Was Borussia Dortmund in dieser Saison noch fehlt, hat das Heimspiel in der Champions League gegen Milan noch einmal mit Nachdruck aufgezeigt. Die Ausgangslage in der Gruppe F hat sich für den BVB kaum verbessert, aussichtslos ist sie aber auch nicht.

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Das Ambiente war wie in besten Zeiten: ein brodelndes Westfalenstadion, ein Gegner mit einem klangvollen Namen und eine Ausgangslage, die zumindest ein kleines bisschen K.o.-Charakter versprach.

Der Rahmen bei Borussia Dortmunds erstem Heimspiel gegen den AC Milan war spektakulär genug, die Stimmung ebenso aufgeladen wie die Erwartungshaltung hoch war. Und tatsächlich legte der BVB die wohl beste Leistung der noch jungen Saison hin, rehabilitierte sich in weiten Teilen für die enttäuschende Vorstellung vor zwei Wochen in Paris.

Nur: Das 0:0 war für den großen Aufwand, den die Mannschaft betrieb zu wenig. Weil wie schon in den Partien zuvor die Offensivleistung nicht den Anforderungen der Borussia genügte.

Gefälle zwischen Defensive und Offensive

In der Defensive steht das Bollwerk mit Nico Schlotterbeck und dem immer noch überaus zuverlässigen Mats Hummels plus Gregor Kobel als letzter Instanz. Die zentralen Defensiven sind in Form, auf den Außenbahnen lassen Ramy Bensebaini und Julian Ryerson gegen den Ball wenig zu. Und auch eine Linie davor war das mit der zugegeben eher defensiv orientierten Doppel-Sechs aus Emre Can und Salih Özcan im Zentrum ziemlich stabil.

In den offensiveren Zonen des Spiels aber fehlt es immer noch an automatisierten Abläufen, an Kreativität oder zur Not auch mal einer wirklich gelungenen Einzelaktion. Hier bleibt die Mannschaft immer noch ein gutes Stück hinter ihren Möglichkeiten. In der Bundesliga, gegen Kontrahenten mit weniger individueller Klasse, wog das in den letzten Spielen nicht so sehr, holte der BVB trotzdem wichtige Siege.

Terzic: "Viele falsche Entscheidungen"

In der Königsklasse aber machen sich diese Defizite immer noch deutlich bemerkbar. "Es war ein ordentliches Spiel von uns. In Sachen Einsatz, Laufbereitschaft und Aktivität kann man uns keinen Vorwurf machen. Was uns fehlte: Aus den vielen Balleroberungen die Durchschlagskraft im letzten Drittel zu entwickeln. Da haben wir viele falsche Entscheidungen getroffen", sagte Trainer Edin Terzic auf der Pressekonferenz nach dem Spiel.

"Es gab Tormöglichkeiten, aber keine Torchancen. Was heute gefehlt hat, war die Durchschlagskraft im letzten Drittel. Wir sind zwar sehr gut ins letzte Drittel gekommen und haben die Räume gefunden, die wir uns vorgenommen hatten." Dann aber versandeten die meisten Dortmunder Attacken ohne nennenswerte Torgefahr. Nur drei der 18 Torschüsse fanden überhaupt den Weg auf das Mailänder Tor.

Füllkrug bemängelt fehlende Cleverness

Terzic bemängelte unter anderem die Entscheidungsfindung seiner Spieler. "Wenn der Strafraum nicht besetzt war, haben wir reingeflankt. Wenn er besetzt war, haben wir den Ball nicht vors Tor gespielt. In zwei, drei Szenen haben wir den besser postierten Mitspieler nicht gefunden." Dortmunds Trainer nannte keine Namen, angesprochen dürften sich aber Jamie Bynoe-Gittens, Felix Nmecha und Karim Adeyemi fühlen.

Das Trio teilte sich diese kleinen, aber entscheidenden Dortmunder Fehler vor dem gegnerischen Tor quasi auf. Der eine oder andere stieß dabei gegen die resoluten Gäste auch das eine oder andere Mal an seine Grenzen. "Wir haben es nicht geschafft, im frontalen Eins-gegen-eins im letzten Drittel alles dafür zu tun, vorbeizukommen und gefährlich vor das Tor zu kommen", so Terzic. "Wenn wir in diesen Situationen waren, haben wir auch ein bisschen die Ruhe vermissen lassen."

Das galt sowohl für die Dortmunder Angriffe im geordneten Aufbau als auch für die durchaus vorhandenen Gelegenheiten im Umschaltspiel. "Wir hatten zwar noch eine gute Phase mit vielen hohen Balleroberungen, aber da haben wir dann zu wenig daraus gemacht", ärgerte sich Terzic über die kleinen Schlampereien nach eigenen Ballgewinnen. Oder, wie es Niclas Füllkrug bei "DAZN" ausdrückte: "Wir haben eine gute Leistung gezeigt, waren sehr überlegen. Ich fand uns aber nicht clever..."

Brandt: "Geht noch einiges..."

Weshalb der BVB nach zwei Spielen mit nur einem Punkt und null erzielten Toren Letzter in der Gruppe F bleibt. Vor der Partie hatte Terzic von nötigen zehn Punkten zum Erreichen der K.o.-Runde gesprochen und dabei besonders die Heimspiele in den Fokus gerückt. Gegen ein ebenfalls ordentliches, aber keinesfalls überzeugendes Milan wäre ein Sieg deshalb umso wichtiger gewesen.

Die Borussia benötigt in Terzic‘ Rechnung neun der noch zu vergebenen zwölf Punkte in dieser wohl stärksten aller Gruppen. Die nächste Aufgabe führt den BVB in drei Wochen nach Newcastle, das gegen PSG am Mittwochabend beim 4:1-Erfolg ein starkes Signal an die Konkurrenz gesendet hat.

"Heute sind es eher zwei verlorene Punkte. Aber man kann noch lange keinen abschreiben in der Gruppe", sagte Niclas Füllkrug und bekam Unterstützung von seinem Teamkollegen Julian Brandt. "Was der Punkt am Ende wert ist, wird sich zeigen. Vieles ist noch möglich und hängt von der Tagesform ab. In den nächsten Champions-League-Spielen geht noch einiges..."

Verwendete Quellen:

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