurde mit so viel Sachverstand und Expertise auf den Punkt gebracht, was sich am Konstrukt Fußball noch ändern muss. Innerhalb der acht Forderungen wird genau erläutert, wie eine Geschlechtergerechtigkeit im Deutschen Fußball stattfinden kann. Dabei folgen die neun Frauen dem "Bildet-Banden"-Prinzip: Sie haben sich zusammengetan und sind in ihrer Masse viel sichtbarer als es eine einzelne Person jemals sein könnte. So erheben sie ihre Stimmen für all diejenigen, die sich aufgrund der vorhandenen Machtstrukturen nicht äußern können.

Lösungen werden mitgeliefert

Das Beste an dem Papier: Sie prangern nicht nur an, sondern servieren die Lösung auf dem Silbertablett. Ignorieren und leugnen lassen sich die mangelhaften Chancen für Frauen in diesem Business nun nicht mehr. Unterstützt werden sie zudem auf den Social-Media-Kanälen von bekannten Persönlichkeiten wie dem eben zurückgetretenen DFB-Präsidenten Fritz Keller oder den Nationalspielerinnen Alexandra Popp, Laura Benkarth und Lina Magull.

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Beispiel: Tabea Kemme will es wissen

Und wer jetzt noch immer meint, "so etwas braucht es doch gar nicht", der kann die strukturelle Benachteiligung von Frauen im Fußball und die Hürden, die die Akteurinnen überwinden müssen, direkt live mitverfolgen: Ex-Nationalspielerin Tabea Kemme hatte sich im März für das Präsidentinnenamt bei ihrem ehemaligen Verein Turbine Potsdam beworben. Und seither laut eigener Aussage auch mit Gegenwind zu kämpfen - was genau sie damit meint, sagt sie nicht. Es ist aber anzunehmen, dass die aktuelle Führung des Vereins ihre pointierte Kritik und Vorstellung von Profifußball nicht so gut verdaut.

Im Rahmen ihrer Bewerbung hatte sie bereits einen Fünf-Punkte-Plan erstellt, mit einer klaren Vision, wie es mit dem Club weitergehen soll. Ihr Ziel: Turbine zu alter Stärke zurückführen und auch die Bedingungen im Verein zu professionalisieren und weiter voranzubringen. Denn mit der Entwicklung des Frauenfußballs mitzugehen, habe man die letzten Jahre versäumt.

Wenn die, die profitieren, nicht wählen können

Am vergangenen Dienstag folgte ein ernüchternder Instagram-Post der Olympiasiegerin: Sie äußerte Erstaunen über die Terminierung der Mitgliederversammlung nach der Sommerpause am 18. Juni. Die Bitte der ersten Mannschaft, den Termin so zu legen, dass sie auch daran teilnehmen könne, sei vom Vorstand "vom Tisch gewischt" worden.

Strukturell gesehen ist das übel: Die Wünsche derjenigen die von Kemmes Visionen profitieren könnten und die ihr wahrscheinlich auch ihre Stimme geben würden, auf die soll nun keine Rücksicht genommen werden? Es scheint, als hätte da jemand Angst vor zu kompetenter Konkurrenz.

"Sein Aushängeschild Profimannschaft so ins Abseits zu stellen zeigt, wie wenig Bereitschaft zu Kommunikation und Kooperation auf Seiten der Verantwortlichen besteht.", schreibt Kemme weiter. Auch Kemme wirbt mit ihrem Gesicht für das Positionspapier. Fußball kann eben mehr.

Verwendete Quellen:

  • Positionspapier "Fußball kann mehr"
  • "Mittags bei Henning", Podcastfolge 24 mit Tabea Kemme als Dauergast
  • Instagrampost Tabea Kemme
  • Sportbuzzer über Kemmes Bewerbung als Präsidentin
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