Am letzten Hinrundenspieltag wird der oft kritisierte Videobeweis in Stuttgart und Augsburg geradezu lehrbuchmäßig eingesetzt. Dennoch ist der Augsburger Trainer unzufrieden damit. Er äußert eine grundlegende Kritik.
Niklas Süle suchte gar nicht erst nach Ausreden. "Ich habe mir gedacht, wenn er es anschaut, dann wird es ein Elfmeter sein, weil ich Ascacibar ja getroffen habe", sagte der Innenverteidiger des FC Bayern München nach dem Schlusspfiff des Spiels beim VfB Stuttgart. "Ich habe ihn nicht kommen sehen, aber dass da eine Berührung war, das dürfte jeder mitbekommen haben."
Die Szene, über die der 22-Jährige sprach, hatte sich in der zweiten Minute der Nachspielzeit zugetragen. Da hatte der Rekordmeister große Mühe, seinen 1:0-Vorsprung beim gastgebenden VfB ins Ziel zu retten.
Ohne den Videobeweis wäre der Erfolg aber wohl nicht mehr in Gefahr geraten.
Denn als
Er war zwar in der Nähe dieses Zweikampfs postiert, hatte aber eine ungünstige Perspektive, weil er von hinten auf Ascacibar schaute und deshalb höchstens erahnen konnte, wie und wo die frontale Schussbewegung von Süle endete.
Ohne die Möglichkeit des Videobeweises wäre hier also ein klarer Strafstoß nicht gegeben worden.
Schiedsrichter beugt Protesten vor
So aber kam es in der nächsten Spielunterbrechung wenige Sekunden später zum Gespräch zwischen dem Unparteiischen und seinem Video-Assistenten. Anschließend lief Ittrich an den Spielfeldrand, um sich die Szene selbst noch einmal anzusehen.
Das dürfte jedoch nicht daran gelegen haben, dass der Helfer im Kölner Studio sie als grenzwertig einstufte oder der Referee ihm misstraute.
Vielmehr sehen die Regularien für den Videobeweis auch die Möglichkeit vor, die sogenannte Review Area zu nutzen, "um eine Entscheidung zu bekräftigen".
Das ist bei einer Elfmeterentscheidung in der Nachspielzeit einer engen Partie nicht die schlechteste Idee, um die zu erwartenden Proteste etwas einzudämmen.
Der Schiedsrichter nutzte diese Möglichkeit deshalb und signalisierte so, dass er sich von Süles Rettungsaktion gegen Ascacibar ein eigenes Bild machen will. Dass er dafür nicht lange benötigte, unterstrich die Eindeutigkeit des Vergehens.
Chadroc Akolo konnte die beste Stuttgarter Torchance des Spiels jedoch nicht nutzen: Bayerns Torhüter Sven Ulreich hielt den Elfmeter.
Handspiel von fast niemandem bemerkt
Auch im Spiel des FC Augsburg gegen den SC Freiburg (3:3) kam der Videobeweis zur Anwendung. Anders als in Stuttgart wurde mit seiner Hilfe jedoch eine Strafstoßentscheidung für die Gastgeber zurückgenommen.
Nicht, weil es falsch von Schiedsrichter Christian Dingert war, in der 59. Minuten auf den Elfmeterpunkt zu zeigen, nachdem Caglar Söyüncü im eigenen Strafraum den Augsburger Marcel Heller zu Fall gebracht hatte.
Sondern vielmehr, weil sich während des Angriffs, der dem Foulspiel vorausging, ein Vergehen der Augsburger ereignet hatte, das nicht nur ungeahndet, sondern auch von fast allen unbemerkt geblieben war.
Alfred Finnbogason hatte im Spielaufbau einen hohen Ball bei der Annahme mit dem Arm berührt, und zwar so, dass das regeltechnische Kriterium der (strafbaren) Absicht erfüllt war.
Das war allerdings nicht nur dem Schiedsrichterteam auf dem Platz entgangen. Selbst bei den Freiburgern regte sich nicht der leiseste Protest, als Dingert weiterspielen ließ.
Der Video-Assistent dagegen hatte das Handspiel bemerkt, als er nach dem Elfmeterpfiff den gesamten vorherigen Angriffszug noch einmal überprüfte, wie es die Regularien vorsehen.
Baum mosert über richtige Entscheidung
Er informierte deshalb den Referee, der sich in der Review Area selbst überzeugte, seine Elfmeterentscheidung anschließend revidierte und stattdessen einen direkten Freistoß für die Freiburger gab.
Eigentlich war das ein Paradebeispiel für ein optimales Zusammenwirken von Schiedsrichter und Video-Assistent. Doch der Augsburger Trainer Manuel Baum hatte Einwände grundlegender Art.
Er räumte zwar ein: "Klar ist es ein Handspiel." Doch die Umsetzung des Videobeweises missfiel ihm.
"Die Frage ist, ob das im Sinne des Erfinders ist", sagte der Coach. "Wenn er die Vermutung hat, soll er gleich pfeifen. Man könnte jede Situation zurückdrehen." Wenn aber nicht gepfiffen werde "und es gibt einen Elfmeter, muss ich sagen: Pech".
Ein Plädoyer also, eine klare Fehlentscheidung nicht zu korrigieren und ein übersehenes Vergehen nicht zu ahnden, obwohl es sonst gar nicht zum Strafstoß gekommen wäre?
Man darf zumindest bezweifeln, dass Baum sich ähnlich geäußert hätte, wenn ein Elfmeter für die Gäste zurückgenommen worden wäre.
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