Er findet einfach nicht aus seiner Formkrise. Thomas Müller erlebte auch gegen Werder Bremen einen rabenschwarzen Tag. Kommenden Samstag droht ihm ein Platz auf der Bank.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Oliver Jensen sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Wortlos schlich Thomas Müller an den Journalisten vorbei. Kein Interview, kein lockerer Spruch – der 27-Jährige wollte einfach nur in die Kabine. Der FC Bayern München hatte zwar 2:1 gegen den SV Werder Bremen gewonnen. Doch Müller zählte zu den großen Verlierern des Spieltags.

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Bereits nach einer Stunde nahm ihn Trainer Carlo Ancelotti vom Feld. Die Einwechslung des defensiven Mittelfeldspielers Renato Sanchez mag taktische Gründe gehabt haben. Gleichwohl aber war Müller bis dahin der schwächste Bayern-Spieler. 62 Minuten lief das Spiel komplett an ihm vorbei – und passte somit zur gesamten Saison des Nationalspielers.

Laufstark, aber ohne Leistung

Nach 18 Spieltagen hat der Offensivmann nur ein einziges Bundesligator auf dem Konto. Vergangene Saison waren es zum selben Zeitpunkt bereits 14 Treffer. Damals zappelte jeder fünfte Schuss von ihm im Tor.

Diese Saison brauchte er 31 Schüsse, um auf einen Treffer zu kommen. Zwischen den beiden Spielzeiten lag die für Müller erfolglose Europameisterschaft – möglicherweise entstand dort der Karriereknick.

Spieler und Trainer des FC Bayern München tun alles, um die Formkrise des Offensivspielers kleinzureden. "Ich sehe überhaupt keine Schwierigkeit", sagte Kapitän Philipp Lahm gestern nach dem Spiel in der Mixed Zone. "Thomas Müller ist eine Sensation. Er ist ein absoluter Leistungsträger. Das weiß er, und das weiß jeder beim FC Bayern."

David Alaba ergänzte: "Er war fleißig und hat viel für die Mannschaft gearbeitet." Fleißig war er tatsächlich: Bis zu seiner Auswechslung war er der laufstärkste Spieler auf dem Feld. Doch was nützen die vielen Kilometer, wenn man nur nebenher läuft?

Keine Position passt für Müller

Trainer Carlo Ancelotti hat viel mit Müller ausprobiert. Er brachte ihn als Rechtsaußen, als Mittelstürmer und als hängende Spitze. So richtig funktioniert hat das alles nicht. Dies allerdings würde der Trainer, der ein enges Verhältnis zu seinen Spielern pflegt, niemals öffentlich so sagen.

Er fand auf einer Pressekonferenz kürzlich sogar lobende Worte für Müller: "Ich habe nie einen Stürmer gesehen, der taktisch eine bessere Qualität hat."

Diese Aussage löst etwas Verwunderung aus. Müller war nie der Mann, der ein Spiel lenkt. Vielmehr waren es sein Torriecher, seine ungewöhnlichen Laufwege und vor allem seine Effizienz, die ihn auszeichnete.

Möglicherweise hätte Müller in Bremen und Freiburg überhaupt nicht auf dem Feld gestanden, wäre Thiago nicht verletzungsbedingt ausgefallen. "Sport Bild"-Kolumnist Lothar Matthäus behauptet: "In Carlo Ancelottis System gibt es keine richtige Position für ihn. Auf dem rechten Flügel spielt mit Arjen Robben ein stärkerer Spieler."

Somit bliebe für Müller nur die Position im offensiven Mittelfeld. "Auf dieser Position sehe ich aber Thiago, der eine starke Hinrunde spielte. Er ist zudem flexibler als Müller", schreibt Matthäus. ´

Weniger Auftritte, weniger Leichtigkeit

Tatsächlich scheint der von Ex-Trainer Louis van Gaal geprägte Satz "Müller spielt immer" nicht mehr zu gelten. In nur sieben der 18 Ligaspiele stand Müller die kompletten 90 Minuten auf dem Platz. In sechs Partien saß er zunächst auf der Bank. Möglicherweise kommen noch einige hinzu, wenn Thiago im kommenden Spiel gegen Schalke 04 zurückkehrt.

Für Müller ist es schwer zu verdauen, wenn er nicht in der Startelf steht. "Natürlich sitze ich nicht mit einem Grinsen auf der Bank", gab er im Interview mit der "Sport Bild" zu. Er sagt allerdings auch: "Der Teamgeist ist elementar, da muss jeder das eigene Ego hintanstellen. Das gilt für mich genauso wie für jeden anderen."

Doch genauso wie jeden anderen Fußballer quält es auch ihn, wenn er nicht aus seiner Formkrise findet. Negative Gedanken sind für einen Instinkt-Fußballer wie Thomas Müller pures Gift.

Das merkt man ihm auf dem Feld an. Er wirkt nicht mehr so frei, hadert mehr mit vergebenen Möglichkeiten, scherzt auch nicht mehr so viel mit den Beteiligten auf dem Rasen. Zumindest vorerst hat Thomas Müller sein Lachen verloren.

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